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Ansätze einer guten Quartiersversorgung

Das neue Grenzbachviertel in Hamburg Barmbek

*** Holger Detjen ***

Als vor einigen Jahren Pläne bekannt wurden, dass die Stadt Hamburg mit der Bezirksverwaltung im Stadtteil Barmbek-Nord ein neues Wohngebiet auf städtischen Bestandsflächen plant, war die öffentliche Aufmerksamkeit gering. Lediglich der betroffene Kleingartenverein stemmte sich gegen das Vorhaben. In zahlreichen Gesprächen erreichte der Verein, dass ein Teil der Parzellen verlegt wurde, die Gesamtanzahl vor Ort aber erhalten blieb. Als die übrigen Nutzer der städtischen Flächen umgesiedelt waren, konnte die Konkretisierung des Bebauungsplanes BN 11 mit insgesamt rund 800 Wohnungen und einem Gebäude mit Nahversorgern, Büro- und Wohnflächen vorangetrieben werden.

Vom Plangebiet zu einem Quartier mit Wohn-Pflege-Formen
Anders als im nah gelegenen (größeren) Pergolenviertel, das der Bezirk mit Beteiligungsprozessen unterstützte, signalisierte er für das Plangebiet BN 11 mangelnde personelle Ressourcen, ermunt-erte aber örtliche Akteure, ihre Wünsche an die Ausgestaltung zu formulieren. Aus dem Treffen Barmbeker Ratschlag heraus, an dem fast alle Barmbeker Institutionen teilnehmen, wurde eine Arbeitsgruppe gegründet, die rasch zentrale Forderungen erhob: Ein hoher Anteil öffentlich geförderter Wohnungen gerade für Familien, seniorengerechter Wohnraum und Begegnungsflächen und -räume für die Nachbarschaft sollten berücksichtigt werden.
Die Idee, in der Mitte des Kleingartenvereins ein Vereinshaus als größeres Begegnungshaus für die Nachbarschaft zu errichten, wurde zunächst vom Verein geteilt, später jedoch auf Eis gelegt, weil sich der Verein nach eigenen Angaben im Umbruch befand. Die Arbeitsgruppe lud auch interessierte Wohnungsunternehmen zu sich ein, um ihre Ideen und Forderungen vorzustellen.
Im Rahmen ihrer Konzeptausschreibung formulierte die Stadt an die einzelnen Baufelder des Plangebiets Anforderungen, die auch die Arbeitsergebnisse der Arbeitsgruppe aufnahmen. Tatsächlich bewarben sich drei Unternehmen in einer Kooperation mit der Köster-Stiftung für Baufelder, zwei Bewerbungen hatten Erfolg. Die Köster-Stiftung hatte zugesagt, neben einem „eingestreuten Service Wohnen“ auch zwei Nach-barschaftstreffs in ihre Regie und weitere Dienstleistungen im künftigen Grenzbachviertel zu übernehmen.
Neben 42 Wohnungen – davon zwei Einheiten als Cluster-Wohnung für je vier Personen und ein Pflege-Wohn-Projekt für acht Personen – erhielt die
Köster-Stiftung in 2023 von der Sozialbehörde den Zuschlag, ein für zwei Jahre gefördertes Nachbarschaftsprojekt aufzulegen. Die Belegung der beiden Cluster-Wohneinheiten gestaltet sich schwierig (zu klein/zu teuer), beim Pflege-Wohn-Projekt haben sich zwei der acht Beteiligten zurückgezogen. Hier war der Fehler, aus Zeitnot die gemeinsame Vereinbarung nicht schon vor Abschluss des Mietvertrages geschlossen zu haben.
Es ist gelungen, für das Nachbarschaftsprojekt ein ehemaliges Ladenlokal in der Dieselstraße 48 anzumieten. Dieses Ladengeschäft dient dem Nachbarschaftsprojekt als Beratungsstelle und Büroraum, kann aber auch von Gruppen genutzt werden. Das Projekt hat seine Arbeit aufgenommen,
als noch nicht die Hälfte der Neubauten fertiggestellt waren. So konnten zwar früh die ersten Bewohner*innen profitieren, aber erst im Laufe 2024 und 2025 werden weitere Wohnhäuser bezogen und für die Projektidee erreichbar sein.

Das Engagement der Köster Stiftung bleibt
Die Köster-Stiftung möchte ihre Arbeit über den Förderzeitraum hinaus gern fortsetzen, um:
• die Vergabe der Gemeinschaftsräume zu optimieren und
aufwands gerecht zu betreiben,
• die Veranstaltungsangebote zu erweitern und die Selbstorganisation zu stärken,
• die Engagementförderung auszubauen,
• die nachbarschaftlichen Strukturen zu verstetigen und einen Verein aufzubauen, der sich der Nachbarschaftsarbeit verschreibt und
• die Angebote im Quartier so auszurichten, dass sie auch von den
Bestandsmieterinnen der Umgebung angenommen werden.

Aktuelle Themen und Ausblick
Für diesen Zweck benötigt die Köster-Stiftung eine Förderung über weitere drei Jahre. Selbstverständlich bemüht sie sich weiterhin, auch Förderstiftungen für eine Beteiligung an der Konzeptarbeit zu gewinnen. Von der Homann-Stiftung gab es jüngst die Mitteilung, das Pflege-Wohn-Projekt für zwei Jahre zu fördern. Und der Nachbarschaftstreff im gleichen Hause erhielt neben bezirklichen Sondermitteln auch eine Unterstützung durch die Powalla-Stiftung. Die ursprüngliche Idee, mit dem Service-zuschlag eine Mindestpersonalausstattung im Quartier vorzu-halten, die sich dauerhaft auch um Quartiersfragen kümmern kann, erfüllt sich ohne eine Begleitung durch andere Maßnahmen nicht. Deshalb könnte ein Nachbarschaftsverein eine Lücke schließen. Die Erlöse durch den Servicezuschlag sind gerade im geförderten Wohnungsbestand so niedrig, dass sie zwar eine Öffnung für Seniorinnen aus dem Umfeld erlauben, nicht jedoch andere Zielgruppen berücksichtigen können.
Aktuelles Thema ist die Nutzung der Nachbarschaftstreffs: Deren Unterhaltungskosten müssen von der Stiftung getragen werden. Langfristig kann dieses nur gelingen, wenn sich Senior*innen, private Anmietungen und die Nachbarschaft diese Kosten teilen.