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Artikel Finanzierung/Förderung

Neuausrichtung der Baugemeinschaftsförderung

Weiterbearbeitet, aber noch nicht erledigt

*** von Tobias Behrens ***

Kleingenossenschaftliche Baugemeinschaften haben auf Grundlage der geltenden Förderrichtlinien kaum Realisierungschancen. Die Auseinandersetzung damit führt STATTBAU HAMBURG seit mehreren Jahren.

Bis zum Frühjahr 2019 fanden mehrere Gesprächsrunden innerhalb der kleingenossenschaftlichen Szene, der Baubetreuer und anderer Organisationen in Hamburg statt, in denen die Problematik der Förderung diskutiert und Lösungsvorschläge entwickelt wurden. Diese Vorschläge wurden intensiv mit der Baubehörde und der Investitionsbank diskutiert. Am 11. April 2019 wurde in einem abschließenden Gespräch bei der Baubehörde verkündet, welche konkreten Änderungen 2019 eingeführt werden sollen.

Da die großen Probleme der Finanzierung von öffentlich gefördertem Wohnungsbau nicht nur Baugemeinschaften in Hamburg betreffen, wurden viele Anpassungen der Fördertatbestände nicht nur für Baugemeinschaften, sondern auch für alle anderen Bauherren eingeführt.

VIELE NEUE ZUSCHUSSARTEN EINGEFÜHRT

Zu diesen Änderungen gehören eine Reihe von neuen Zuschuss-Tatbeständen für

  • längere Bindungszeiten (20 oder auch 30]ahre),
  • Kompaktwohnungen und Kompaktbauvorhaben (hiermit soll der Problematik Rechnung getragen werden, dass Bauvorhaben mit vielen kleinen Wohnungen pro Quadratmeter Wohnfläche viel teurer sind als normal große Wohnungen, die in der Wohnungswirtschaft mit ca. 75 m2 pro Wohneinheit angesetzt werden),
  • Begegnungsräumen,
  • CarSharing Stellplätze in Tiefgaragen.

ERHÖHUNG BESTEHENDER ZUSCHÜSSE

Die in den Förderrichtlinien bestimmten Mieterhöhungen von 0,30€/m2 alle zwei Jahre wurden auf 0,20€/m2 reduziert. Darüberhinaus wurden bestehenden Zuschussarten in der Höhe angepasst. Hierzu zählen: Aufzugsanlagen, Fahrradstellplätze, barrierefreie Wohnungen, Gemeinschaftsräume, Kfz Stellplätze in Tiefgaragen sowie besondere laufende Zuschüsse pro Quadratmeter Wohnfläche für die Unterbringung von vordringlich Wohnungssuchenden. Ebenso wurden die laufenden Zuschüsse pro Quadratmeter Wohnfläche für die Baugemeinschaften um 0,40€/m2 erhöht.

Eine weitere Verbesserung – die allerdings für viele Baugemeinschaften, die im Neubau bauen wollen und sich um städtische Grundstücke bemühen, nicht zum Tragen kommen wird – ist die Berücksichtigung von vorhandenen Grundstücken. Hier können zukünftig bis zu 1.024€/m2 Zuschlag zum Baudarlehen gewährt werden, wenn ein bereits vorhandenes Grundstück für den Bau von neuen Wohnungen herangezogen wird.

Die einzige, speziell auf die Situation der Baugemeinschaft zugeschnittene Änderung der Förderung 2019, liegt in der höheren Anerkennung der Grundstückskosten. Hier wurden in den Wirtschaftlichkeitsberechnungen bis 2018 maximal 50% der Grundstückskosten angesetzt.

Inzwischen können auch bei Baugemeinschaften – wie in allen anderen Förderprogrammen auch – bis zu 80% der Grundstückskosten in der Förderung angesetzt werden.

Nicht erhöht wurden allerdings die pauschalen Baudarlehen für die Baukosten. Diese liegen nach wie vor bei 1.100€ bzw. 1200€/m2 Wohnfläche.

ERBBAURECHTE KÖNNEN ERHEBLICHE ERLEICHTERUUNGEN BRINGEN

Die bedeutendste Erleichterung bei der Umsetzung kleingenossenschaftlicher Projekte liegt allerdings in der angestrebten Veränderung der Bodenpolitik. Dann soll es verstärkt möglich sein, Grundstücke im Erbbaurecht zu erwerben. Dieses bedeutet, dass im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsberechnung nicht mehr ein erheblicher Anteil der Gesamtkosten schon für den Grundstückserwerb aufgebracht werden muss, sondern der Preis für das Grundstück während der gesamten Laufzeit des Erbbaurechts gezahlt werden kann. Die Stadt Hamburg hat in den letzten Jahren ihre Zinssätze für Erbbaurechtsgrundstücke erheblich gesenkt. Zurzeit liegt der laufende Erbpachtzins bei 2% des Grundstückswerts, zukünftig soll er auf 1,7% gesenkt werden. Damit hat Hamburg deutschlandweit den günstigsten Erbpachtzins!

In der eingangs erwähnten Diskussion mit Baubehörde und Investitionsbank wurden Musterrechnungen vorgelegt, die von Gesamtkosten von 2.900€/m2 ausgehen (ohne Grundstückskosten). Unter dieser Voraussetzung wäre es dann möglich mit Kauf des Grundstücks auf Eigenkapital-Notwendigkeiten in Höhe von ca. 312€/m2 Wohnfläche zu kommen. Bei einer Erbbaurechtslösung wäre die Höhe des aufzubringenden Eigenkapitals noch geringer. Allerdings sind die Rahmenbedingungen aus Sicht der Baubetreuer nicht mehr realistisch: Schon Mitte 2019 waren die Baukosten in einem ständig steigenden Aufwärtstrend. Projekte, die jetzt in diese Realisierung gehen, müssen eher mit Baukosten von 3.500€/m2 rechnen. Da die Förderung der IFB aber grundsätzlich mit Pauschalen rechnet, müssen höhere Baukosten mit zusätzlichem Eigengeld ausgeglichen werden und das Ziel, die Hürden durch ein geringeren Eigengeldanteil zu senken, würde nicht erreicht werden.

GRUNDSTÜCKSBEDINGTE MEHRKOSTEN, INSTANDHALTUNGSPAUSCHALEN UND SOLIDARFOND NOCH UNGEKLÄRT

Außerdem gibt es bisher noch kein funktionierendes Verfahren, wie die grundstücksbedingten Mehrkosten in die Förderung eingebaut werden können. Viele Baugemeinschaftsgrundstücke sind mit erheblichen Belastungen durch schwierige Boden- oder Grundstücksverhältnisse belastet, die zu immer höheren Gesamtbaukosten führen. Hier ist eine individuelle Betrachtung des einzelnen Grundstücks notwendig!

Ein weiterer Punkt, der bei der Förderung von Baugemeinschaften, aus Sicht der Baubetreuer noch nicht gelöst ist, ist die Höhe der Instandhaltungskosten. Hier geht die Musterberechnung der Investitionsbank von sehr geringen pauschalen Werten pro Quadratmeter aus. Diese liegen zurzeit bei 5€/m2 pro Jahr. Andere Empfehlungen aus der Wirtschaft, bzw. Anforderung von Banken gehen eher von 10€/m2 aus, die Bauherren zurücklegen sollten, um ihre Gebäude langfristig instand zu halten. Gerade für kleine Genossenschaften, die nicht auf Entschuldungsgewinne aus anderen Objekten zurückgreifen können, ist für die langfristige Stabilität eine realistische Instandhaltungsrücklage notwendig, um nicht in wirtschaftliche Schieflage zu geraten!

Auch die Idee, der Einrichtung eines Solidarfonds, ist noch nicht geregelt! Dieser sollte ins Leben gerufen werden, um für zukünftig entstehende Projekte bei der Eigenkapitalbeschaffung unterstützen zu können. Dafür würden von bestehenden und zukünftigen Projekten monatlich kleine Beiträge erhoben werden. Hier gab es auf Seiten der Baubehörde eine Reihe von rechtlichen Bedenken, die nur durch eine intensivere Prüfung der Sachverhalte ausgeräumt werden könnten. Doch dazu bedarf es eines klaren politischen Auftrags, der zurzeit nicht vorliegt, aber vielleicht in der nächsten Legislaturperiode hergestellt werden kann.

ANPASSUNG DER FÖRDERUNG MUSS WEITERGEHEN

Insgesamt waren die Diskussion über eine Neuausrichtung der Baugemeinschaftsförderung mit der Baubehörde hilfreich. Allerdings müssen weitere Anpassungen umgesetzt werden, denn die Baukosten steigen weiter rasant an. Durch die derzeit bestehende Systematik der Förderung würden das dann immer zwangsläufig zu steigenden Eigengeldaufwendungen führen. Diese Zwangsläufigkeit muss verhindert werden, um das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel, möglichst 50% der Baugemeinschaften in kleingenossenschaftliche Strukturen zu entwickeln, erfolgreich umzusetzen.

Tobias Behrens ist Geschäftsführer von STATTBAU Hamburg GmbH. STATTBAU Hamburg begleitet seit 35 Jahren kleingenossenschaftliche Projekte in Hamburg als Baubetreuer.

zuerst veröffentlicht: FreiHaus 24(2019), Hamburg