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Artikel Wohnprojekte Hamburg

Der lange Weg ins Paradies …

„Gemein­sam planen, bauen, wohnen!“

*** von Arno Siebert ***

Dieses Motto auf dem Bauschild zur gemeinschaftlichen Errichtung von 15 KfW-40- Eigentumswohnungen (Niedrigenergiestandard) hört sich ziemlich simpel an, hat es aber gehörig in sich! Seit 2003 werden im Parkquartier Friedrichsberg verschiedene Baugemein­schaftsprojekte realisiert. Die BG Friedrichsberg nun eingezogen. Hier eine Rückschau eines der Initiatoren des Projekts.

Die Initialzündung zu unserem Wohnprojekt im Parkquartier Friedrichsberg, Erika-Mann-Bogen 11 und 13, erfolgte im Jahr 2004. Damals wurde bekannt, dass ein Teil des Krankenhausgeländes des AK Eilbek verkauft wird, um darauf u.a. Wohnungen im Rahmen von Baugemeinschaften zu errichten. Ein Kurzkonzept war schnell entworfen und unsere dahinter stehende Kerngruppe machte sich auf den Weg. Diese Kerngruppe ist dann in mehreren „Jahresringen“ gewachsen, vor allem nach der offiziellen Gründung unserer „Baugemeinschaft Friedrichsberg“ im Jahr 2006. Wir machten viel Werbung, hatten viele Interessenten und auch wieder Absprünge. Die letzten Mitglieder wurden erst zum Abschluss der Planungsphase gewonnen.

Die Vielfalt macht’s

Unsere Baugemeinschaft ist vergleichsweise bunt gemischt (Familien mit großen und kleinen Kindern, Singles und Paare ohne Kinder). So bunt wie die Lebensmodelle sind die beruflichen Professionen in der Gruppe vertreten. Diese breit gefächerten Erfahrungshintergründe waren sehr hilfreich bei der detaillierten Konzeptentwicklung und der späteren planerischen und baulichen Umsetzung unseres Wohnprojektes.

Verwirklichung von Ansprüchen

Bereits vor der Anhandgabe des Grundstücks haben wir uns für Stattbau Hamburg als wirtschaftlichen Baubetreuer entschieden. Die Entscheidung für das Lübecker Architektur-Büro Meyer Steffens fiel im Rahmen eines kleinen aber feinen Auswahlverfahrens. Sowohl die Teamerfahrungen mit Baugemeinschaftsprojekten als auch die engagierte Vorstellung des Büros und persönliche Sympathien waren dafür ausschlaggebend.

Der weitestgehend im Konsens verlaufene Planungsprozess führte zur einer anspruchsvollen Gebäudearchitektur bei hochwertigen und stark individuell geprägten Wohnungsgrundrissen. Im Rahmen mehrerer Planungsworkshops wurden zusammen mit den Architekten die Eckpunkte des Projektes, wie z.B. das Grundrisskonzept, die Gebäudestruktur inkl. der Erschließung sowie die baulichen Standards diskutiert und festgelegt. Ziel dabei war es, durch einheitliche Ausstattungen der Wohnungen Preissynergien zu erzeugen und Baumaterialien auszuwählen, die geringe Instandhaltungsbedarfe nach sich ziehen. Immer wieder haben wir dann im weiteren Planungsverlauf von den Architekten gesagt bekommen: wir planen und bauen nur ein Gebäude und nicht 15 Eigenheime, um anschließend dann doch die Wünsche der einzelnen Baufrauen und Bauherrn soweit wie möglich zu berücksichtigen, natürlich unter Berücksichtigung eines festgelegten statischen Rasters und der Lage der Ver- und Entsorgungsschächte.

Keine Warmduscher, sondern Kalt- und Warmschläfer

Ein Beispiel unserer Konsensfindung ist die Auswahl der Lüftungstechnik. Viele von unserer Gruppe haben sich im Planungsprozess intensiv und teilweise erstmalig mit dem Thema „kontrollierte Lüftung“ auseinander gesetzt. Quer durch die Gruppe und die einzelnen Parteien saßen plötzlich sogenannte „Kaltschläfer“ den „Wärmschläfern“ scheinbar unversöhnlich gegenüber. Nach der Besichtigung mehrerer Passivhaus- und KfW-40-Projekte mit einer entsprechenden zentralen Lüftungstechnik (Allmende Wulfsdorf, Parkhaus am Pinnasberg, Eidelstedter Feldmark) und der Befragung der NutzerInnen war die Akzeptanz für den Einbau einer Lüftungsanlage in der Gruppe Konsens. Wir haben uns allerdings vor dem Hintergrund der höheren Bau- und Zertifizierungskosten, die nur zu einem geringen Teil durch eine Zusatzförderung aufgefangen werden, und aus gestalterischen Gründen gegen den Passivhausstandard entschieden.

Auch Rückschläge gehören dazu

Bereits bei unserer Passivhaus-Besichtigungstour wurde klar, dass nicht die winterliche Kälte sondern die Überhitzung der Gebäude in den Übergangsmonaten ein großes Problem darstellt, wenn, wie bei unserem Projekt, große, südorientierte Fensterfronten vorgesehen sind. Ein durchgehendes Balkonband im Bereich der Südfassade schien die Lösung. Leider machte uns die Baugenehmigungsbehörde des Bezirksamtes Hamburg-Nord mit Hinweis auf baurechtliche Restriktionen einen Strich durch die Rechnung. Trotz einer positiven Stellungnahme der übergeordneten Fachbehörde zu unserem Vorhaben blieb das Bezirksamt hart und das Balkonband musste nach 3-monatigen Hin- und Her in Abschnitte unterteilt werden. Im Nachhinein finden übrigens einige Parteien die gefundene Lösung wegen der räumlichen Distanz zum Nachbarbalkon gar nicht so schlecht.

Wir sind gekommen um zu bleiben

Seit Ende 2008 haben wir unserem Haus „in Besitz“ genommen und fühlen uns in dem durch Baugemeinschaften geprägtem Neubaugebiet im Parkquartier Friedrichberg gut aufgehoben. Insgesamt sind wir mit dem Ergebnis unserer jahrelangen gemeinsamen Arbeit sehr zufrieden, unser Projekt kann sich sehen lassen, der Kostenrahmen wurde fast punktgenau eingehalten und wir sind uns durch das Wohnprojekt im wörtlichen Sinne näher gekommen. Mehr geht nicht!

Was können wir nun zukünftigen Baugruppen mit auf den Weg geben?

  • Wie heißt es doch so schön: „drum prüfe, wer sich ewig bindet“. Diese Lebensweisheit gilt natürlich im besonderen Maße für ein gemeinschaftliches Wohneigentumsprojekt, insbesondere bei der Gesellschaftsform der GbR, die von den meisten Gruppen für die Bauherreneigenschaft wegen der unkomplizierten Gründungsmodalitäten gewählt wird. Aber Vorsicht, jeder haftet für jeden, notfalls mit seinem gesamten verwertbaren Vermögen! Das Wohneigentumsrecht ist ein Individualrecht und widerspricht damit den Prinzipien eines gemeinschaftlich organisierten Wohnprojektes. Wer diesen Widerspruch nicht aushalten kann, sollte das Genossenschaftsmodell als Organisationsform wählen. Der Gründungs- und Verwaltungsaufwand ist jedoch nicht unerheblich. Diese notwendigen Leistungen kämen dann noch auf den ohnehin hohen Arbeitsaufwand zur Entwicklung und Umsetzung eines Wohnprojektes dazu.
  • Eine frühzeitige Festlegung der „Spielregeln“ für die Gruppenorganisation und den Bauprozess schafft klare Strukturen und Vorgaben für die Baugemeinschaft und die Werbung neuer Gruppenmitglieder. Auch Transparenz in den Entscheidungen, Dokumentation und Zugang zu allen wichtigen Unterlagen für die Mitglieder ist unerlässlich. Die Vernetzung über das Internet macht es leicht möglich.
  • Der Gruppenfindungsprozess ist wichtig. Ein gemeinsamer Startschuss und Workshops sind dafür empfehlenswert. So erinnern wir uns alle gerne an die Entstehung unseres Bewerbungsfotos für die Anhandgabe zurück. Dazu sind wir mit Leitern und allerhand Bauarbeiterutensilien bestückt, zu unserem gewünschten Grundstück anmarschiert, hatten viel Spaß und dabei sind tolle Fotos entstanden.
  • Bei der Auswahl der externen Dienstleister (Architekt, Haustechniker, Baubetreuer) sollte auf Eigenschaften geachtet werden, wie Erfahrungen im Umgang mit Baugruppen, Kommunikationsstärke, Kompromiss- und Durchsetzungsfähigkeit und natürlich die „good vibrations“.
  • Bei energetisch optimierten Wohngebäuden spielt die Haustechnik eine herausragende Rolle. Entscheidungen in diesem Bereich sollten sorgsam abgewogen werden, denn hier können durch erhöhten Wartungsaufwand und frühzeitigen Verschleiß leicht erhebliche Folgekosten entstehen.
  • Ein besonderes Augenmerk sollte auf die Ausschreibung und Vergabe der Bauleistungen gelegt werden. Alle möglichen Bauleistungen, die ausschreibungstechnisch nicht erfasst sind, müssen im Falle einer späteren Beauftragung teuer erkauft werden. Auch die zur Auswahl stehenden Handwerksfirmen sollten in Hinblick auf die Qualität der Handwerksleistungen und der wirtschaftlichen Basis auf Herz und Nieren geprüft werden. Des Weiteren führt eine Vereinheitlichung von Ausstattungsstandards zu erheblichen Preisnachlässen.
  • Bereits vor der förmlichen Abnahme der Bauleistungen sollte in Kooperation mit den verantwortlichen Planern in Hinblick auf die Feststellung und Beseitigung von Mängeln Kontakt mit den ausführenden Firmen aufgenommen werden. Mängelbeseitigungen nach der Baufertigstellung entwickeln sich vielfach zu unendlichen Geschichten.
  • Die Sicherung der Projektfinanzierung entwickelt sich dann zu einem schier unlösbaren Problem, wenn Parteien kurz vor der Bauphase die Baugemeinschaft verlassen oder noch nicht alle Wohnungen vergeben sind. Hier sollte mit den beteiligten Kreditinstituten Vorfinanzierungsmodelle ausgehandelt werden.

Arno Siebert ist Mitbegründer der BG Friedrichsberg und war von Anfang an dabei.

Informationen

Baugemeinschaft Friedrichsberg Arno Siebert und Uschi Obermaier Erika-Mann-Bogen 11+13 22081 Hamburg

Architekten: Meyer Steffens Architekten und Stadtplaner, www.meyersteffens.de

zuerst veröffentlicht: FreiHaus 16(2009), Hamburg