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Artikel Wohnungspolitik

Hamburg: Baugemeinschaften gewinnen an Bedeutung

*** von Jörn Walter ***

Baugemeinschaften als Element der Hamburger Wohnungspolitik spielen zwar schon heute eine bemerkenswerte, aber doch kleine Rolle in der Hamburger Wohnungspolitik. Dabei stellen sie eine attraktive Komponente in der Hamburger Wohnungsbaulandschaft dar. Sie bieten die Möglichkeit, durch den Zusammenschluss mehrerer Interessenten selbstbestimmtes Bauen sowohl im individuellen wie im genossenschaftlichen Eigentum auf Grundstücken und in Lagen zu ermöglichen, auf denen es dem Einzelnen auf sich allein gestellt kaum möglich wäre. In Anbetracht der besonderen Chancen und Möglichkeiten, die diese Wohnform für die Gestaltung der persönlichen Wohnbedürfnisse, aber auch die Gewährleistung eines attraktiven Wohnungsangebotes innerhalb der Stadt bietet, ist das „Nischendasein“ unbefriedigend. Die Chancen und Potentiale, die sich mit dem Modell der Baugemeinschaften für den Hamburger Wohnungsmarkt – auch in Alternative zur Abwanderung ins Umland – ergeben, sind noch keineswegs ausgeschöpft.

Agentur für Baugemeinschaften gegründet

Der Senat hat sich deshalb jüngst entschlossen, den Bekanntheitsgrad und die Rolle der Baugemeinschaften in der Hamburger Wohnungspolitik durch verschiedene Maßnahmen zu stärken. Durch die Schaffung einer zentralen Anlaufstelle für Baugruppeninteressierte, einer sogenannten Agentur für Baugemeinschaften, sollen die Vorteile des gemeinschaftlichen Bauens breiter publiziert, die Beratung über private und städtische Grundstücksangebote verbessert und über die Förderungsmöglichkeiten sowie die behördlichen Antrags- und Verfahrenswege intensiver informiert werden. Darüber hinaus soll der Baugruppenagentur auch behördenintern die wichtige Funktion zukommen, zwischen den beteiligten Dienststellen eine koordinierende, anschiebende und vermittelnde Tätigkeit zu übernehmen, um die Verfahrenswege so kundenfreundlich wie möglich zu gestalten.

Grundstücksangebot der Stadt ausweiten

Neben der Agentur für Baugemeinschaften kommt es darauf an, das Grundstücksangebot für dieses Marktsegment spürbar auszuweiten. Dazu hat der Senat den Auftrag erteilt, bei der Ausweisung neuer Wohnbauflächen explizit auf ihre Eignung für Baugemeinschaften zu achten,was vor allem eine Erschließung voraussetzt, die zum späteren Zeitpunkt eine kleinteilige Parzellierung ermöglicht. Etwa 1/10 der in den nächsten Jahren vermarktbaren öffentlichen Wohnungsbauflächen sollen über die neue Agentur an interessierte Baugemeinschaften vermittelt werden. Der konkrete Anteil auf die einzelne Fläche bezogen wird in Abhängigkeit von der Nachfrage und dem Wohnumfeld u. a. im Einzelnen zu bestimmen sein.

Privaten Immobilenmarkt mobilisieren

Es wird aber auch darauf ankommen, in Zukunft einen größeren Anteil privater Grundstücke für diese Wohnform zu mobilisieren. Aufgabe der neu zu schaffenden Agentur wird es deshalb auch sein, Kontakte zwischen privaten Grundstücksanbietern und nachfragenden Baugemeinschaften herzustellen und eine Lotsenfunktion in planungs- und bodenrechtlichen Fragen zu übernehmen. Weiter ist es gerade dafür von besonderer Bedeutung, dass die Kern- bzw. Initiatorengruppe einer Baugemeinschaft frühzeitig in die Lage versetzt wird, Grundstücke zu erwerben, also die Grundstückskostenanteile für noch nicht feststehende Mitglieder vorzufinanzieren. Es soll deshalb zukünftig die Möglichkeit eröffnet werden, für diesen Zweck Grundstücksdarlehen von der Hamburger Wohnungsbaukreditanstalt unter Beachtung der banküblichen Gepflogenheiten zu erhalten.

300 Wohneinheiten pro Jahr

Verbunden mit den staatlichen Förderangeboten für Baugemeinschaften, die zukünftig noch effizienter ausgestaltet werden sollen, hat der Senat damit ein klares Zeichen zur Attraktivitätssteigerung dieser Form der Eigentumsbildung in Hamburg gesetzt. Es bleibt zu hoffen, dass das Modell der Baugemeinschaften als wesentliches Element einer in hohem Maße selbst bestimmten, eigentumsfördernden und familienfreundlichen Wohnungspolitik an Bedeutung gewinnt. Aus Sicht der Behörde für Bau und Verkehr erscheint es möglich und realistisch, zukünftig ca. 300 Wohnungen pro Jahr in diesem Modell zu realisieren. Damit wäre ein wichtiger Schritt geleistet, mobile Haushalte durch eine Erweiterung des Angebotes an neuen Wohnqualitäten in Hamburg zu halten.

Prof. Jörn Walter ist Oberbaudirektor in der Behörde für Bau und Verkehr der Hansestadt Hamburg

zuerst veröffentlicht: FreiHaus 10(2003), Hamburg