Interview mit Karen Pein, Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen der Freien und Hansestadt Hamburg
*** Gesprächsführung: Joscha Metzger ***
Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag vereinbart, zeitnah eine Neue Wohngemeinnützigkeit (NWG) mit steuerlicher Förderung und Investitionszulagen auf den Weg zu bringen und so eine neue Dynamik in den Bau und die dauerhafte Sozialbindung bezahlbaren Wohnraums zu erzeugen. Insbesondere das SPD-geführte Bauministerium in Berlin erhofft sich von der NWG einen wichtigen Ansatz zur Lösung der Wohnungsfrage. Wie blicken Sie als Hamburger Senatorin auf diese Debatte? Welche Erwartungen haben Sie an eine Neue Wohngemeinnützigkeit?
Karen Pein: Grundsätzlich ist die Wohngemeinnützigkeit ein funktionierendes Instrument, um kommunale, genossenschaftliche sowie andere gemeinwohlorientierte Wohnungsunternehmen zu fördern und eine soziale Wohnraumversorgung zu ergänzen. Es würde damit ein neues Segment gemeinnütziger Wohnungswirtschaft in Deutschland entstehen, das eine dauerhafte Sozialbindung garantiert. Derzeit liegt allerdings noch kein erörterungsfähiges Konzept vor, sondern es gibt lediglich erste Eckpunkte zur Einführung. Hamburg und die weiteren Bundesländer werden sich aber konstruktiv in den Entwicklungsprozess einbringen. Grundsätzlich ist es wichtig, dass eine NWG des Bundes so ausgestaltet wird, dass sie eine sinnvolle Ergänzung zu den Länderprogrammen im sozialen Wohnungsbau ist und nicht in Konkurrenz dazu tritt. Eine Förderung im Rahmen einer Bundes-NWG böte sich beispielsweise für ehemalige Sozialwohnungsbestände an, da hierdurch Sozialbindungen für Mietwohnungen effektiv und dauerhaft gesichert werden könnten.
Derzeit stehen die großen Verbände der Wohnungswirtschaft einer NWG (noch) skeptisch gegenüber. Sehen Sie diese Skepsis als Hinderungsgrund für die Einführung einer NWG an? Welche Debatten dazu finden im Hamburger Bündnis für das Wohnen statt und welche Ansatzpunkte sehen Sie möglicherweise, um die etablierte Wohnungswirtschaft zur Partnerin in Richtung einer neuen Wohngemeinnützigkeit zu machen?
Eine Aussage in welchem Umfang die NWG von den Wohnungsunternehmen in Deutschland genutzt werden kann, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich, da Konditionen und Bedingungen, etwa die Förderhöhe oder der Berechtigtenkreis einer NWG-Förderung, noch nicht feststehen. Selbstverständlich wird das im Bündnis für das Wohnen in Hamburg frühzeitig und daher sobald wie möglich thematisiert. In diesem Zusammenhang sollte aber immer auch auf die vielen Genossenschaften und sozialen Wohnungsunternehmen in Hamburg hingewiesen werden. Anders als in den meisten anderen Metropolen gibt es in Hamburg schon seit Jahrzehnten das Prinzip einer gemeinnützigen Wohnungswirtschaft mit günstigen Mieten für Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen. Das zeigt sich auch an der günstigen Durchschnittsmiete im Hamburger Bestand.
Im Bundesvergleich bietet Hamburg bereits jetzt eine sehr gute Wohnungsbauförderung mit 30-jährigen Bindungen und günstigen Mieten. Dennoch stellen die Eigenkapitalanforderungen im Wohnungsbau weiterhin eine große Hürde insbesondere für neue gemeinwohlorientierte Wohninitiativen dar. Sehen Sie – auch gerade vor dem Hintergrund der Vereinbarungen mit der Volksinitiative Keine Profite mit Boden & Miete – die Möglichkeit, die Hamburger Förderung in einer Weise auszuweiten, so dass sie Vorbild für die Entstehung eines nicht-profitorientierten Sektors auf dem Wohnungsmarkt und damit auch ein Vorläufer einer NWG auf Bundesebene werden könnte?
Die Hamburger Wohnraumförderung wird im Rahmen der jährlichen Programmaufstellung regelmäßig an die veränderten Rahmenbedingungen, etwa durch gestiegene Baukosten, angepasst und entsprechend erhöht. Niedrige Darlehenszinssätze und hohe laufende Zuschüsse gewährleisten die Finanzierbarkeit der Investitionen. In der Vereinbarung mit der Volksinitiative Keine Profite mit Boden & Miete ist festgehalten, dass städtische Grundstücke für den geförderten Mietwohnungsbau zukünftig grundsätzlich im Erbbaurecht vergeben werden. Hiervon profitieren insbesondere auch Baugemeinschaften, da sie für den Grundstückserwerb zukünftig kein Eigenkapital mehr einsetzen müssen, sondern lediglich einen sehr niedrigen jährlichen Erbbauzins in Höhe von derzeit 1,3 % des Kaufpreises zahlen. Zudem wird in der Hamburger Wohnraumförderung ein Fördersegment mit einem 50-jährigen Bindungszeitraum eingeführt. Dieses Segment dürfte gerade für gemeinwohlorientierte Investoren wie Baugemeinschaften von besonderem Interesse sein.
Karen Pein, Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen der Freien und Hansestadt Hamburg
zuerst veröffentlicht: FREIHAUS 27(2023), Hamburg