*** Nicola Simon ***
Die STATTBAU HAMBURG unterstützt bereits seit 1985 viele verschiedene Gruppen in ihren Vorhaben, gemeinschaftlich zu wohnen und alternative Wohnformen umzusetzen. Der ursprüngliche Fokus auf Altbau-Sanierungen hat sich aufgrund fehlender Objekte schon in den 90er Jahren verlagert: Seitdem betreuen wir neben sozialen Auftraggeber*innen, wie Stiftungen, Kirchen, Non-Profit-Initiativen und sozialen Trägern vor allem Baugemeinschaften in der Realisierung ihrer kreativen und gemeinwohlorientierten Wohn-Ideen in Neubauprojekten.
Dabei spielt das Leben in Gemeinschaft nach wie vor eine tragende Rolle.
Ein großes Quartiersentwicklungsprojekt beschäftigt derzeit die Hamburger Baugemeinschaftslandschaft, also auch die STATTBAU HAMBURG und ihre Baugemeinschaften/Bauherrinnen: In dem von der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) ausgeschriebenen Entwicklungsprojekt „Sprung über die Elbe“ werden unter anderem in Wilhelmsburg großflächig Quartiere (um-)gebaut. Die IBA Hamburg GmbH (IBA) ist dabei federführend in der Koordination des Gesamt-konzeptes zuständig und legt darin Wert auf die soziale, ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit. Dazu tragen unter anderem auch die vielen vorgesehenen Baugemeinschaftsprojekte bei!
Doch inwiefern wird dabei „Wohnen bleiben im Quartier“ befördert? Zuerst einmal haben wir festgestellt, dass in den Baugemeinschaften, die in den Wilhelmsburger Quartieren geplant werden, schon jetzt sehr viele Wilhelmsburgerinnen teilhaben. Dies war eine bewusste Entscheidung der Bau-gemeinschaftsmitglieder: in Wilhelmsburg leben und dort auch
das Quartier gestalten, sowie die eigene Lebenssituation im Quartier anzupassen.
Außerdem bieten die Baugemeinschaften bereits durch ihren Charakter als Planungsgemeinschaft eine gute Grundlage, um die Quartiere nachhaltig zu vernetzen und als Knotenpunkte zu agieren. Bereits weit vor Baubeginn strecken die Gruppen ihre Fühler aus und sind zum Bezug ihres Hauses stark vernetzt mit den Nachbarinnen im Baufeld und weit darüber hinaus. Das zeigt sich beispielsweise auch in der Integration von lokalen Gewerbe-treiberinnen aus dem Viertel in die Projekte: der lokale Kiosk-Besitzer und Fahrradladen werden beispielsweise in ein Projekt einziehen. Ein anderes Projekt, die „Utopie Fensterbank“, wird hauptsächlich ein Zuhause für vordringlich Wohnungssuchende bieten und arbeitet dafür mit selbstorganisierten Vereinen und Gruppen aus dem Viertel zusammen. Normalerweise bringen in Baugemeinschaften die zukünftigen Bewohner*innen das Geld für das Eigenkapital selbst mit. Da es sich im Fall der Utopie Fensterbank um Menschen mit wenigen bis gar keinen finanziellen Ressourcen handelt, ist das Projekt auf Direktkredite von solidarischen Menschen angewiesen. Mehr Informationen zur Finanzierung und zum Projekt gibt es unter: www.likedeelerei.org/neubau-utopie-fensterbank/
Auch baulich setzen die Wilhelmsburger Bauprojekte auf Nachhaltigkeit: Nicht nur werden – soweit möglich – nachhaltige Baumaterialien verwendet, sondern auch durch flexibel anpassbare Grundrisse und Konzepte wie Schaltzimmer und wechselnd bewohnte Studios können sich verändernde Lebensumstände im Bestand angepasst werden.
Außerdem werden die meisten Baugemeinschaftsprojekte über Gemeinschaftsräume verfügen, welche teilweise auch über das Projekt hinaus zugänglich gemacht werden und somit Infrastrukturen für Anwohnerinnen bieten.
Für die Wilhelmsburger Gemeinschaft wird derzeit sogar sehr intensiv an der Rechtsform einer Dachgenossenschaft gearbeitet. Dadurch steht nicht nur eine solidarische Querfinanzierung unter den Projekten offen, sondern auch eine langfristige Perspektive für die Umsetzung von Ideen zum „Wohnen bleiben“ im Viertel. Kurzum: die Baugemeinschaften und ihr Zusammenschluss bieten eine gute Grundlage, um verschiedenste Akteurinnen im Quartier zusammen zu bringen und liefert Anreize, im Viertel wohnen zu bleiben.
Wir von der Baubetreuung bei der STATTBAU HAMBURG unterstützen derzeit sechs geförderte Baugemeinschaften und eine freifinanzierte in der Planung und Umsetzung ihrer Bauvorhaben im Wilhelmsburger Rathausviertel und im Elbinselquartier. Durch die Förderung werden die Mieten über einen Zeitraum von mindestens 30 Jahren sozialverträglich gehalten und bieten auch nach 30 Jahren ein Mietniveau, dass das Wohnen bleiben ermöglicht.
Nach einer sehr langen Verzögerung in den BPlan-Verfahren, die zu einem 1,5-jährigen Planungsstillstand führte, können die Projekte nun – hoffentlich – mit neuer Energie an die Arbeit gehen: ab Herbst 2024 nehmen wir gemeinsam mit den Gruppen (wieder) richtig Fahrt auf.
Auch wenn wir gemeinsam mit allen Beteiligten vorfreudig auf die kommenden Jahre blicken, prägen nach wie vor die verschiedenen Probleme der Bauwirtschaft jegliche Bauprojekte. Die steigenden
Baukosten stellen vor allem Baugemeinschaften vor große Unsicherheiten. Die Bauverzögerungen tun dabei ihr Übriges. Mit klarem Ziel vor Augen versuchen wir die Gruppen zu unterstützen und gemeinsam die tollen Ideen umzusetzen. Die derzeitig wirklich guten Förderbedingungen der Hamburgischen Investitions- und Förderbank (IFB) helfen dabei sehr. Ausblickend freuen wir uns auf gelungene Baugemeinschaftsprojekte in Wilhelmsburg und darüber hinaus, welche hoffentlich lange zum Gemeinschaftsgefühl und Wohnen bleiben im Quartier beitragen werden.