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Artikel Wohnprojekte Hamburg

Neues Leben ins alte Bethanien

Im alten Krankenhaus entsteht der neue Stadtteilmittelpunkt

*** von Britta Becher ***

Ende letzten Jahres war es dann amtlich: Die Stadt Hamburg hat sich entschieden, das leerstehende Krankenhaus Bethanien an die Wohnungsbaugenossenschaft Bauverein der Elbgemeinden (BVE) zu verkaufen. Das Grundstück und der Altbau können nun weiter- bzw. neu genutzt werden.

Der BVE hat damit die Ausschreibung mit einem inhaltlich überzeugenden Konzept gewonnen: In den nächsten Jahren werden hier in Hamburg-Eppendorf ca. 80 genossenschaftliche Mietwohnungen für junge Familien und für die Martinis – eine Baugemeinschaft aus überwiegend Älteren – entstehen.

Die Wohnungen werden als öffentlich geförderter Wohnungsbau errichtet und damit werden die Mieten zwischen ca. 6,00 € und 8,50 € pro qm netto kalt liegen. Zusätzlich wird eine Wohn-Pflege- Gemeinschaft gegründet, und ein neues Zentrum für Soziales und Kultur entstehen. Hier werden das seit langem vor Ort aktive Kulturhaus Eppendorf und das Stadtteilarchiv Eppendorf einziehen sowie die Sozialstation der Hamburgischen Brücke und ein neues Angebot der Tagespflege. Der Verein crazyartists e. V. und das Quartiersbüro von MARTINIerLEBEN werden hier ebenfalls ihren Platz finden. Bereits jetzt ist zu erkennen, dass sich die Arbeit der zukünftigen Nutzer durch die gemeinsamen Räume und sich entwikkelnde Kooperationen verbessert.

Einen Vorgeschmack auf das zukünftige Leben in den alten Krankenhaus-Räumen hat das im Juni 2013 stattgefundene Spektakel „Kunstklinik Bethanien“ gezeigt. Die zukünftigen Nutzer und zahlreiche Gäste sorgten im leerstehenden Altbau für Kunstgenuss der besonderen Art.

Konzeptausschreibung statt Höchstgebot

Mit dieser Entwicklung ist etwas sehr besonderes gelungen: Dank Unterstützung der Lokalpolitik und der Bezirksverwaltung und der jahrelangen Aktivitäten von MARTINIerLEBEN, hat sich bei der Grundstücksvergabe ein Konzept durchgesetzt, das sich ausdrücklich auf die soziale und kulturelle Tradition des Viertels bezieht und auf den Bau von teuren Eigentumswohnungen verzichtet. Die Aktiven von MARTINIerLEBEN haben früh erkannt, dass in der zukünftigen Nutzung des Krankenhauses Bethanien der Schlüssel für die weitere Entwicklung des Quartiers liegen würde.

Seit 2008 hat STATTBAU Hamburg im Auftrag des Bezirksamts die Entwicklung vor Ort beraten und begleitet. Mit der Teilnahme am EU-Projekt DC Noise – Demografischer Wandel – Neue Chancen im schrumpfenden Europa – konnten die Aktivitäten vor Ort unterstützt und das Thema des Generationen gerechten Quartiers herausgearbeitet werden. Hieraus gingen weitere Arbeitsfelder und -strukturen hervor: ein Quartiersbüro konnte mit Mitteln von an MARTINIerLEBEN Beteiligten und zusätzlicher Unterstützung betrieben werden, große Stadtteilveranstaltungen wurden durchgeführt, um jeweils Informationen weiter zu geben und Wünsche und Anforderungen an die Weiterentwicklung zu erheben (u. a. bezahlbarer Wohnraum, Begegnungen zwischen den Generationen ermöglichen, alters- bzw. rollstuhlgerechte Wohnungen). Und nicht zuletzt die Arbeitsgruppe AG Barrierefrei hat sich mit bereits sichtbaren Folgen für die Aufenthaltsqualität in die Gestaltung der Straßenräume eingemischt (Platzgestaltung mit Sitzbank, für Begegnungen genügend breite Gehwege, Grundstückszufahrten mit Betonsteinen anstatt mit rutschgefährlichen Pflastersteinen, Fahrradroute durch die Frickestraße). Einen weiteren wichtigen Punkt wird das Bauvorhaben des BVE ebenfalls aufnehmen: die fußläufige Durchwegung des breiten Grundstücks soll möglich werden.

STATTBAU wird von nun an bei der Entwicklung der Planung die sozialen und kulturellen Nutzer, wie das Kulturhaus, Stadtteilarchiv und crazyartists, die Hamburgische Brücke und die Wohn- Pflege-Gemeinschaft sowie die Baugemeinschaft Martinis unterstützen.

Im Frühsommer hat ein Architekturwettbewerb stattgefunden und städtebaulich und für die neue Nutzung beste Lösungen sind damit gefunden worden. Danach können die Bauplanung und das Baugenehmigungsverfahren beginnen. Bauarbeiten werden voraussichtlich im Sommer 2014 starten, Fertigstellung kann dann die erste Jahreshälfte 2016 sein.

Britta Becher ist Mitarbeiterin von STATTBAU Hamburg und begleitet das Neue Bethanien-Projekt.

Zuerst veröffentlicht: Freihaus 19(2013), Hamburg