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Artikel Wohnprojekte für besondere Zielgruppen

Wie bleiben Wohnstifte zukunftssicher?

Interview mit Mechhild Kränzlin und Christina Baumeister, Sprecherinnen für das Hamburger Bündnis für Wohnstifte

*** Gesprächsführung: Sabine Natebus ***

Hamburgs Wohnstifte leisten einen sehr wichtigen Beitrag für die Versorgung mit günstigem Wohn­raum und sozialen Angeboten in der Stadt. Es gibt mehr als 100 dieser traditionsreichen, sehr kost­baren Einrichtungen. Davon haben sich mittler­weile schon mehr als 40 Stiftungen mit zirka 5000 Wohnungen dem Hamburger Bündnis für Wohn­stifte angeschlossen. Wir haben nachgefragt bei den Bündnis-Sprecherinnen Mechthild Kränz­lin, Vorstand Homann-Stiftung, und bei Christina Baumeister, Geschäftsführerin Alida Schmidt- Stiftung, um mehr über die stadtaktuellen Ent­wicklungen zu erfahren.

Warum haben Sie das Hamburger Bündnis für Wohnstifte 2019 gegründet?

Mechthild Kränzlin: Als ehemalige Vorsteherin der Amalie Sieveking-Stiftung lernte ich das Wohl und Weh der Wohnstiftungen von innen kennen und sah ähnliche Herausforderungen bei den Kolleg*in­nen. Immer hat mich gewundert, dass diese über­wiegend im Gemeinwohl gebundenen Einrichtungen nicht viel mehr kooperieren. Nirgendwo sonst gibt es in Deutschland diese ausgeprägte Kultur der Sorge zum Thema Wohnen, deren Wurzeln bis ins Mittel­alter reichen – sie sind eine echte Hamburgensie!

Nachdem ich in den Vorstand der Homann-Stif­tung wechselte, konnte ich weitere Einblicke in die Bedarfslage der Wohnstiftungen sammeln und för­dernd zu ihrem Erhalt beitragen. Große Themen geht man besser mit Verbündeten an: STATTBAU HAM­BURG GmbH und die Patriotische Gesellschaft von 1765 und die Homann-Stiftung haben sich sehr gut mit ihren jeweiligen Expertisen ergänzt. Gemeinsam haben wir zunächst die Initiative Perlen polieren für den Erhalt der Hamburger Wohnstiftungen ge­gründet.

Als die Behörde für Stadtentwicklung und Woh­nen unter ihrem Dach eine Koordinierungsstelle Wohnstifte einrichtete, war das ein schöner Erfolg. Er zeigte, dass wir die Rolle der Wohnstifte für den so dringend benötigten, bezahlbaren Wohnraum in Hamburg deutlich machen konnten. Gemeinsam mit den Vertreter*innen der bis dahin an der Initiative beteiligten Wohnstiften haben wir unsere – bei allen Unterschieden – gemeinsamen Ziele formuliert, uns auf eine Strategie verständigt und das Hamburger Bündnis für Wohnstifte gegründet – als ein starkes Netzwerk und Gegenüber für Vertreter*innen in Poli­tik und Verwaltung.

Was konnte mit gebündelter Kraft bisher schon alles auf den Weg gebracht werden?

Christina Baumeister: Die Wohnstiftungen wer­den in Hamburg endlich als wichtige Akteurinnen wahrgenommen und gehört. Unsere besonderen In­teressen und Rahmenbedingungen werden durch die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) sowie die IFB Hamburg gesehen und immer stärker berücksichtigt.

Um uns zu unterstützen, hat die BSW in 2021/2022 eine Reihe von Informationsver­anstaltungen exklusiv für die Hamburger Wohn­stifte durchgeführt. Themen waren unter anderem die Förderrichtlinien der IFB, Denkmalschutz, Im­mobilienbewirtschaftung sowie das Thema Nach­verdichtung auf vorhandenen Stiftsgrundstücken im Zusammenhang mit dem Baulandmobilisierungs­gesetz. Um Stiftungs-Projekte zur Nachverdichtung zu unterstützen, fördert die BSW Planungsskizzen mit einer kleinen Zuwendung. Ganz konkret besteht außerdem die Aussicht, dass ein städtisches Grundstück für ein neues Stifts­viertel in Wilhelmsburg zur Verfügung gestellt wird.

Welchen Nutzen haben die Stifte von einer Mit­gliedschaft im Bündnis?

Christina Baumeister: Entscheidend sind für mich der kollegiale Austausch mit Stiftungsver­treter*innen, die vor denselben Herausforderungen stehen wie wir, und die gemeinsame Vertretung unserer Interessen gegenüber der Freien und Hanse­stadt Hamburg. Mit Sabine Natebus, die wir zum April 2023 als festangestellte Mitarbeiterin in der Geschäftsstelle für das Bündnis gewinnen konnten, haben die Mit­glieder eine kompetente Ansprechpartnerin, die Fra­gen entweder direkt beantwortet oder im Netzwerk Unterstützung findet.

Gewünscht ist, dass sich die Mitglieder aktiv ins Netzwerk einbringen – welche Möglichkeiten gibt es hierfür?

Christina Baumeister: Die Mitwirkung der Bünd­nismitglieder ist zum einen in den halbjährlich statt­findenden Versammlungen möglich und zum ande­ren in den themenspezifischen Veranstaltungen, die wir seit 2023 als Bündnis selbst durchführen. Hier informieren Mitglieder über Themen wie Stiftungs­kooperationen oder Kommunikation mit Mieter*in­nen und tauschen ihre Erfahrungen aus. Alle Mit­glieder sind herzlich eingeladen, sich hier als Refe­rent*innen mit ihrem Know-how zur Verfügung zu stellen. Auch die Arbeitskreise im Bündnis bieten die Möglichkeit, sich aktiv zu beteiligen.

Blicken wir gemeinsam in die Zukunft, wo soll das Hamburger Bündnis für Wohnstifte Ihrer Meinung in drei Jahren stehen?

Mechthild Kränzlin: Wir sind sehr zuversichtlich, dass ein breiter, auf Dauer angelegter Zusammen­schluss vieler und unterschiedlicher Akteur*innen öffentlich Einfluss nehmen und für bessere Be­dingungen der gemeinnützigen Wohnstifte sorgen wird.

Christina Baumeister: 2026 hat das Bündnis mehr als 50 Mitglieder und wird reguläres Mitglied im Bündnis für das Wohnen Hamburg!


Christina Baumeister, Sprecherin für das Hambur­ger Bündnis für Wohnstifte

Mechthild Kränzlin, Sprecherin für das Hamburger Bündnis für Wohnstifte

Sabine Natebus, Geschäftsstelle des Hamburger Bündnis für Wohnstifte

Hamburger Bündnis für Wohnstifte

Das Hamburger Bündnis für Wohnstifte wurde 2019 gegründet mit dem Ziel, die traditionsreichen Wohn­einrichtungen in der Stadt zu erhalten und zukunfts­sicher weiterzuentwickeln: für eine soziale Wohn­raumversorgung in Hamburg und im Sinne der je­weiligen Stiftungsziele. Bereits 46 große und kleine Stiftungen haben sich dem Bündnis angeschlossen, und es werden immer mehr, um gemeinsame Aktivi­täten zu starten, neue Perspektiven zu erarbeiten und zu verbreiten. Konkrete Themen sind Neubau und Modernisierung, Barrierefreiheit und Denkmal­schutz, soziale Angebote und zeitgemäße Wohn­formen. Die Wohnstifte in Hamburg leisten einen wichtigen Beitrag für die Versorgung mit günstigem Wohnraum und sozialen Angeboten und dienen dem Gemeinwohl. Die Geschäftsstelle des Hamburger Bündnis für Wohnstifte ist folgerichtig bei der STATT­BAU HAMBURG Gemeinwohl gGmbH angesiedelt.

www.hamburger-wohnstifte.de

 

 

zuerst veröffentlicht: FREIHAUS 27(2023), Hamburg