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HafenCity – Studenten und andere Pioniere

*** von Dirk Schubert ***

Die HafenCity stellt eine Jahrhundertchance dar, die Wohnfunktion im Bereich. der inneren Stadt zu stärken. Es bietet sich eine einmalige Gelegenheit, die Probleme der angrenzenden Stadtteile Rothenburgsort und Veddel zu vermindern und Biiromonostrukturen in Hammerbrook und der Innenstadt durch die Anreicherung mit Wohnnutzungen aufzulockern. Wohnnutzung bringt Stabilitdt und sichert die Quartiersbildung: Sie ist von zentraler Bedeutung fiir die Lebendigkeit eines nutzungsgemischten. urbanen Stadtteils.

Das Areal der zukünftigen HafenCity liegt südlich der Innenstadt und nördlich der Norderelbe. Es erstreckt sich etwa von den Landungsbrücken im Westen bis zu den Elbbrücken im Osten. Für das zukünftige Quartier wurde 2000 ein Masterplan beschlossen und mit den ersten Baumaßnahmen ist bereits begonnen worden. In der HafenCity sollen ca. 5.500 Wohnungen entstehen und einmal 10.000 – 12.000 Menschen wohnen.

Strukturelle Vielfalt

Die sogenannten Hamburger Citys sind zu monofunktionalen Einöden verkommen. City Nord und City Süd werden heute mit großem Aufwand nachgebessert. Die Chance, Wohnen zu realisieren, ist zuletzt u.a. beim Hanseatic Trade Center an der Kehrwiederspitze vertan worden. Schon jetzt ist sie ein Lehrbeispiel für ein langweiliges, unattraktives Quartier.

Erfahrungen belegen, dass strukturelle Vielfalt einen Indikator für Krisenbeständigkeit, Erneuerungsfähigkeit und dauerhafte Funktionsfähigkeit bildet. Wenn mit der HafenCity ein nutzungsgemischter, nachhaltiger und zukunftsfähiger Stadtteil entstehen soll, ist die Schaffung von ausreichend Wohnraum notwendig. Für die Urbanität des Quartiers ist aber nicht nur eine Nutzungsmischung, sondern vor allem eine soziale Mischung der Wohnbevölkerung von entscheidender Bedeutung.

Soziale Mischung

Als Pioniere werden vermutlich ~ schon aufgrund derWohnpreise – eher besser verdienende Haushalte, Singles und Dinks in das neue Quartier ziehen. Diese sind meist hochmobil, verkehren eher untereinander und frequentieren die Einrichtungen, die überlokal aktuell und trendy sind. Häufig ist mit beruflich bedingter Abwesenheit zu rechnen, Kurzurlaube und Städtereisen sind üblich. Diese Gruppen sind damit weniger stark quartiersprägend. Es besteht die Gefahr, dass eher das Image eines langweiligen, wenig belebten und zudem teuren Quartiers entsteht.

Einkommensschwächere Haushalte sind dagegen in der Regel weniger mobil, ein höherer Teil ihres öffentlichen Lebens spielt sich im Quartier ab. Besonders Familien mit Kindern sind aufgrund ihrer Verpflichtungen und Bindungen weniger mobil und leben stärker stadtteilbezogen. Sie wirken somit stabilisierend und imagebildend auf den Stadtteil.

Studenten als Pioniere

Als Pioniere der Wohnbevölkerung in der HafenCity könnten besonders Studierende fungieren. Sie stellen eine heterogene Gruppe dar, die sich mit ihrem kulturellen Know-how Quartiere schnell aneignet. StudentInnen bilden einen belebenden Faktor und können erheblich dazu beitragen, einen “bunten” Stadtteil entstehen zu lassen. Wohnen auf Hausbooten und Serviceimmobilien für die Sozialgruppe der “aktiven neuen Alten” könnten die Vielfalt irn Stadtteil erhöhen und imageprägend wirken.

Optimale Grundstücksverwertung und Urbanität – ein Stadtteil für Alle – sind konfligierende Ziele. Wenn das Ziel eines breit gefächerten Wohnspektrums für die HafenCity ernst genommen wird, sind entsprechende Regelungen zu treffen. Der Markt wird nicht automatisch die soziale Durchmischung herbeiführen, sondern eine einseitige Sozialstruktur befördern. Die Politik ist gefordert, für die HafenCity eine präzise Zielbestimmung vorzunehmen, wer in der HafenCity leben soll und wie dieses Ziel zu erreichen ist.

Dr. Dirk Schubert ist Privatdozent an der TU Hamburg-Harburg.

Zuerst veröffentlicht: Freihaus 8(2002), Hamburg