Tipps Nr. 5
*** von Josef Bura ***
In Hamburg gibt es über 100 Wohnprojekte. Über die Hälfte davon im Altbau. Seit 1990 wächst die Zahl der Neubauprojekte beständig. Das größte Problem dabei: Wie kommen Interessierte zu bezahlbaren Grundstücken?
Grund und Boden ist in Großstädten teuer – vor allem solcher aus privater Hand. Kaum ein privater Grundstückseigentümer wird sich auf Laien als Investoren einlassen, wenn er auf einen gewerblichen Interessenten zurückgreifen kann. Denn Laien können kaum spekulativ bewertete Grundstücke erwerben. Bleibt im Prinzip also nur die Stadt Hamburg als Grundeigentümerin für Wohnprojekte.
Die Kommune ist gefordert
Wer sich konkret um ein Grundstück bemüht, sollte schon auf eine Kerngruppe mit gemeinsamen Zielen und ernsthaftem Interesse zurückgreifen können. Dann heißt es: Ran an die Liegenschaftsverwaltung und Interesse an einem Grundstück anmelden. Ganz praktisch: Ideale und tatsächliche Gruppengröße angeben, Zielvorstellungen formulieren, gewünschte Stadtteile und Standortqualitäten benennen, z.B. „innerstädtisch“, „Stadtrandlagen“ oder „egal wo, Hauptsache S-Bahn, Einkaufsmöglichkeiten und Schulen in der Nähe“. Achtung: Wer meint, als Standort für Wohnprojekte könne nur Ottensen in Frage kommen, engt seine Chancen erheblich ein.
Auf Antwort warten, reicht nach den Erfahrungen der letzten Jahre nicht aus. Nötig ist es, nachzuhaken und unnachgiebig auf Politik und Verwaltung einzuwirken.
Liegenschaft, Bezirke und Genossenschaften
Auch der Suchweg über die Bezirke war in den letzten Jahren erfolgreich. Tipp: Am besten selber suchen und nachfragen. Niemand kennt die örtlichen Verhältnisse so gut, wie langgediente Bezirksabgeordnete und Ortsamtsleiter. Sie sollten als lokale Experten für in Frage kommende kommunale Grundstücke und als Unterstützer für die Belange von Wohnprojekten gewonnen werden. Tipp: Wenden Sie sich an Vertreter der regierenden Fraktionen, denn aus der politischen Opposition heraus hat man wenig Gestaltungschancen. Ein anderer Weg könnte der über Wohnungsbaugenossenschaften sein. Einige davon waren in der Vergangenheit bereit, neue Modelle in der Planung und Wohnungsbelegung einzugehen, z.B. die Baugenossenschaft freier Gewerkschafter sowie der Altonaer Spar- und Bauverein. Nachfragen ist immer sinnvoll, führt aber vielleicht nicht direkt zum Erfolg.
Die Stadt Hamburg hatte bisher Interessierten Grundstücke für ein Jahr lang kostenfrei zum Planen ihres Projektes anhand gegeben. Das kam Wohngruppen sehr entgegen, denn so hatten sie die nötige Zeit, sich auf den Standort einzulassen. Nunmehr werden bei der Anhandgabe ein Prozent des Kaufpreises fällig. Der Betrag wird gegengerechnet, wenn die Gruppe das Grundstück erwirbt. Mit diesem Verfahren wird eine neue Hemmschwelle für Wohngruppen aufgebaut.
Immerhin: Anders als in anderen Kommunen verlangt Hamburg für Grundstücke, die im öffentlich geförderten Wohnungsbau bebaut werden, keine Marktpreise. Die Grundstückskosten berechnen sich nach den maximal innerhalb der Förderung liegenden anrechenbaren Kosten bezogen auf die vorgegebene Grundstücksauslastung.
Keine Panik vor der Dynamik
Bei den Grundstücksangeboten sollte man grundsätzlich davon ausgehen, dass in keinem Fall alle Wohngruppenmitglieder zufriedengestellt werden. Dem einen ist das Umfeld zu zentral, dem anderen zu abgelegen, wieder andere überlegen, ob sie lieber ein anderes Grundstücksangebot abwarten. In jedem Fall wird es bei der Standortfrage im Gruppenprozess dynamisch. Dann heißt es: Sich festlegen, Kompromisse eingehen, neue Mitglieder suchen, aus der Phase des Debattierens in die Phase des Organisierens und Entscheidens treten.
Die Auseinandersetzung mit dem Grundstück ist die erste große Bewährungsprobe für eine Wohngruppe,bei der sich zeigt,ob sie handlungsfähig nach innen wie nach außen ist. Wir hoffen, dass möglichst viele möglichst bald diese Hürde überwinden können.
Dr. Josef Bura ist Mitarbeiter der STATTBAU HAMBURG GmbH.
Zuerst veröffentlicht: Freihaus 7(2001), Hamburg