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Artikel Bodenpolitik/Grundstücke

Das erste Jahr Agentur für Baugemeinschaften

*** von Klaus-Peter Friebel ***

Ihr „Einjähriges“ hat sie nun bereits hinter sich – im Juli vergangenen Jahres wurde die Agentur für Baugemeinschaften in der damaligen Behörde für Bau und Verkehr (jetzt: Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt) ins Leben gerufen. Ihr Zielauftrag war von Anfang an klar: informieren, beraten, Entscheidungsprozesse in der Verwaltung anschieben und natürlich Grundstücke für Baugemeinschaften sichern.

Die Agentur hat manches bewegt und sicherlich auch einiges gelernt in diesem einen Jahr. Und sie hat von sich und den Baugemeinschaften reden gemacht: Noch nie sind in den Zeitungen und im Fernsehen so viele Beiträge über Baugemeinschaften erschienen wie in den vergangenen 12 Monaten. Dies wiederum hat dazu geführt, dass bei der Agentur an manchen Tagen die Telefone nahezu ununterbrochen klingelten. Spätestens da hat sich gezeigt, dass das Thema „Baugemeinschaften“ quer durch die Bevölkerung große Resonanz hervorruft: Familien, Alleinerziehende, Singles, Rentner, Studenten – alle wollten plötzlich wissen, was es denn mit den Baugemeinschaften auf sich hat.

„Können wir uns einer Baugemeinschaft anschließen?“

„Wir sind mit 40 nach Reinbek gezogen. Jetzt sind wir im Rentenalter und würden gern wieder in der Stadt leben – können wir uns einer Baugemeinschaft anschließen?“ Solche und andere Anfragen, die beinahe wie „bestellt“ klingen, laufen bei der Agentur häufig auf. Ein „typischer Baugemeinschaftsmensch“ lässt sich dabei nicht ausmachen.

Was macht diese Art des Bauens so attraktiv? Tatsache ist, dass das Bauen in Baugemeinschaften eine individuelle Wohnraumgestaltung ermöglicht und dennoch kostengünstig ist, da die Mitglieder bestimmte Aufgaben, die sonst von einem Investor oder Bauträger erledigt werden, selbst übernehmen. Darüber hinaus entfallen generell die Vermarktungskosten und Leerstandsverluste nach Fertigstellung. Bei Eigentumsmaßnahmen werden zudem der Bauträgergewinn und ein Teil der Grunderwerbssteuer eingespart. Ein weiterer Grund könnte sein, dass die Tendenz zur Vereinzelung in unserer Gesellschaft mittlerweile ein gewisses Unbehagen auslöst und dazu führt, dass viele den Wunsch nach gemeinschaftlichem Wohnen haben. Dies mag insbesondere bei älteren Menschen eine Rolle spielen.

Allein oder schon in „fertigen“ Gruppen?

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Agentur bemühen sich jedenfalls, diesem Wunsch gerecht zu werden. Alle Interessenten erhalten Informationsmaterial – z. B. über Förderungsbedingungen und vorhandene Grundstücke – und einen „Wunschzettel“, auf dem sie angeben können, welche Wohngegend und welche Art der Baugemeinschaft (genossenschaftliches oder individuelles Eigentum) sie bevorzugen. Anhand dieser Angaben kann die Agentur erkennen, aus welchen Einzelpersonen eine Gruppe werden könnte.

Manchmal melden sich auch bereits „fertige“ Gruppen bei der Agentur – damit ist ein Schritt gespart. Eine schwierige Aufgabe besteht allerdings darin, das Grundstücksangebot und die Wünsche der Interessenten miteinander in Einklang zu bringen. Immerhin ist es der Agentur seit ihrem Bestehen gelungen, in intensiven Verhandlungen mit der Liegenschaftsverwaltung eine ganze Reihe städtischer Grundstücke für Baugemeinschaften zu sichern.

Viele interessante Standorte

Das ist eine Leistung, die sich sehen lassen kann. Das Problem besteht allerdings darin, dass es einen deutlichen Nachfrageüberhang bei den Grundstücken mit innerstädtischer Lage gibt. Ein Teil der Arbeit besteht des halb für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Agentur auch darin, Grundstücke zu „vermarkten“ – sei es mit Hilfe von Stadtteilzeitungen, Internetseiten oder aber durch Ausstellungen, bei denen häufig auch schon Bebauungsvorschläge präsentiert worden sind. Wer die Beilage zu dieser Zeitung liest – was unbedingt zu empfehlen ist – wird feststellen, dass nicht nur die innerstädtischen Grundstücke interessant sind, sondern dass auch sehr viel dafür spricht, sich z. B. eine Adresse wie die am Vogelhüttendeich in Wilhelmsburg einmal genau anzusehen.

Interesse geweckt?

Das steigende Interesse am Thema „Baugemeinschaften“ wird für die Agentur in den nächsten Jahren noch viel Arbeit bringen. Diese Arbeit mag manchmal schwierig sein – sinnvoll ist sie allemal. Denn sie dient sowohl den Menschen, die gern auf diese Art und Weise bauen und wohnen möchten, als auch der Stadt, für deren Wohnlandschaft Baugemeinschaften ein echter Gewinn sind.

Klaus-Peter Friebel ist Mitarbeiter der Agentur für Baugemeinschaften in der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, Hamburg.

zuerst veröffentlicht: FreiHaus 11(2004), Hamburg