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Artikel Bodenpolitik/Grundstücke

Grundstücks-vergabeverfahren nach Konzeptqualität

Das aufwendige aber sinnvolle Verfahren für die Grundstücksvergabe soll verschlankt werden

*** von Antonia Schulitz ***

2010 wurde in Hamburg die Vergabe städtischer Grundstücke für den Geschosswohnungsbau nach Konzeptqualität eingeführt. Die Stadt Hamburg war damit ein Vorreiter bei der Abkehr vom vorher üblichen Höchstgebotsverfahren.

WAS SIND KONZEPTAUSSCHREIBUNGEN?

Konzeptausschreibungen sind in Hamburg ein mittlerweile gut angenommenes Instrument zur Grundstücksvergabe. Sie haben zu einer deutlichen Verbesserung bei der Erreichung wohnungspolitischer Ziele geführt und die Passgenauigkeit architektonischer, städtebaulicher sowie sozialer Konzepte erhöht. Mit dem Neuabschluss des Bündnisses für das Wohnen in Hamburg in der 21. Legislaturperiode hat sich die Stadt verpflichtet, jährlich Grundstücke für 2.000 Wohnungen per Konzeptvergabe zu veräußern.

Der Anteil für das inhaltliche Konzept wird mit 70% (700 Punkte), der Kaufpreis mit 30% (300 Punkte) bewertet. Die konzeptionellen Kriterien setzen sich zusammen aus je 40% (280 Punkte) wohnungspolitischen und städtebaulichen Kriterien und 20% (140 Punkte) energetischen Kriterien. Zwischen 2010 bis Ende 2016 konnten über Konzeptausschreibungsverfahren 92 Grundstücke mit einem Volumen für ca. 5.000 Wohnungen disponiert, anhandgegeben oder veräußert werden.

KONZEPTVERGABE IST IN DIE KRITIK GERATEN

Das Vergabeverfahren wurde und wird als lernender Prozess verstanden, der nie stagniert. Da Grundstücksentwicklungen zum Teil sehr komplex sind, waren die Anforderungen der Ausschreibungen gelegentlich sehr hoch.

Das führte in der Folge dazu, dass das zunächst von der Wohnungswirtschaft positiv bewertete Verfahren in die Kritik geriet. Von unterschiedlichen Seiten werden die Konzeptausschreibungen als überfrachtet bezeichnet und eine Vereinfachung der Bewertungskriterien gefordert. Gleich zeitig gibt es Kritik an den festgelegten Kriterien, da sie die Bewertung berechenbar machen würden und letztendlich nur der gebotene Grundstückspreis ausschlaggebend sei. Zudem ist angesichts der Anzahl der geforderten Ausschreibungen zu prüfen, wie das Verfahren beschleunigt und verschlankt werden kann.

VORSCHLÄGE ZUR NEUAUSRICHTUNG

Zur Neuausrichtung der Konzeptausschreibung wurde von der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen gemeinsam mit dem Landesbetrieb für Immobilienmanagement und Grundvermögen und den sieben Hamburger Bezirken ein Vorschlag unterbreitet. Dieser ist bereits mit den wohnungswirtschaftlichen Verbänden vorabgestimmt. Ziele sind die Vermeidung von Überfrachtungen und die Anerkennung von inhaltlichen (innovativen) Konzepten sowie eine Verkürzung der Verfahrensdauer. Die bewährte Aufteilung der Punkte wird auch künftig beibehalten.

Bei den wohnungspolitischen Zielsetzungen soll der Anteil öffentlich geförderter Wohnungen in der Regel 30% betragen. Er kann jedoch lageabhängig auch höher oder niedriger liegen. Außerdem kann ein Anteil Wohnungen für vordringlich Wohnungssuchende oder eine besondere Zielgruppe gefordert werden (z. B. Wohn-Pflege-Gemeinschaft, ehemalige Bewohnerinnen von Frauenhäusern, Baugemeinschaft). Um die Bewertung praktikabler durchzuführen, wurde ein Katalog von Bausteinen entwickelt. Zukünftig werden in jeder Ausschreibung „besondere Angebote“ bewertet, bei denen Bieter eigene innovative Konzepte vorschlagen können.

Bei den städtebaulichen Bewertungskriterien wird ausgewählt zwischen den zwei Grundbausteinen „ohne Wettbewerb“ und „mit Wettbewerb“. Im Verfahren mit Wettbewerb soll in der Regel ein Gutachterverfahren mit drei Teilnehmern als zwingend gesetzt werden. Besser bewertet werden Verfahren mit mehr Teilnehmern sowie die Durchführung eines Wettbewerbs. Auch im Städtebau können künftig Punkte für besondere Angebote vergeben werden (z. B. Mobilitätskonzept, Nutzungskonzept, Beteiligungsverfahren).

Außerdem hat die Behörde für Umwelt und Energie die Bewertung der Punkte für Energieeffizienz und Nachhaltigkeit leicht angepasst. Hauptziel ist die Reduzierung von CO2-Emissionen. Neu ist die Punktevergabe für konstruktiven Holzbau sowie das KfW-Effizienzhaus 40 Plus.

Alle Beteiligten verpflichten sich dazu, die Gesamtheit der Anforderungen zielgerichtet zu reduzieren. Insbesondere darf die Reduzierung der zu bepunktenden Bausteine nicht dazu führen, dass die Pflichtvorgaben erhöht werden.

FAZIT

Das bereits heute praktizierte Verfahren ist sinnvoll und solide. Eine stärkere Fokussierung und Verschlankung ist, wie oben ausgeführt, in einigen Punkten notwendig. Bewährt hat sich die Einbindung der wohnungspolitischen Verbände in das Verfahren.

Stadtentwicklung und damit Grundstückspolitik sind komplexe Verfahren, bei denen die Abwägung unterschiedlicher Interessen notwendig ist. Jedes Grundstück mit seinem Umfeld ist individuell, so dass die Anforderungen passgenau ausgehandelt werden müssen. Aus diesem Grund bedürfen Konzeptausschreibungen einer sorgfältigen Vorbereitung, Durchführung und Bewertung. Die bisherigen Ergebnisse zeigen jedoch eindeutig den Erfolg des Modells und rechtfertigen damit den erhöhten Aufwand. 

Antonia Schulitz, Stadtplanerin, ist seit Juni 2017 Mitarbeiterin der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen, Agentur für Baugemeinschaften und war zuvor beim Bezirksamt Bergedorf in der Stadtplanung tätig.

zuerst veröffentlicht: FreiHaus 22(2017), Hamburg