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Architektur/Planungskultur Artikel

Autofreies Wohnen in der „Saarlandstraße“

Nach fast fünf Jahren harter Arbeit endlich der Baubeginn

*** von Karsten Wagner ***

Der Verein „Autofreies Wohnen e.V.“ ist als gemeinnütziger Umweltschutzverein der Dachverband von interessierten Haushalten und verschiedenen Initiativen, die sich für diese Thematik einsetzen. Seit mehr als vier Jahren arbeiten Interessierte und Umweltschutzvereine an der Umsetzung einer autofreien Siedlung in Hamburg. Die inzwischen rund 1.500 Anfragen von Haushalten belegen das große Interesse an einem solchem Projekt. Wir bauen für die 39 % Hamburger Haushalte, die ohnehin kein eigenes Kfz besitzen. Innerstädtisch, wie in Barmbek, sind dies sogar häufig weit über 50%, daher werden sich für solche Projekte sicherlich stets genug Interessierte finden.

Das erste Wohnprojekt wird Realität

In zwei Jahren wird in Barmbek-West eine autofreie Siedlung auf der Fläche „Saarlandstraße“, südlich der gleichnamigen U-Bahnstation, bezogen. Hier entstehen in zwei Bauabschnitten rund 220 Wohneinheiten: das erste Wohnprojekt des Vereins „Autofreies Wohnen“

Hamburg ließ sich vor allem deswegen nicht durch den Dschungel aus Bürokratie und rechtlichen Hindernissen bremsen, weil die zukünftigen Bewohner/innen sich inzwischen bei Behörde und Politik einen festen Stand erstritten hatten und das Konzept Saarlandstraße überzeugt.

Die Fläche Saarlandstraße ist sehr zentral gelegen. Die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr ist ideal: U-Bahn Saarlandstraße direkt vor der Tür, U/S-Bahn Barmbek in 600 m Entfernung mit 2 U-Bahnen, 1 S-Bahn und 17 Bus- Linien, davon 2 Nachtbusse.

Die Fläche umfaßt ca. 3,5 Hektar, ist östlich und südlich durch einen Kanal, nördlich und westlich durch eine Straße begrenzt.

Ein Gewerbeanteil zur Straße hin kommt uns entgegen, weil dieser Gewerberiegel den Lärm der Saarlandstraße abblocken und eine ruhige Blockinnenhofsituation zum Wohnen schaffen soll. Das Gewerbe wird von der Saarlandstraße erschlossen werden, während die Wohnbebauung vor allem zum Wiesendamm hin angebunden wird.

Der zeitliche Ablauf ist wie folgt geplant:

  • Mitte 1999 werden die ersten 120 Wohnungen sowie der Gewerberiegel des ersten Bauabschnitts fertiggestellt sein
  • ab 2004 wird der zweite Bauabschnitt mit rund 100 Wohnungen sowie einem Gewerbeteil beginnen

Die Beteiligten

In Verhandlungen mit den Behörden haben wir erreicht, daß zwei aus unserer Arbeit hervorgegangene Wohngruppen etwa die Hälfte der im ersten Bauabschnitt realisierbaren 120 Wohnungen werden erwerben können:

  1. Die autofreie Wohnungsgenossenschaft Wohnwarft wird 32 Wohnungen bauen. Dabei ist ein Mischfinanzierungs-Modell im geförderten Wohnungsbau angestrebt, das eine Wohnungsbelegung aller Einkommensgruppen zuläßt. Alle Bewohner/innen bringen 15% Eigenkapital auf.
  2. Eine Eigentumsgemeinschaft Barmbeker Stich will 19 Wohnungen errichten, davon etwa die Hälfte als gefördertes Eigentum. Die Bewohner/innen bringen mindestens 20% Eigenkapital auf.
  3. Die „Leben mit Behinderung Hamburg GmbH“ wird ca. 15 Wohnungen für betreutes Wohnen behinderter Menschen erstellen. Damit entfällt die Wohnungsamtbindung für das Projekt.
  4. Die städtische Wohnungsbaugesellschaft GWG wird ca. 50 Mietwohnungen im 1. und 3. Förderweg erstellen. Dies gibt uns die Möglichkeit, auch Interessierte aufzunehmen, die kein Eigenkapital haben.

Die STATTBAU Hamburg GmbH, seit mehr als 12 Jahren alternativer Sanierungsträger und im Neubau sehr erfahren, wickelt die finanzielle Baubetreuung für die Genossenschaft und Eigentumsgruppe ab. Die Architekten/innen für die Gruppen sind Christine Reumschüssel und Joachim Reinig.

Anhandgabe erfolgt – Planung weit fortgeschritten

Die Bürgerschaft der Stadt hat inzwischen die Anhandgabe des Grundstückes an uns und unsere Partner/innen zugesagt, nachdem wir nach langer mühevoller Suche eine Reihe potentieller Investor/innen auch für den Gewerbeteil gefunden hatten. Die „Dr. Helmut Greve AG“ will und soll diesen jetzt umzusetzen.

Ende August reichen die Wohnwarft Genossenschaft, die Eigentumsgemeinschaft Barmbeker Stich sowie Leben mit Behinderung ihre Bauanträge ein. Baubeginn wird Mai 1998 sein.

Karsten Wagner ist Vorstandsmitglied des Vereins „Autofreies Wohnen e.V.“ und will im Wohnprojekt Wohnwarft leben.  

Zuerst veröffentlicht: FREIHAUS 1(1997), Hamburg