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Beitrag der Redaktion Finanzierung/Förderung

Architektur

Die Novellierung der Förderlandschaft und des Gebäudeenergiegesetzes: Chancen und Herausforderungen

*** von Isabelle Kulakow ***

Der Bausektor ist ein entscheidender Faktor in der Klima- und Ressourcenproblematik. Er ist nicht nur einer der größten Verursacher von CO2-Emis­sionen, sondern auch maßgeblich für den Energie­verbrauch, den Ressourcenverbrauch, das Ab­fallaufkommen und die Flächenversiegelung in Deutschland verantwortlich. Wir können nicht län­ger untätig zusehen. Doch wie können wir den Wan­del herbeiführen, ohne auf das Bauen zu verzichten, das für unsere wachsende Bevölkerung und die Er­haltung bestehender Gebäude unerlässlich ist? In der Architekturabteilung bei STATTBAU setzen wir uns intensiv mit diesen Themen auseinander. Im Folgenden werfen wir einen Blick auf die aktuellen Entwicklungen und Maßnahmen, die den Bausektor auf einen nachhaltigeren Kurs bringen sollen. Wir beleuchten die Neuerungen in der Förderung für Neubau und Sanierung, die Anpassungen im Ge­bäudeenergiegesetz sowie die vielfältigen Möglich­keiten zur Reduzierung der Umweltauswirkungen von Bauprojekten.

Es gibt zahlreiche Wege, den Bausektor nach­haltiger zu gestalten. Eine Möglichkeit besteht darin, vermehrt auf Umbau statt auf Neubau zu set­zen. Umbauarbeiten verursachen nur etwa ein Drit­tel der CO2-Emissionen im Vergleich zu Neubauten. Bestehende Gebäude können somit effizienter ge­nutzt und deren Lebensdauer verlängert werden. Die Auswahl von CO2-reduzierten Baumaterialien und die Wiederverwendung bestehender Bau­teile sind weitere Optionen, um die Umweltaus­wirkungen von Bauprojekten zu minimieren. Dies umfasst den Einsatz von recycelten Materialien, nachhaltig bewirtschaftetem Holz und anderen umweltfreundlichen Ressourcen. Die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien und die energeti­sche Modernisierung des Gebäudebestands sind ebenfalls entscheidende Schritte. Die Politik hat deshalb entschlossen, das Gebäudeenergiegesetz (GEG) und die Bundesförderung für effiziente Ge­bäude (BEG) anzupassen. Diese Maßnahmen sind wichtig, um den Wandel hin zu nachhaltigen Bau­projekten zu unterstützen und zu beschleunigen.

Förderung im Neubau

Ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist das kürzlich eingeführte Teilprogramm der BEG Klimafreundlicher Neubau (KFN), das strenge An­forderungen an nachhaltige Bauprojekte stellt. Ge­bäude, die nach dem Effizienzhaus 40 Standard des KFN gebaut werden, dürfen keine Wärme­erzeuger auf Basis fossiler Energie oder Biomasse aufweisen. Zudem ist die Durchführung einer Öko­bilanzierung (Lebenszyklusanalyse) erforderlich, um sicherzustellen, dass die Umweltauswirkungen über den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes minimiert werden. Zusätzlich kann eine Nachhaltig­keitszertifizierung nach dem Qualitätssiegel Nach­haltiges Gebäude – kurz QNG – erlangt werden, die von unabhängigen Auditoren überwacht wird. Die Förderung erfolgt nicht mehr in Form von Tilgungs­zuschüssen, sondern über zinsgünstige Kredite. Beim Effizienzhaus 40 mit Lebenszyklusanalyse be­trägt die maximale Kreditsumme 100 000 Euro pro Wohneinheit, mit QNG-Zertifizierung bis zu 150 000 Euro je Wohneinheit.

Unsere Abteilung hat sich im Bereich Lebens­zyklusanalyse (LCA) weitergebildet und kann jetzt Ökobilanzierungen für Neubauten erstellen. Die Ökobilanzierung für Gebäude befasst sich damit, die Umweltauswirkungen eines Gebäudes über seinen gesamten Lebenszyklus zu bewerten. Dies beinhaltet die Ressourcennutzung und Umwelt­belastung in den Phasen der Herstellung, des Be­triebs, der Instandhaltung und des Abbruchs. Dabei werden verschiedene Aspekte berücksichtigt, dar­unter die Auswahl der Baumaterialien, die Energie­effizienz der Gebäudetechnik, die Nutzung er­neuerbarer Energien, die Gebäudewartung und die Entsorgung am Ende der Nutzungsdauer. Die Öko­bilanzierung bietet somit eine ganzheitliche Sicht auf die Umweltauswirkungen eines Gebäudes und ermöglicht es, die Nachhaltigkeit zu bewerten und mögliche Verbesserungen zu identifizieren. Ziel ist es, Ressourcen zu schonen, den Energieverbrauch zu minimieren und die Umweltbelastung zu redu­zieren.

Förderung in der Sanierung

Um Anreize für Sanierungsmaßnahmen zu schaf­fen, soll die BEG-Förderung zum 1.1.2024 über­arbeitet werden. Effizienzmaßnahmen wie Ge­bäudedämmung, Anlagentechnik außer Heizung und Heizungsoptimierung sollen für die Jahre 2024 und 2025 vorübergehend von 15 % auf 30 % ver­doppelt werden. Die Fördersätze von erneuerbaren Heizungsanlagen sollen auf bis zu 70 % angehoben werden, allerdings bei einer Begrenzung der förder­fähigen Kosten pro Wohneinheit. Auch hier soll die Förderung ab 2016 wieder herabgesetzt werden. Zudem wird die KfW ab 2024 zinsverbilligte Er­gänzungskredite für Einzelmaßnahmen anbieten.

Anpassungen im Gebäudeenergiegesetz (GEG)

Um die Abhängigkeit von fossilen Energien im Ge­bäudesektor zu reduzieren, wurde beschlossen, dass ab 2024 möglichst jede neu eingebaute Hei­zung zu 65 % mit erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Diese Anforderung wird im GEG um­gesetzt. Die Umsetzung erfolgt zunächst für Neu­bauten in Neubaugebieten und wird dann auf an­dere Gebäude ausgedehnt, sobald die Fristen für die Erstellung kommunaler Wärmepläne abgelaufen sind. Diese Maßnahme soll dazu beitragen, den Ein­satz erneuerbarer Energien in der Heizungsbranche zu fördern und den Ausstieg aus fossilen Brenn­stoffen zu beschleunigen. Es stehen verschiedene technologieneutrale Optionen zur Verfügung, um die 65 % EE-Pflicht zu erfüllen, darunter der An­schluss an ein Wärmenetz, elektrisch angetriebene Wärmepumpen, Stromdirektheizungen, Heizungs­anlagen auf Basis von Biomasse oder Wasserstoff sowie Wärmepumpen- und Solarthermie-Hybrid­heizungen. Wird ab dem 1.1.2024 und vor dem In­krafttreten der 65%-EE-Pflicht in der jeweiligen Kommune eine Heizung ausgetauscht, dürfen weiterhin Gas- und Ölheizungen eingebaut wer­den. Allerdings muss der Betreiber in diesen Fällen sicherstellen, dass ab 1.1.2029 mindestens 15 %, ab 2035 mindestens 30 % und ab 2040 mindestens 60 % der mit der Anlage bereitgestellten Wärme aus Biomasse oder grünem oder blauem Wasser­stoff erzeugt wird.

Die Novellierung der Bundesförderung und des Gebäudeenergiegesetzes bietet Gelegenheit, den Bausektor nachhaltiger zu gestalten und gleich­zeitig finanzielle Einsparungen zu erzielen. In­vestitionen in Energieeffizienz und Nachhaltigkeit können langfristig dazu beitragen, die Betriebs­kosten zu senken und den Wert von Immobilien zu steigern. Es ist an der Zeit, diese Chancen zu nut­zen und gemeinsam an einer nachhaltigeren Zu­kunft zu arbeiten.

Isabelle Kulakow ist Architektin und in der Architekturabtei­lung von STATTBAU HAMBURG tätig.

zuerst veröffentlicht: FREIHAUS 27(2023), Hamburg