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Artikel Rechtsform/Genossenschaft

Genossenschaft Wohnreform eG

*** von Christian Diesener ***

Die Gründung der Wohnreform eG in Hamburg ist eine Antwort auf die ungebremste Nachfrage nach selbstbestimmten Nachbarschaften, wie sie sich u.a. alljährlich auf den Hamburger Wohnprojekte-Tagen der STATTBAU zeigt. In der Wohnreform-Genossenschaft finden sich Menschen zusammen, die in Hausgemeinschaften leben wollen und für die das Eigenheim am Stadtrand nicht nur aus finanziellen Gründen keine Alternative ist. Untersuchungen der TUHH, empirica und jüngst des STERN in Zusammenarbeit mit Wüstenrot belegen, dass die Wünsche nach lebendigen Nachbarschaften und Selbstverwaltung weit über die Alternativ- und Ökoszene hinausgehen.

Die Wohnreform eG sieht sich in der Tradition der Wohnreformbewegung des ersten Drittels des 20. Jahrhunderts und der Häuserselbsthilfebewegung des letzten Drittels des 20. Jahrhunderts. Sie versteht sich auch als Gegenpol zur Auflösung traditioneller Strukturen, Entsolidarisierung und Anonymität in der Großstadt.

Warum neue Genossenschaft?

Die Rechtsform der Genossenschaft verbindet demokratisch verfasstes Gemeinschaftseigentum und Schutz des Wohnraums vor Spekulation mit wirtschaftlicher Sicherheit für das einzelne Mitglied und für die Genossenschaft als Unternehmen. Die Wohnreform eG ist eine Selbsthilfeorganisation, in der die Mitglieder selbst aktiv sind. Die Einzelmitglieder bilden Hausgemeinschaften. Die Hausgemeinschaften entscheiden über die Belegung frei werdender Wohnungen und bewirtschaften ihre Gebäude zu einem festzulegenden Teil in eigener Regie. Ein Bewirtschaftungsvertrag zwischen Hausgemeinschaft und Genossenschaft regelt die jeweiligen Rechte und Pflichten.

In der Wohnreform eG gibt es auch Mitglieder, die noch keiner Hausgemeinschaft angehören. Sie haben die Gelegenheit, unter dem Dach der Wohnreform ihre Projekte zu entwickeln und haben satzungsgemäß als Gemeinschaft unversorgter Mitglieder Einfluss in der Genossenschaft, ebenso wie die Hausgemeinschaften.

Gründung im Februar 2002

Der Wohnreform sind bei ihrer Gründung am 28.02.2002 in Hamburg 51 Mitglieder beigetreten, darunter die bereits bestehenden Genossenschaften Mietergenossenschaft Falkenried-Terrassen eG, Ottensener Dreieck eG und Wohngenossenschaft Drachenbau St.Georg eG sowie einige Einzelmitglieder, die den Aufbau der Wohnreform unterstützen und durch die Zeichnung von Genossenschaftsanteilen die finanziellen Hürden senken helfen.

Bei der Gründung von genossenschaftlichen Wohnprojekten sind in den letzten 20 Jahren wertvolle aber auch mühselige Erfahrungen gemacht worden. Denn neue Projekte haben es schwer. Es dauert oft fünf und mehr Jahre, bis ein geeignetes Gebäude oder ein Bauplatz gefunden ist und alle Genehmigungen erteilt sind. Viele Interessierte warten vergebens auf ein Grundstück, scheitern am hohen Eigenkapitalanteil oder an komplizierten langwierigen Verfahren. Die Wohnreform will den Weg zum Grundstück und zur Rechtsform ebnen.

Start mit StattSchloss

Das Startprojekt der Wohnreform heißt StattSchloss in der Unzerstraße 18 (Altona-Altstadt). Hier entsteht in 20 Wohnungen eine selbstorganisierte, aktive Nachbarschaft von Menschen verschiedener Generationen und Lebensformen. Im selben Gebäude erstellt die Evangelische Stiftung Alsterdorf Wohnungen für Behinderte. Das Architekturbüro Plan-R- von Joachim Reinig hat den Um- und Anbau geplant und wird die Bauleitung haben, die Lawaetz-Stiftung hat die Projektentwicklung, wirtschaftliche Baubetreuung und die Geschäftsführung bei der Gründung der Genossenschaft übernommen.

Die Wohnreform eG freut sich über weitere Gruppen und Einzelmitglieder, die ihre Träume vom selbstbestimmten Wohnen zusammen mit anderen Hausgemeinschaften unter dem genossenschaftlichen Dach von Wohnreform verwirklichen wollen. Weitere Informationen gibt es bei: Christian Diesener, Lawaetz-Stiftung, Amandastr. 60, 20357 Hamburg

Christian Diesener ist Mitarbeiter der Lawaetz-Stiftung in Hamburg

Zuerst veröffentlicht: Freihaus 9(2002), Hamburg