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Wohnen in Wulfsdorf

*** von Matthias Farr ***

Auf den Wohnprojektetagen 1999 wurde ein Projekt vorgestellt, das vielseitiges Interesse weckte. Und das trotz seiner Stadtrandlage und seines kopflastigen Titels: „Wohnen und Arbeiten, Pädagogik und Forschung in Wulfsdorf“. Was verbirgt sich dahinter?

Im Stadtrandgebiet von Hamburg, zwischen Volksdorf und Ahrensburg, unweit der U-Bahnstation Volksdorf und Buchenkamp U1 und B 75, liegt das ländliche Wulfsdorf. Hier – in unmittelbarer Nähe zum Demeter-Hof Gut Wulfsdorf und zum Haus der Natur des Vereins Jordsand – soll das auf einem 6,5 ha großen Areal gelegene „Ausbildungszentrum Wulfsdorf“ (AZW) vom bisherigen Träger, der Stadt Hamburg, geschlossen und verkauft werden. Bisher durchliefen Jugendliche im „AZW“ in verschiedenen Werkstätten circa zehn handwerkliche Ausbildungsberufe. Neben den Wohn- und Werkstattgebäuden gehören eine Kindertagesstätte, eine Sport- und Mehrzweckhalle, eine Kantine und ein Sportplatz zum Bestand des Geländes.

Anders wohnen zwischen Stadt und Land

In enger Abstimmung mit der Stadt Ahrensburg und finanziell unterstützt durch das Ministerium für Frauen, Jugend, Wohnungs- und Städtebau Schleswig-Holstein haben wir ein zukünftiges Nutzungskonzept erstellt. Wir, das ist eine bewusst noch klein gehaltene GbR aus vier Menschen, die Ideen entwickelt und zusammen mit der Hamburger Architektin Iris Neitmann und der Conplan Lübeck (Projektberatung Volker Spiel) die Kaufgespräche vorantreibt und eine Interessentenkartei aufbaut.

Grundidee unseres Konzeptes ist eine dorfähnliche, „gesunde Mischung“ von Wohnen und Arbeiten, von Jung und Alt, von Mit- und Nebeneinander. Dazu gehört im Wesentlichen:

„Gemischtes Wohnen“

Für die Wohnraumnutzung sind Eigentums- und Mietwohnungen vorgesehen, möglicherweise in verschiedenen Trägerschaften organisiert.

„Arbeiten“

Im Bereich „Arbeiten“ können sich z. B. Büros, kleinere Handwerksbetriebe, Künstlerateliers ansiedeln. Ferner möchten wir eine Kantine und eine Wäscherei einrichten. Ebenfalls erwünscht sind „sozialen Initiativen“ (unter eigener Trägerschaft) wie z. B. betreutes Wohnen oder Leben mit Behinderten u.ä., zur Schaffung von „Nischen-Arbeitsplätzen“ unterschiedlicher Art. Ein Gäste- und Seminarhaus wird Raum und Möglichkeiten für vielseitigste Initiativen und Begegnungen geben.

„Pädagogik“

Durch seine Stadtnähe und gleichzeitige Nähe zum benachbarten Bauernhof ist der Ort mit seinen vorhandenen Werkstätten prädestiniert für eine pädagogische Initiative. Im Gespräch ist eine neu zu gründende „Projektschule“ im Handwerks- und Gartenbaubereich. Die Trägerschaft ist noch offen.

„Forschung“

Bereits im Aufbau begriffen ist eine Forschungseinrichtung, die mit der Darstellung von Qualität- und Vitalität von Nahrungsmitteln und Öffentlichkeitsarbeit für die ökologische – mit Schwerpunkt biologisch-dynamische – Landwirtschaft neue Wege gehen wird.

Das Veranlagen und Erforschen zukünftiger Formen des Zusammenlebens und Arbeitens beinhaltet für uns ein Hinterfragen des bestehenden Bodenrechts (Kapitalisierung von und Spekulation mit Grund und Boden). So wird die Idee der Unverkäuflichkeit von Grund und Boden (nicht der Gebäude und Wohnungen!) in der Satzung des zu gründenden Grundstückseigentümers als gesamtgesellschaftliche Aufgabe formuliert werden. Der Prozess der Gruppenbildung und das gemeinsame Bilden an den zukünftigen Strukturen und Organisationsformen wird begonnen, sobald wir mit dem Verkäufer einig geworden sind. Ende April 2000 wird die öffentliche Ausschreibung beendet sein.

Kontakt: Georg Lutz, Gut Wulfsdorf, Bornkampsweg 39, 22926 Ahrensburg; Fabian Schmidt-Rhen, Am Bredenbek 3 22397 Hamburg

Matthias Farr ist Mitinitiator des Projekts

Zuerst veröffentlicht: Freihaus 6(2000), Hamburg