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Artikel Wohnungspolitik

Neuausrichtung der Baugemeinschaftsförderung in Hamburg

Diskussion zur Weiterentwicklung der Förderung läuft auf Hochtouren

*** von Tobias Behrens ***

Die Stadt Hamburg hat bezüglich der Entwicklung des Wohnungsbaus viel vor: Die neue Regierung hat 2015 das ehrgeizige Ziel veröffentlicht, zukünftig mindestens 10.000 neue Wohnungen jährlich zu bauen und dafür die entsprechenden Voraussetzungen zu schaffen. 30% dieser Wohnungen sollen als preiswerte geförderte Wohnungen entstehen. Aktuell hat Hamburgs Bürgermeister Peter Tschenscher auch eine weitere Erhöhung der Wohnungsbauzahlen und des Anteils der geförderten Wohnungen in Aussicht gestellt.

Auch bezüglich der Baugemeinschaften möchte die Regierung viel erreichen: zum einen ist im Koalitionsvertrag vereinbart, dass Baugemeinschaften eine wichtige Rolle spielen und dabei insbesondere die kleinen Genossenschaften möglichst 50% aller Baugemeinschaftsflächen umsetzen sollen. Darüber hinaus hat die Stadtentwicklungsbehörde bei der Planung der neuen Bauquartiere in Hamburg den Baugemeinschaften auch eine wichtige Rolle zugeschrieben. So sollen z. B. in den beiden neuen Quartieren Oberbillwerder und der „Nord Südachse“ in Wilhelmsburg, in denen jeweils ca. 5.000-6.000 neue Wohnungen in den nächsten Jahren entstehen sollen, 20% aller Wohnungen für Baugemeinschaften reserviert werden (siehe dazu auch das Interview mit Heike Opitz, Seite 5).

SCHWIERIGKEITEN IN DER UMSETZUNG

Diesen wohnungspolitischen Zielsetzungen bzw. Wünschen steht allerdings eine ganz andere schwierige Umsetzungsrealität entgegen. Insbesondere für kleingenossenschaftliche Baugemeinschaften ist es in den letzten Jahren sehr schwer, bzw. unmöglich geworden, sich an Grundstücksausschreibungen der Stadt zu beteiligen. Hintergrund dieser Schwierigkeiten sind die stark gestiegenen Bau- und Grundstückskosten und die damit zusammenhängenden Anforderungen an das nötige Eigengeld der kleinen Baugenossenschaften. Lagen vor vielen Jahren die notwendigen Eigenkapitalbeiträge pro Quadratmeter Wohnfläche bei den kleinen Genossenschaften zwischen € 200 und € 300 pro m² Wohnfläche, sind diese inzwischen auf weit über € 500 pro m² angestiegen. Die Zahl derjenigen Personen oder Haushalte, die solch hohe Eigenkapitalbeiträge aufbringen können, wird zunehmend geringer, zumal diese Haushalte auch nur über begrenzte Einkommen verfügen dürfen. Diese schwierige Situation hat Ende 2017 bereits dazu geführt, dass ein Baugemeinschaftsprojekt, das als Kleingenossenschaft gestartet ist, nur realisiert werden konnte, weil sich die Baugemeinschaft einer Traditionsgenossenschaft angeschlossen hat.

Vor dem Hintergrund dieser fast aussichtslosen Situation und der Tatsache, dass die letzten kleingenossenschaftlichen Baugemeinschaftsprojekte nur mit erheblichem Aufwand und diversen Sonderlösungen bei der Finanzierung umgesetzt werden konnten, hat STATTBAU Hamburg im Februar 2018 eine Versammlung zusammengerufen und danach der BSW Vorschläge für eine Neuausrichtung der Baugemeinschaftsförderung vorgelegt. Teilgenommen haben an dieser Versammlung neben den im kleingenossenschaftlichen Bereich tätigen Baubetreuer*innen auch viele Vertreter*innen von bestehenden und neuen Kleingenossenschaften und andere Unterstützer (Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), Patriotische Gesellschaft, Miethäusersyndikat, etc).

Das mit dem Gemeinschaftspreis 2017 ausgezeichnete Wohnprojekt Stadt-Land-Fluß in Ochsenwerder, unter dem Dach der Genossenschaft Wohnreform eG, Architektur Planerkolletiv (Foto: Planerkollektiv)

DIE GRÖSSTE HÜRDE: EIGENKAPITALQUOTEN

Hauptkritikpunkt der jetzigen Förderung war dabei, dass aufgrund des Systems der Pauschalförderung sämtliche Kostensteigerungen oder sonstige Verschlechterungen der Rahmenbedingungen (zum Beispiel Zinssteigerungen bei den KfW Krediten) immer nur mit einer Erhöhung des Eigengeldes ausgeglichen werden können. Auch ist in der jetzigen Förderung nicht berücksichtigt, dass die Grundstücke, die für Baugemeinschaften zur Verfügung gestellt werden, häufig nicht gerade einfach zu bebauen sind und dadurch viele grundstücksbezogene Sonderbaukosten hinzugerechnet werden müssen.

Deshalb wird gefordert, die notwendigen Eigenkapitalquoten wieder auf den alten Wert zurückzuschrauben und die Förderung durch höhere Baudarlehen oder Zuschüsse substanziell zu verbessern. Im Gegenzug dieser verbesserten Förderung sollen zusätzliche wohnungspolitische Leistungen vereinbart werden. Hierzu zählen eine Verlängerung der Bindungslaufzeit (30 Jahre oder länger), der Abschluss von Erbbaurechtsverträgen anstelle von Grundstücksverkäufen, Verpflichtungen sich an der Quartiersentwicklung aktiv zu beteiligen und Einkommensüberprüfungen häufiger durchzuführen, sowie generell die Bereitschaft, auch über die Förderungsdauer hinaus wohnungspolitische Leistungen anzubieten (zum Beispiel Verzicht auf Umwandlung in Eigentum, Einhaltung von Mietobergrenzen).

ZUKUNFTSPROJEKT: AUFBAU EINES SOLIDARFONDS

Ein weiterer wichtiger Vorschlag bei der Neuausrichtung der Baugemeinschaftsförderung ist die Einführung eines Solidarfonds für Baugemeinschaften. Hinter dieser Idee steckt die Erkenntnis, dass das Problem der Eigenkapitalbeschaffung für kleingenossenschaftliche Baugemeinschaften schon immer ein sehr großes war und dies wohl auch zukünftig so bleiben wird. Insofern wäre es wünschenswert, langfristig ein Finanzierungsinstrument aufzubauen, das hilfreich einspringen könnte. Deshalb soll bei einer Neuausrichtung der städtischen Förderung ein Finanzierungsbaustein eingebaut werden, der nach einer Anlaufphase der Projekte (nach 10 bis 15 Jahren), in denen die Finanzierung immer sehr eng ist, monatlich einen kleinen Betrag (pro m² Wohnfläche) in einen Fonds einfließen lassen soll. Mit diesem langfristig angelegten Geld sollen zukünftig neue Projekte unterstützt werden und die anfänglich höhere Förderung für Baugemeinschaftswohnraum würde damit – langfristig betrachtet – wieder in neue gemeinschaftliche Wohnformen zurückfließen können.

Zurzeit werden diese Vorschläge mit der zuständigen Fachbehörde diskutiert. Es hat im März und Juni 2018 bereits Gespräche gegeben und dabei auch konkrete Vorschläge, an einigen Punkten die Förderung neu zu gestalten. STATTBAU Hamburg hofft, dass schon zu den Wohnprojekte-Tagen im September 2018 konkrete Vorschläge veröffentlicht werden können. Ziel sollte es sein, die neuen Förderbedingungen schon für die aktuellen, in der Planung befindlichen Projekte anwenden zu können und darüber hinaus für die vielen zusätzlichen Projekte in den neuen Stadterweiterungsgebieten neue realistische Rahmenbedingungen vorgeben zu können. 

Dr. Tobias Behrens ist Geschäftsführer von STATTBAU Hamburg.

zuerst veröffentlicht: FreiHaus 23(2018), Hamburg