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Artikel Wohnungspolitik

Die Zukunft der Wohnprojekte

Die Redaktion hat bei den Regierungsparteien nachgefragt, wie sie die bisherigen Erfahrungen mit Wohnprojekten in Hamburg beurteilen, wie sie die politische Zukunft der Wohnprojekteförderung in Hamburg sehen und was sie konkret unternehmen wollen, um die Koalitionsvereinbarung einzulösen: Reagiert haben die wohnungsbaupolitischen Sprecherinnen der beiden Rathausfraktionen. Wir dokumentieren die Statements.

Grüne Positionen für Wohnprojekte 

*** von Susanne Uhl ***

— Die Redaktion hat den Beitrag von Susanne Uhl gekürzt. —

Positive Auswirkungen

Zu den positiven Effekten der Wohnprojekte gehört insbesondere die Erfahrungen, daß Beteiligung bzw. selbstbestimmtes Wohnen schon bei der Planung anfängt. Dieser Prozeß bringt spannende Fragen und Auseinandersetzungen für alle Beteiligten. Auch haben Wohnprojekte deutlich gemacht, daß die veralteten Grundrisse mit der Lebenswirklichkeit nicht mehr viel zu tun haben. Jede und jeder braucht einen eigenen Rückzugsraum und alle zusammen brauchen gemeinsame Kommunikations-/Spiel-/“Versorgungs“-Räume. Wohnprojekte haben die Diskussion um ökologisches Bauen kräftig angestoßen – und die architektonisch schöneren und lebenswerteren Häuser hervorgebracht. Wohnprojekte sind nicht zu Hunderten von der Stange, sondern vielfach experimentell und auf die BewohnerInnen zugeschnitten. Alles Punkte, die Bestandteil der Regelförderung des sozialen Wohnungsbaus werden müssen, denn sie sind ausprobiert. Wohnprojekte haben bewiesen, daß sie funktionieren und besser sind als traditionelle Massenware.

Leider haben manche Projekte Schwierigkeiten, der Belegungsbindung die positiven Seiten abzugewinnen. Das ist verständlich, denn es bedarf eines verdammt langen Atems, um bis zur „Schlüsselübergabe“ durchzuhalten. Aber zum fortschrittlichen Charakter von Wohnprojekten gehört auch der Teil des „sozialpolitischer Auftrags“. Der beinhaltet die Integration von Menschen mit unterschiedlichen Lebensentwürfen und aus anderen Lebenssituationen.

200 geförderte Wohneinheiten – aber wie?

Die Antwort hierauf ist verflixt schlicht – und scheint dennoch kompliziert angesichts des Verhaltens der Liegenschaft/Finanzbehörde. Sie muß nämlich nur die entsprechende Anzahl an Grundstücken zur Verfügung stellen. Daß es diese Grundstücke gibt, daran besteht kein Zweifel.

Außerdem muß die Förderung vereinfacht werden. Ein „Regelfördermodell für Wohnprojekte“ mit ausreichend Flexibilität für den Einzelfall muß her.  

Eine „Stiftung für nachbarschaftliche und genossenschaftliche Projekte“

Der Grundgedanke ist ganz einfach: Eine Stiftung soll gewährleisten, daß mehr Leute einen Zugang zu Wohnprojekten haben. Auch all diejenigen, die es sich bisher finanziell nicht leisten können, den relativ hohen Eigenkapitalanteil aufzubringen. Die Stiftung fördert nachbarschaftliche und genossenschaftliche Selbstverwaltungs- und Selbsthilfe-Projekte, und sichert eine dauerhafte Vermögens-, Belegungs- und Mietpreisbindung.

Und so soll es funktionieren: Die Stiftung erwirbt mit ihrem Vermögen Grundstücke von der FHH und behält diese ohne Ausnahme in ihrem Eigentum. Sie ist Bauträgerin in Zusammenarbeit mit jeweils einem Baubetreuer bzw. Sanierungsträger und den Projektgruppen. Die Wohnungen/Häuser werden zweckgebunden an die NutzerInnen bzw. deren Selbstverwaltungsorgan vermietet/verpachtet. Die Stiftung wirtschaftet so, daß sie revolvierende Mittel gemäß ihres Stiftungszwecks zur Verfügung hat.

Reizvoll, gell?

Susanne Uhl ist wohnungspolitische Sprecherin der GAL-Bürgerschaftsfraktion

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SPD-Positionen zur Förderung von Wohnprojekten  

*** von Barbara Duden ***

Gute Erfahrugen mit Wohnprojekten

Wohnprojekte waren und bleiben ein wichtiges Element der Wohnungspolitik der Hamburger Sozialdemokraten. Ihre Förderung wird deshalb auch in dieser Legislaturperiode fortgesetzt. Sie ist darauf ausgerichtet, bei einem mit dem öffentlich geförderten Mietwohnungsbau vergleichbaren Subventionsvolumen, den Besonderheiten der Projekte Rechnung zu tragen.

Die Förderung von Wohnprojekten ist seit mehr als 15 Jahren fester Bestandteil der SPD-Wohnungspolitik in unserer Stadt. Sie hat bisher u.a. auch zur positiven Entwicklung von Stadtquartieren und zur Integration von am Wohnungsmarkt besonders benachteiligten Haushalten beigetragen.

Förderung fortführen

Die weitere Förderung von Wohnprojekten wird entsprechend der Koalitionsvereinbarung von SPD und GAL umgesetzt. Sie erfolgt in der Höhe des Barwerts der Förderung des öffentlich geförderten Wohnungsbaus (1. Förderungsweg), wobei auf die Besonderheiten der Projekte im Rahmen einer vereinbarten Förderung eingegangen wird und über vertragliche Regelungen (Erbbaurecht / WK-Vertrag) dauerhafte soziale Bindungen abgesichert werden.

Ausreichend Grundstücke zur Verfügung stellen

Die SPD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft hält an dem Ziel einer zukünftigen Förderung von 200 Wohneinheiten fest. Sie geht davon aus, daß die Liegenschaftsverwaltung im Rahmen ihrer Möglichkeiten bei entsprechend vorbereiteten und realisierbaren Projekten weiterhin Grundstücke im Erbbaurecht  für genossenschaftliche Wohnprojekte im sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stellen wird.

Problem Eigenkapital

Seit Jahren unterstützt die SPD-Fraktion das Ziel der Förderung von sinnvollen und realisierbaren Wohnprojekten. Ein Hauptproblem bei zahlreichen Wohnprojekten ist jedoch die Eigenkapitalaufbringung. Im Rahmen der vereinbarten Förderung hat die Stadt daher am Ende der letzten Legislaturperiode erstmalig ein Nachsparen von Eigenkapital ermöglicht.

Barbara Duden ist baupolitische Sprecherin der SPD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft

Zuerst veröffentlicht: Freihaus 3(1998), Hamburg