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Artikel Wohnprojekte für besondere Zielgruppen Wohnprojekte Hamburg

Ein Beginen – Projekt in Hamburg

*** von Britta Becher ***

Nach der Vorstellung des Bremer Beginenhof- Modells bei den Hamburger Wohnprojektetagen im November 1999 gründete sich spontan ein Kreis von interessierten Frauen, die ein ähnliches Projekt in Hamburg realisieren möchten. Eine Aufforderung an Interessierte zum Mitmachen.

Nach dem Vorbild der historischen Beginen, die im Mittelalter in religiösen Frauen-Gemeinschaften zusammenlebten, soll ein Projekt, das Wohnen und Arbeiten für Frauen innerhalb demokratischer, selbst organisierter Strukturen verbindet, entstehen. Die Beginen waren alleinstehende Frauen, die ihr Leben nicht in einem Kloster, aber auch nicht in ihrer Familie verbringen konnten oder wollten. Viele waren Witwen oder jüngere Töchter reicher Kaufleute, die von ihren Familien in die Beginenhöfe „eingekauft“ wurden, damit sie ohne zu heiraten anständig untergebracht waren. Sie arbeiteten im Rahmen der Beginenhöfe für ihren Lebensunterhalt z.B. als Handwerkerinnen und Krankenpflegerinnen. Am bekanntesten sind die bis heute als Bauwerke erhaltenen Beginenhöfe in Brügge und Amsterdam.

Projektideen

Heute findet eine Neuinterpretation der Beginenkultur statt. In vielen Städten entstehen Beginenprojekte, -genossenschaften, und -initiativen mit unterschiedlichen Schwerpunkten: Wohnraumversorgung, Existenzgründung und Arbeitsplätze für Frauen, Bildung und Kultur.

Die Hamburger Neu-Beginen haben Großes vor: Es soll eine Mischung von Miet- und Eigentumswohnungen und ein Mix von Wohnraum, Gewerberäumen sowie Platz für Kultur und Begegnung entstehen. Es wird kleine Wohnungen für Einzelpersonen und größere Wohnungen für Wohngemeinschaften und Frauen mit Kindern geben. Die Hamburger Beginen sind eine bunte Ansammlung von Frauen verschiedenen Alters mit jeweils eigenen Vorstellungen und unterschiedlichen Wohnbedürfnissen. Wohnrecht sollen ausschließlich Frauen haben, Gestaltungs- und Mitspracherechte sind ausschließlich für die Bewohnerinnen und Nutzerinnen des Projekts vorgesehen.

Die Wohnungen sollen behindertenfreundlich bzw. altengerecht errichtet werden, einige Wohnungen werden rollstuhlgerecht sein und möglichst ohne Wohngifte und allergieauslösende Baustoffe erstellt werden.

Auch Gewerberäume werden geplant: für Dienstleistungsbetriebe, ein Café, ein Kulturzentrum, ein Frauenhotel und vieles mehr, wofür sich Betreiberinnen finden. Für die gewerbetreibenden Frauen bzw. Frauenprojekte können hier Räume entstehen, die auf ihre Anforderungen zugeschnitten sind. Darüber hinaus ermöglicht die Nähe zu anderen Betrieben Netzwerke, der Zusammenhang mit anderen Betrieben schafft Synergieeffekte durch gemeinsame Nutzung von Räumen und Infrastruktur, z. B. Kantine oder Büroorganisations- Service.

Vielfalt und Gemeinsamkeiten

Es soll ein größeres Projekt mit rund 50 Wohnungen werden. Ein geeignetes Grundstück wird gesucht. Grün und in zentraler Lage und „möglichst mit Meeresblick“ ,was heißt: Auf jeden Fall mit HVV bzw. S-Bahn-Anschluss. Diese Widersprüche heißen mit Sicherheit, dass nicht alle Wünsche berücksichtigt werden können. Das Vorgehen des Beginen-Projekts ist: Wünsche formulieren, gemeinsame Vorstellungen entwickeln und prüfen, was realisierbar ist. In der Anfangsphase sind noch viele Fragen vor allem hinsichtlich Organisationsstruktur und Finanzierung offen. Wichtig ist, dass das Beginen -Projekt von den Frauen lebt und gestaltet wird, die als zukünftige Nutzerinnenoder als Unterstützerinnen ihre Vorstellungen, ihre Energie und nicht zuletzt ihr Geld einfließen lassen.

Der Initiativkreis für ein Beginen-Projekt in Hamburg trifft sich einmal monatlich mittwochs im Treffpunkt St. Georg, Zimmerpforte 8 (Eckgebäude am Hansaplatz) , 20099 Hamburg. Das nächste Treffen ist am 12.7.2000 um 19.00 Uhr. Kontakt: Britta Becher, Stattbau Hamburg GmbH

Britta Becher ist Mitarbeiterin der STATTBAU HAMBURG und organisiert die bisherigen Treffen der Hamburger Beginen.

Zuerst veröffentlicht: Freihaus 6(2000), Hamburg