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Artikel Klimaschutz/Mobilität

Passivhäuser im Praxistest

Eine Studie aus Hamburg

*** von Manfred Gerber ***

In den letzten Jahren sind in Hamburg vermehrt Passivhausprojekte verwirklicht worden. Um die Erfahrungen, die bei diesen Projekten gemacht wurden, für künftige Projekte zugänglich zu machen, hat die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) auf Anregung der ZEBAU GmbH und der STATTBAU Hamburg GmbH in Zusammenarbeit mit dem Passivhausinstitut (PHI) eine Studie zur Evaluierung der in Hamburg gebauten Passivhäuser in Auftrag gegeben. Diese wurde im Juli 2010 nun der Öffentlichkeit präsentiert.

In den Jahren 2002 bis 2008 wurden in Hamburg insgesamt 8 Mehrfamilienhäuser und eine Reihe von Einzelhäusern – insgesamt 165 Wohnungen in Passivhausbauweise – errichtet.

Was ist denn nun das besondere an einem Passivhaus?

Das Passivhaus ist ein Gebäudestandard mit sehr geringem Energieverbrauch. Das Passivhauskonzept wird funktional und klimaunabhängig folgendermaßen definiert:

  • Ein Passivhaus ist ein Gebäude, in dem die thermische Behaglichkeit [DIN EN ISO 7730] allein durch Nachheizen oder Nachkühlen des Frischluftvolumenstroms, der für ausreichende Luftqualität erforderlich ist, gewährleistet werden kann. [Feist 2007]
  • Dies ist dann der Fall, wenn die Heizlast auf 10 W pro m2 Wohnfläche begrenzt werden kann. In Mitteleuropa führt dies auf einen Heizwärmebedarf von maximal 15 kWh/ (m2a) – dies entspricht einer Einsparung von drei Vierteln gegenüber dem heute gültigen Standard und mindestens 90 % Einsparung bezogen auf den Bestand.

Eine weitere Senkung des Heizenergiebedarfs ist mit hohen Investitionskosten verbunden, die sich aus der Energieeinsparung nicht mehr refinanzieren. Er ist aber bereits so gering, dass eine Restheizung mit Glühlampen möglich wäre – der Heizenergiebedarf liegt nur noch in einer Größenordnung der Abwärme von Personen und Geräten, ohnehin vorhandenen inneren Wärmequellen. Je ineffizienter die Geräte, desto geringer der Heizenergieverbrauch – dies zeigt, dass sich die Energieströme im Haus nicht mehr klar trennen lassen. Für die Bewertung der energetischen Effizienz reicht damit die Bewertung der Wärmeseite nicht aus. Die Gesamtanforderung wird daher beim Passivhaus an den gesamten Primärenergiebedarf gestellt – einschließlich Strom. Die Grenze für den Passivhausstandard liegt bei 120 kWh/(m2a).

Ziel der Untersuchung war es,

  • Daten zu den 8 Mehrfamilienhäusern und zum Energieverbrauch zu erheben und auszuwerten,
  • die Bewohner zu ihren Erfahrungen und der Zufriedenheit mit dem Passivhaus zu befragen,
  • aus den Ergebnissen und Erfahrungen zu lernen, um für nachfolgende Projekte die Potentiale dieses zukunftsfähigen Konzepts optimal nutzen zu können.

Insgesamt ergibt sich ein Mittelwert der Endenergie für Heizung und Warmwasserverbrauch, inkl. Umwandlung, Speicherung und Verteilung, ein Wert von 56 kWh/(m2a). Damit wird im Vergleich zum Standard-Neubau ein hervorragendes Ergebnis erzielt. Die untersuchten Gebäude benötigen im Mittel deutlich weniger Energie für alle thermischen Anwendungen zusammen als durchschnittliche Niedrigenergiehäuser allein für die Heizwärme verbrauchen.

Die gemessenen Heizwärmeverbräuche liegen im Mittel etwas höher als sie laut Passivhaus Projektierungspaket (PHPP) sein dürften.

Die Auswertung der untersuchten Projekte liefert Hinweise, woraus der Mehrverbrauch resultiert.

  • Die Bewohner stellen gegenüber der vom Planer angenommenen Projektierung höhere Temperaturen ein. Diese haben bei Passivhäusern einen (auf einer relativen Basis) hohen Einfluss auf den Heizwärmeverbrauch und sind nachgewiesenermaßen die wichtigste Determinante der Nutzerstreuung.
  • Bei einem der untersuchten Projekte (mit dem dritthöchsten Verbrauch) liegt zum Teil eine Sondernutzung vor. Diese hat nachweislich eine höhere Raumlufttemperatur und einen höheren Warmwasserbedarf zur Folge.

Insgesamt zeigen die Daten aber, dass die Passivhäuser funktionieren und von ihren Nutzern akzeptiert werden. Lebensqualität und Zufriedenheit der Nutzer sind trotz einzelner, berechtigter Kritiken gut. Die Mehrzahl der Nutzer wohnt gerne in ihrem Passivhaus und würde sich wahrscheinlich wieder so entscheiden. Obwohl das Verhalten der Nutzer teilweise stark differiert, ist keine Beeinträchtigung des Systems Passivhaus zu erkennen. Bei entsprechender Einweisung ist weder ein besonderer Typus Nutzer noch entsprechendes technisches Verständnis notwendig. Das Passivhaus eignet sich also nach diesem Ergebnissen auch für die Realisierung in einem größeren Marktsegment.

Die Studie wird von der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU), Abt. Energieeffizientes Bauen, unter www.klima.hamburg.de/info veröffentlicht. Die Hamburger Förderprogramme für Klimaschutz und Energieeffizientes Bauen werden von der Hamburgischen Wohnungsbaukreditanstalt angeboten und durchgeführt – www.wk-hamburg.de.

Manfred Gerber ist Architekt und von der WK anerkannter Qualitätssicherer für die Förderprogramme zum Energieeffizienten Bauen.

zuerst veröffentlicht: FreiHaus 17(2010), Hamburg