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Altwerden im Quartier Artikel Stadtentwicklung

Nachbarschaftlich und selbstorganisiert – Älterwerden in München

*** Heike Skok ***

Obwohl sich München im Bundesvergleich im unteren Spektrum des Altersdurchschnitts der Bevölkerung bewegt, ist Älterwerden
in der Stadt auch hier ein Thema.

„Wohnen bleiben im Viertel“ wird aktiv angegangen, sowohl von privaten Initiativen als auch von Seiten der Stadtverwaltung. Es gibt Beratung und finanzielle Unterstützung für die Wohnungsanpassung. Die große kommunale Gesellschaft Münchner Wohnen GmbH bemüht sich um Nachverdichtung
ihrer Bestände und mit Aufstockung bestehender Wohngebäude, die dann auch mit Aufzügen ausgestattet werden.
Bessere Möglichkeiten im Älterwerden gut zu Wohnen und perspektivisch Wohnen zu bleiben, bieten allerdings die
Neubauquartiere – überwiegend am Stadtrand. Hier wird sich am sog. „Bielefelder Modell“ orientiert. In München wird es „Wohnen im Viertel“ genannt, funktioniert aber nach einem ähnlichen Konzept und wird inzwischen in 15 Wohnanlagen der Münchner Wohnen GmbH angeboten. Ein anerkannter Pflegedienst z.B. AWO, Diakonie o.ä. bietet allen Bewohnerinnen eines Viertels kostenlos und rund um die Uhr Versorg-ungssicherheit. Hilfsbedürftigen Menschen wird so ein selbstbestimmtes Leben in der eigenen Wohnung ermöglicht. Wesentlicher Bestandteil von Wohnen im Viertel ist ein Wohncafé als Treffpunkt für alle Bewohnerinnen des Viertels. Hier bietet sich die Gelegenheit Kontakte zu knüpfen, Veranstaltungen durchzu-führen, nachbarschaftliche Hilfen zu organisieren, gemeinsam zu kochen und zu essen. Ziel ist eine konstruktive Zusammenarbeit von Ehrenund Hauptamtlichen sowie die Vernetzung mit ärztlichen und therapeutischen Dienstleistern, Vereinen, Initiativen und anderen sozialen und kirchlichen Einrichtungen im Stadtviertel (https://www.muenchner-wohnen.de/service/mieterservice/soziales-engagement/wohnen-im-viertel ).

Älter werden im Neubaugebiet Ackermannbogen
Die Neubaugebiete werden erfahrungsgemäß überwiegend von jungen Familien bezogen. So auch am „Ackermannbogen“ beim Olympia Park. Ältere Menschen waren hier bisher nicht im Blickfeld des Sozialreferats und so zeigten die Betroffenen Eigeninitiative. Unter dem Dach des Ackermannbogen e.V. gründete sich die Gruppe „ÄlwA (Älter werden am Ackermann-bogen)“, die sich intensiv der Anliegen älterer Nachbar*innen annimmt. Derzeit gehören der Gruppe ca. 50 Personen an. Themen sind Erfahrungsaustausch, Informationsvermittlung, Hilfe auf Gegen-seitigkeit, Ausflüge und das Miteinander. Die Gruppe arbeitet insbe-sondere an Formen nachbarschaftlicher Hilfe, damit viele ältere Menschen im Quartier möglichst lange in der eigenen Wohnung leben können. Auf Initiative von ÄlwA wurde auch ein Pflegedienst im Viertel eröffnet, der die Unterstützung bietet, die von den ÄlwA Mitgliedern nicht geleistet werden kann (https://ackermannbogen-ev.de/aelwa/ . Ein Kurzfilm über ÄlwA: https://www.youtube.com/watch?v=eMr_rM5PywI ).

Erweiterungen und Kooperationen mit der Stadt
München

„Wohnen bleiben im Viertel“ wurde inzwischen um das „nachbarschaft-liche Wohnen“ im Alter erweitert. Das Sozialreferat der Stadt München hat das Konzept der „Sorgenden Hausgemeinschaften“ entwickelt, das in Kooperation mit der Münchner Wohnen GmbH umgesetzt wird (https://www.mitbauzentrale-muenchen.de/files/daten/mitbau-Kompakt-sorgendeHausg-Einzel.pdf ).
Die Idee bzw. das Angebot richtet sich an Ein bis Zweipersonen-haushalte ab dem Alter 55+. Ziel ist es, Menschen im Übergang zum neuen Lebens-abschnitt die Möglichkeit zu eröffnen, in einem neuen Wohnumfeld neue Nachbar*innen und Gleichge-sinnte kennenzulernen, die den Alltag ein Stück weit gemeinsam gestalten. Dies soll der Vereinsamung vorbeugen, die Älterwer-dende auch im angestammten Viertel oder im eigenen Wohnhaus treffen kann.
In neuen Wohnanlagen der Münchner Wohnen GmbH werden 8 bis 20 geförderte Wohnungen für diese Zielgruppe reserviert. Das zulässige Einkommensspektrum für den Bezug einer Wohnung ist breit genug für den Zugang für Menschen mit kleiner und auch höherer Rente.
Schon während der Bauphase eines Projekts informiert die mitbauzentrale münchen zusammen mit dem lokalen Altenservice Zentrum, dem Nachbarschaftstreff und weiteren Multiplikatoren über das Konzept und die Möglichkeit des „nachbarschaftlichen Wohnens 55+“. Bevorzugt werden dafür Menschen aus den angrenzenden Stadtteilen angesprochen.
Die Moderation und Gründung einer Gruppe wird durch das Sozialreferat finanziell unterstützt. Mittelfristiges Ziel der Gruppenbildung ist die Verabschiedung eines Gruppenprofils und einer Satzung. Dies soll die Verbindlichkeit der Beteiligten untereinander stärken.

Eine Vielzahl von Projektentwicklungen
Der Verein „Nachbarschaftlich Leben für Frauen im Alter e.V.“ hat nach diesem Konzept bereits sechs Projekte realisiert (http://www.frauenwohnen-imalter.de/ ).
Weitere Projekte hat der Verein „MietMit“ auf den Weg gebracht. Eine Besonderheit ist die Alia GbR. Die Gruppe von langjährigen Freund* innen hatte beschlossen ihre großen Familienwohnungen aufzugeben, um das Älterwerden gemeinsam zu gestalten. Dafür waren sie auch bereit ihren lebendigen alten Stadtteil zu verlassen und den Umzug in ein Neubaugebiet zu wagen – zumindest auf derselben Seite der Isar. Als Kooperationspartnerin konnten sie, mit Hilfe der mitbauzentrale münchen, eine Traditionsge-nossenschaft gewinnen. Von Beginn an nimmt die Gruppe eine aktive Rolle bei der Planung und Durchführung von Veranstaltungen im Quartier ein. Sie sind angekommen und genießen das Wohnen bleiben im Quartier.