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Artikel Finanzierung/Förderung

Baukindergeld auch für Genossenschaftsanteile?

Eigentlich sind alle dafür, aber…

*** von Tobias Behrens ***

Die Bundesregierung hat im Rahmen ihrer Koalitionsverträge 2018 beschlossen ein neues Förderinstrument für die Schaffung von Wohneigentum einzuführen. Dieses sogenannte Baukindergeld soll jungen Familien helfen, Wohneigentum zu bilden.

Die Regelung sah vor zehn Jahre lang einer Familie 1.200 € / Kind im Jahr als Zulage auszuzahlen, sofern bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschritten werden. Diese Einkommensgrenzen liegen bei einem zu versteuernden Jahreseinkommen bei einer Familie mit einem Kind bei 90.000 €, bei zwei Kindern sind es 105.000 €, bei drei Kindern 120.000 €. Diese Regelung ist zunächst befristet und gilt vom 1. Januar 2018 bis zum 31. Dezember 2020.

Aus der Opposition gab es nach dieser Regelung viel Kritik, da das Baukindergeld von seiner Struktur her der vor vier Jahren gestrichenen Eigenheimzulage ähnelt, die vor allem die Zersiedelung in ländlichen Regionen vorangetrieben hat und die Fahrtwege zur Arbeit zusätzlich steuerlich begünstigte.

VIEL KRITIK AN DER IDEE

Auch der Bundesrechnungshof kritisierte an dem Baukindergeld, dass besonders in der Anfangszeit die Anträge nicht unbedingt für die Schaffung von neuem Wohnraum genutzt wurden, sondern vielfach in den Erwerb von Bestandsimmobilien flossen. Weiter wird kritisiert, dass die Fördermaßnahme zu erheblichen Mitnahmeeffekten führt sowie zu Preissteigerungen von Wohnimmobilien. Außerdem sei die Verteilungswirkung dieses Förderinstruments grundlegend zu kritisieren, denn letztlich müssen über die Steuerzahlungen Menschen mit sehr geringem Einkommen – die sich trotz der Zulage kein Wohneigentum leisten können – mit ihren Steuergeldern die Eigenheime der Besserverdienenden mitfinanzieren.

… NOCH ETWAS POSITIVES DARAUSMACHEN

Trotz dieser generellen kritischen Sichtweisen auf das Baukindergeld, kam insbesondere auch innerhalb der kleinen Genossenschaften die Überlegung auf, ob das Baukindergeld nicht auch für das genossenschaftliche Eigentum genutzt werden könnte. Konkret wurde gefordert, Zahlungen von Genossenschaftsanteilen in eine Genossenschaft – mit dem Zweck neuen Wohnraum zu schaffen – auch Baukindergeldförderfähig zu machen.

Diese Idee ist dann auch in den letzten Jahren in Berlin im Rahmen des Ausschusses für Bau, Wohnen Stadtentwicklung und Kommunen ausführlich diskutiert worden und führte schließlich im Februar 2019 zu einer Beschlussempfehlung: Dort heißt es wörtlich: „Der Deutsche Bundestag bittet die Bundesregierung […] Das Baukindergeld innerhalb des bestehenden Kostenrahmens auch für den Erwerb von Genossenschaftsanteile(n) zu öffnen – soweit sie zur Selbstnutzung einer Genossenschaft erforderlich sind.“1)

In dieser Sitzung betonten besonders die Vertreter der SPD Fraktionen, dass sich die Regierungsfraktionen darauf geeinigt hätten, das Baukindergeld künftig auch für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen zu verwenden. Auch die übrigen Parteien äußerten sich im Prinzip überwiegend positiv zu diesen Vorschlägen. So schrieb Caren Lay, die stellvertretende Vorsitzende der Fraktion die Linke: „nichtsdestotrotz sollten aber gerade Familien die genossenschaftlich bauen wenigstens auch Baukindergeld bekommen können“.2)

Sogar der parlamentarische Staatssekretär Marco Wanderwitz von der CDU Fraktion sagte in einem Interview gegenüber der Welt: „Man könnte beispielsweise das Baukindergeld auf Genossenschaften ausweiten, damit diese mehr Kapital für neue Bauprojekte aufbringen können.“3)

EINSTIEG IN DIE FÖRDERUNG DES GENOSSENSCHAFTLICHEN WOHNENS

Auch aus Sicht vieler kleiner Hamburger Genossenschaften sowie der Baubetreuer wäre die Bereitstellung der Baukindergeld-Förderung von kleinen Genossenschaften sehr hilfreich, denn

  • die strukturelle Benachteiligung des genossenschaftlichen Eigentums gegenüber dem individuellen Eigentum in Bezug auf Finanzierungsmöglichkeiten und steuerrechtliche Themen könnten an dieser Stelle etwas korrigiert werden.
  • die mit dem Baukindergeld beabsichtigt Zielsetzung, den Bau von mehr Wohnungen insbesondere für Familien anzukurbeln, könnte ebenso mit genossenschaftlichem Eigentum erreicht werden.
  • neben dem reinen Schaffen von zusätzlichem Wohnraum für kleingenossenschaftliche Projekte wirken diese Bauvorhaben auch positiv auf ihre Quartiere. Zum Beispiel durch die Schaffung von vielfach nutzbaren Gemeinschaftsräumen sowie durch die Integration von besonderen Zielgruppen und die Entwicklung nachbarschaftlicher Strukturen.
  • die meisten dieser kleingenossenschaftlichen Projekte werden im Neubau und in urbanen Zusammenhängen realisiert, sind somit ein sinnvolles Instrument gegen Zersiedelung und zusätzliche Verkehrsströme.

Ein gern benutztes Argument gegen die Ausweitung des Baukindergeldes auf Genossenschaftsanteile ist, dass viele Genossenschaften gar nicht auf das Geld von ihren Mitgliedern angewiesen sind. Dies trifft insbesondere in Hamburg zu. Hier stehen die traditionellen Baugenossenschaften wirtschaftlich vielfach sehr gut da und können auch ohne das genossenschaftliche Baukindergeld viele Wohnungen bauen – was sie auch tun. Dennoch wäre das Instrument insbesondere für kleine Genossenschaften, die tendenziell immer kapitalschwach sind, sehr hilfreich. Sie könnten so die hohen Hürden in Bezug auf die Neugründung von kleinen Genossenschaften, die insbesondere hinsichtlich der Eigenkapitalhöhe bestehen, reduzieren. Letztlich könnte damit auch die im Hamburger Koalitionsvertrag gemachte Zusage, mindestens die Hälfte aller neuen Wohnprojekte an kleinen Genossenschaften zu vergeben, realisiert werden.

Aus Hamburger Sicht sonders bedauerlich ist die Stellungnahme der Bausenatorin Frau Dr. Stapelfeldt, die auf entsprechende Anfragen aus dem Kreis der Kleingenossenschaften lediglich empfahl, man könne doch statt eines Zuschusses auch ein Darlehen in Anspruch nehmen. Und das in einer Stadt, die sich in der Präambel ihrer Verfassung die Unterstützung des genossenschaftlichen Wirtschaftens zum Ziel gesetzt hat.

1) Drucksache 19/7762 des Deutschen Bundestags vom 13.02.2019
2) Schreiben von Caren Lay an die Warderlüüd e.G. aus Hamburg vom 23.07.2019
3) „Man könnte Baukindergeld auf Genossenschaften ausweiten“ „Die Welt” vom 03.07.2019

Tobias Behrens ist Geschäftsführer von STATTBAU HAMBURG GmbH.

zuerst veröffentlicht: FreiHaus 24(2019), Hamburg