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Architektur/Planungskultur Artikel

Ökologisch Bauen

Träumen, planen, rechnen und entscheiden

*** von Marianne Dedekind ***

Die Zahl ökologischer Bauprojekte, initiiert von engagierten Gruppen nimmt beständig zu. Mit hohem Anspruch und großem Enthusiasmus werden Ideen entwickelt. Einige Projekte scheitern in einem frühen Stadium, andere behaupten sich auf dem langen und beschwerlichen Weg zur Projektrealisierung.

Am Anfang stehen viele Unsicherheiten

In Hamburg gibt es mittlerweile eine Vielzahl unterschiedlicher ökologischer Bauprojekte, doch bisher ist es nur sehr rudimentär gelungen, die Erfahrungen an nachfolgende Baugruppen weiterzugeben. Daher soll hier auf die Planung und deren Begleitumstände eingegangen werden.

Die Suche nach einem kenntnisreichen, erfahrenen, und gleichzeitig ‘gruppengeübten’ Architekten/in erfolgt zumeist zu einem frühen und somit noch unsicheren Zeitpunkt. Die Entscheidungsfindung der Projektgruppe ist ebensowenig abgeschlossen, wie die Grundstücksfrage und die Finanzierung. Doch schon in diesem Stadium sind bindende Entscheidungen erforderlich. Dies ist in vielen Projekten oft nicht möglich, in einigen Fällen auch nicht unbedingt angestrebt. Für die beteiligten Planer ist dies meist schwierig und führt auch zu Kommunikationsproblemen. Die meisten Projektmitglieder sind als ‘Baulaien’ kaum in der Lage, die Konsequenzen konstruktiver wie ökonomischer Art abzusehen. Dieses Dilemma ‘früher Realitätsbezug’ oder ‘visionär bis zum Baubeginn’ kann sich bis in die Bauzeit ziehen.

Klare Verhältnisse helfen Frust vermeiden

Gerade zu Beginn der gemeinsame Arbeit gibt es selten feste Gruppenzusammensetzungen, häufig wechseln die Gruppenmitglieder. So werden Planänderungen nötig, was zu internen Auseinandersetzungen und unklaren Zielsetzungen zeit- und kostenintesiver Mehrarbeit führt. Die Festlegung eindeutiger Entscheidungsstrukturen, die über die Dauer des Projektes beibehalten werden, sollte angestrebt werden.

Planer mit kommunikativen Kompetenzen gefragt

Planer und Fachplaner sollten möglichst früh in den Planungsprozeß eingebunden werden. Sie können Orientierungshilfen geben, Machbares darstellen und zwischen Utopie und Hausbau vermitteln. Diese verantwortliche Einbeziehung von Fachplanern schon bei der Entwurfsplanung ist gerade bei Projekten mit innovativem energietechnischen Anspruch zwingend erforderlich. Dies erfordert Umdenken bei Architekten und Fachplanern. Zum einen sind Kenntnisse fremder Arbeitsgebiete nötig, zum anderen sind Kommunikationsfähigkeit und Kompromißbereitschaft unabdingbar. Die Projektgruppe in ihrer Funktion als Bauherr muß diese Zusammenarbeit einfordert und unterstützend wirken.

Berechnungen sind besser als Grundsatzdiskussionen

Die fehlende Trennung von gruppendynamischen Prozessen und technisch-konstruktiven Themenstellungen erschwert für alle Beteiligten die kontinuierliche Arbeit und kann sich destruktiv auf das Gesamtprojekt auswirken. So kann die Frage, ob ein Blockheizkraftwerk in dem konkreten Projekt sinnvoll mit anderen innovativen Energietechniken gekoppelt werden sollte, nur mit entsprechenden Berechnungen entschieden werden. Sie sollte möglichst nicht als Gegenstand allgemein-ökologischer Sinnhaftigkeitsdiskussionen Zeit und Intellekt okkupieren. Wirtschaftliche Gegebenheiten und Zwänge sollten frühzeitig einbezogen und mit den Planern/Fachplanern abgestimmt werden. Auch in diesem ökonomischen Bereich wirken sich häufige Änderungen, Entscheidungsunsicherheiten oder Uneinigkeit in der Projektgruppe nachteilig aus. Die Realisierung aller denkbaren und wünschenswerten ökologischen Bestandteile ist zumeist unmöglich. Deshalb sollten Aspekte einer späteren Nachrüstung stärker bedacht werden.

Vernetzen tut not

Obwohl häufig diskutiert und von vielen gewünscht, hat die Vernetzung der Projekte mit dem Ziel des Erfahrungsaustausches bisher nur unzureichend funktioniert. Die Mitglieder der Wohnprojekte sind nach Bezug ihres Projektes oft mit der eigenen Organisation beschäftigt, Architekten und Fachplaner müssen auftragsbezogen arbeiten, so daß wenig Zeit bleibt, eine kontinuierliche Aufarbeitung und Weitergabe ihrer Erfahrungen zu leisten. Wünschenswert ist daher die Schaffung einer Institution, die Daten auswertet, Preise Konstruktionen etc. sammelt, kommentiert und den ökologisch orientierten Projekten zur Verfügung stellt.

Marianne Dedekind ist Architektin und Gutachterin der Umweltbehörde Hamburg im Förderprogramm ‘Niedrigenergiehäuser’

Zuerst veröffentlicht: Freihaus 3(1998), Hamburg