Tagung
*** Rückblick von Ulrike Petersen ***
Von Beziehungsohren, Apfelsinenschalen und Ich-Botschaften …. oder was Sie schon immer über Konflikte in Wohnprojekten wissen wollten.
Am 31. Mai 2002 fand im Pantherhaus ein Fachtag der besonderen Art statt. Unter der Überschrift „Wenn die Wände wackeln“ wurde über die Ursachen und Lösungsstrategien für Konflikte in gemeinschaftlichen Wohnformen gesprochen.
Konflikte in Wohnprojekten
Alle, die sich mit der Planung und Praxis von Wohnprojekten auseinandersetzen, wissen, wie mühsam es ist, aus den unterschiedlichen Vorstellungen und Wünschen einer Gruppe ein gemeinsames Wohnkonzept zu entwickeln und dieses dann umzusetzen. Es gehört einiges dazu, den Weg von der Idee bis zum Einzug durchzuhalten. Und endlich ist alles unter Dach und Fach! Der Einzug ist überstanden und das lang ersehnte Zusammenleben kann beginnen. Aber was tun, wenn nach der ersten Euphorie der Alltag mit seinen mehr oder weniger banalen Stolpersteinen einsetzt, wenn es zu Missverständnissen, gar Auseinandersetzungen kommt. Was tun, wenn Erwartungen nicht erfüllt werden, wenn die Kommunikation nicht klappt, wenn’s mal so richtig kracht, wenn sich Fraktionen bilden, wenn Einzelne sich aus dem Zusammenleben ausklinken, wenn Gerüchte die Luft verpesten, wenn, wenn, wenn….
Fachleute und ihre Tipps
Theoretische Antworten auf diese Fragen lieferten zwei Fachleute aus der Konfliktforschung und Wohnprojektberatung: Annette Brümmer, Sozialwissenschaftlerin und Mediatorin aus Bremen und Frank Schultz, Diplom-Psychologe aus Hamburg, vermittelten dem Plenum das kleine Einmaleins einer Konfliktstunde:
- Störungen anmelden,
- Meinungen summieren,
- Hintergrundbedürfnisse heraus arbeiten,
- Wünsche formulieren,
- Brainstroming über mögliche Lösungen,
- sich bemühen, eine Lösung zu finden, die alle zufrieden stellt.
Szenische Darbietungen und die Präsentation verschiedenster Kommunikations- und Interventionsmethoden, wie Themenzentrierte Interaktion (TZI), Supervision und Mediation rundeten den Grundlagenvortrag ab.
Betroffene und ihre Erfahrungen
Dass Theorie das eine und Praxis das andere ist, machten die Erfahrungsberichte von Ute Feddersen aus dem Wohnprojekt 13, Sabine Eckhoff, Rita Kreis und Christian Diesener von Drachenbau eG und Gerlinde Kinstle aus dem Frauenwohnprojekt Zeisewiese e.V. deutlich. Sie gaben am Beispiel konkreter kollektiver Konflikterfahrungen Antworten auf die Fragen, wie Wohnprojekte auch in schwierigen Zeiten zu einem konstruktiven Miteinander finden und welche Methoden und Rituale hilfreich sein können, um bereits in der Vorplanung Konflikten vorzubeugen.
Fazit der Tagung: Keine Konflikte vermeiden, sondern in einer offenen Atmosphäre eine Streitkultur im positiven Sinne des Wortes entwickeln und sich bei Bedarf nicht scheuen, das Know How von Fachleuten einzubeziehen!
Der reichhaltige Wissens- und Erfahrungsschatz, den dieser Tag hervorbrachte, wird im Herbst 2002 von den Grauen Panthern Hamburg e.V. als Reader veröffentlicht. Wer also die Wahrheit über Beziehungsohren, Apfelsinenschalen und Ich-Botschaften in Wohnprojekten erfahren möchte, sollte die Dokumentation der Tagung bei den Grauen Panthern Hamburg e.V. […] oder auf ihrem Stand bei den 5. Hamburger Wohnprojekte-Tagen erwerben.
Ulrike Petersen war Organisatorin der Tagung und ist Beiratsmitglied von FREIHAUS und Projektentwicklerin bei den Grauen Panthern Hamburg e.V.
Zuerst veröffentlicht: Freihaus 9(2002), Hamburg