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EU-Projekt smartLIFE

Nachhaltig bauen und wohnen in Hamburg

*** von Dr. Claudia Schultz ***

Passivhaus, Niedrigenergiehausstandard, Blockheizkraftwerke: die Hamburger Wohnprojekte mit ihren hohen Energiestandards können als Vorreiter im Einsatz ökologischer und ressourcenschonender Bauweisen und gesundem Baumaterial gesehen werden. Im Mai vergangenen Jahres fand eine Tagung der europäischen Partner des EU-Projekts smartLIFE in Hamburg statt. Ein Tag war den Erfahrungen und dem Einsatz ressourcensparender und energie-effizienter Bauweisen der Hamburger Wohnprojekte gewidmet. Anhand der Projekte Drachenbau St. Georg (Brauchwasseranlage, Photovoltaik-Anlage) sowie Autofreies Wohnen Saarlandstraße (Blockheizkraftwerk, Photovoltaik-Anlage, Niedrigenergiehaus mit kontrollierter Lüftung) und des Passivhauses am Pinnasberg wurde die hohe gestalterische und ökologische Qualität der Projekte deutlich. Hinzu kommen die besonderen gemeinschaftlichen Qualitäten durch die Beteiligung an Planen und Bauen und beim Wohnen. Vor dem Wohnen steht das Bauen.

Forschung und Innovation machen nicht an Bundesland- oder Staatsgrenzen halt. Fragestellungen mit technologischem Hintergrund lassen sich besser und schneller auf internationaler Ebene lösen. In Brüssel werden Programme zu internationalen Fragestellungen aus der Wissenschaft aufgelegt.

Forschen für nachhaltiges Wohnen

Fast immer werden die komplexen Innovationsprojekte von einem Netzwerk unterschiedlicher Partner aus Wirtschaft und Forschung betreut; und das international. Einer der Vorreiter in Hamburg beim Management von EU-Forschungsprojekten ist die TuTech Innovation GmbH. Die gemeinsame Tochter der Hansestadt und der Technischen Universität Hamburg-Harburg arbeitet derzeit an rund 60 verschiedenen europäischen Forschungsprojekten. Dabei ist die Beteiligung von Partnern im EU-Ausland und mittelständischer Unternehmern in der Region ein Gewinn für die Hansestadt, wie das Beispiel „SmartLIFE“ zeigt.

Bauen in drei europäischen Ländern: Großbritannien, Schweden, Deutschland

In dem von der EU im Rahmen des INTERREG IIIB Programms geförderten Pilotprojekt haben sich drei europäische Partner in Sachen nachhaltiges Bauen zusammengetan: Cambridge in Großbritannien, Malmö in Schweden und Hamburg sehen sich durch das Städtewachstum vor sehr ähnliche Herausforderungen für die Bauwirtschaft gestellt. „Die Städte haben das gemeinsame Ziel, bezahlbares und umweltfreundliches Bauen zu fördern, damit Umweltverträglichkeit und Lebensqualität nicht auf der Strecke bleiben“, so Prof. Walter Leal von TuTech Innovation, wo die Koordination von „SmartLIFE“ stattfindet.  

Eröffnung Hamburger smartLIFE Zentrum

Am 16. November wird in Hamburg das Zentrum für zukunftsorientiertes Bauen (ZzB) auf dem Gelände des Ausbildungszentrums-Bau in Steilshoop eröffnet. Das ZzB ist eine Anlaufstelle und ein Forum für alle am Bau Interessierten und Beteiligten, wie Auszubildende, Handwerker, Architekten, Ingenieure, aber auch für Bauherren und Investoren. In Form von Modellbauten im Maßstab 1:1 werden Musterlösungen sowohl für den Neubau als auch für das Bauen im Bestand präsentiert. Fragen nach alternativen Bauweisen und umweltschonender Baustoffwahl finden sich in den Modellen ebenso beantwortet wie die Themenbereiche energetische Sanierung, Optimierung von Bauabläufen und Nachhaltigkeit beim Bau. Mehr noch: Konstruktion und Detailvarianten, erklärende Texte, Informationen zu Baumaterialien und Gebäudedaten ergänzen das Konzept.

SmartLIFE wird durch das EU-Nordseeprogramm „INTERREG III B“, einem Programm, das den Regionen rund um die Nordsee die Gelegenheit zur Zusammenarbeit in räumlichen Entwicklungsprojekten gibt, finanziert.

Umsetzen in die Praxis

In Zentren für innovatives Bauen demonstrieren die Partnerländer unter anderem den Einsatz von Solartechniken und den Bau von Passivhäusern, die keine externe Heizenergie benötigen. Auch die Anforderungen, die die demographische Bevölkerungsentwicklung an die Bauwirtschaft stellt, sind ein wichtiges Thema. Dass die Erkenntnisse aus dieser Zusammenarbeit auch ihren Niederschlag in der Praxis finden, dafür sorgt eine flankierende Öffentlichkeitsarbeit, die sich insbesondere an Berufsschüler und -lehrer, an Politiker und Planer, aber auch an private Bauherren richtet.

Auch die Bauwirtschaft in der Region ist immer dabei. Gemeinsam mit dem Ausbildungszentrum Bau und der Staatlichen Gewerbeschule für Bautechnik in Hamburg werden Lehr-Module angeboten, die Azubis und Gesellen in den Handwerksbetrieben der Stadt Methoden für nachhaltiges Bauen vermitteln. Und auch hier stimmt die internationale Zusammenarbeit: Um Theorie und Praxis zu verbinden, fuhr der Hamburger Maurermeister Andreas Niedergesäss nach Cambridge und zeigte den Azubis am dortigen Regional College traditionelle Baumethoden und moderne Verfahren, die in Deutschland angewandt werden. Die Briten freuten sich über die bilaterale Zusammenarbeit. „Wir wollen uns auf europäische Gegebenheiten einstellen und einen entsprechenden Lehrplan aufbauen“, so Tony Gates, Construction Manager am College. „Das alles kommt den Lernenden zugute.“

Dr. Claudia Schultz ist Mitarbeiterin der TuTech Innovation GmbH und betreut das Projekt smartLIFE.  

zuerst veröffentlicht: FreiHaus 13(2006), Hamburg