Kategorien
Artikel Wohnprojekte Hamburg

Generationsübergreifendes Wohnen in Klein Borstel

Was lange währt…

*** von Diethelm Zeller ***

Wie wird das bloß werden, ohne den geliebten lauschigen Garten, das Haus, in dem die Kinder groß geworden sind, die schönen Räume, der viele Platz…? Lohnt es sich, all das und die vertraute Umgebung aufzugeben für ein Leben im Wohnprojekt? Häufig kamen uns diese Zweifel in den letzten Jahren der Planung und des Baus.

Fast als letzte sind wir nun eingezogen und hatten gleich die Bude voll mit Nachbarn, die uns willkommen hießen und uns Hilfe anboten. Denn, wenn man zu langjährigen Weggenossen und Freunden zieht, ist man sofort zu Hause. Nach der langen Zeit der Planung, der Arbeit an den Details, der Auseinandersetzungen untereinander und mit den ganzen Institutionen und Firmen, die beteiligt waren, stellt sich nun eine Leichtigkeit ein, von der wir nicht zu träumen wagten.

Es hat mit den GOFIs schon vor über zehn Jahren angefangen. Der Grundgedanke war, dass Menschen unterschiedlichen Alters und verschiedener Lebensformen zusammen wohnen wollten. Die Gemeinschaft sollte einen großen Stellenwert bekommen, der individuelle Freiraum aber gewahrt werden. Wir haben Leitideen formuliert, die das Zusammenfinden unserer Gruppe leiten und unser Zusammenwohnen beschreiben sollten und somit Grundlage für unsere Planung waren.

Grundstück in Klein Borstel

Nach vielem Auf und Ab wurde uns im Herbst 2004 uns von der Liegenschaft ein Grundstück in Klein Borstel beim S-Bahnhof Kornweg anhand gegeben, für das wir uns schon lange beworben hatten. Das Nachbargrundstück wurde dem Wohnprojekt der „Autofreien“ angeboten.

Bei den Wohnprojekte-Tagen 2004 stießen eine Gruppe von Frauen mit wohltuender frischer Initiativkraft aber auch neue junge Familien zu uns. Die Frauen gaben sich in Anlehnung an unseren etwas exotisch klingenden Namen GOFI (GruppenOrientierte Finanzierung) den Namen „Luzies“.

Das Frauenprojekt der Luzies ist ein Teilprojekt der GOFIs; sie pflegen und intensivieren ihre interne Luzie-Gemeinschaft zusätzlich auch außerhalb der Gesamtgruppe GOFI.

Die intensive Planungsphase

Wir gründeten eine Planungs-GbR, formulierten im GbR-Vertrag Regeln für die Aufnahme neuer Mitglieder und einigten uns darauf, dass jede Untergruppe ausreichend vertreten sein sollte: 1/3 Luzies, 1/3 junge Familien und 1/3 Singles und Paare.

Dann wurde von der Agentur für Baugemeinschaften ein Architektenwettbewerb organisiert. Wir entschieden uns nach intensiven Beratungen auch mit unserem Baubetreuer Reiner Schendel von Stattbau für eines der ausgewählten Architektenbüros, Möller-Seifert. Die Architekten fingen an, die Gebäude und Wohnungen unter Einbeziehung unserer konkreten Vorstellungen und Wünsche zu planen.

Die Verteilung der Wohnungen war nicht ganz unproblematisch. Wir haben es aber – zuerst mit externer Moderation und dann jedoch viel besser aus eigenen Kräften – geschafft, diesen Konflikt aufzuarbeiten. Letzten Endes sind wir durch die Erfahrung, dass wir uns konstruktiv streiten können, in unserem Zusammenhalt gestärkt worden.

MieterInnen und EigentümerInnen

Ursprünglich sollten wir, so hatte es sich die Agentur für Baugemeinschaften der Hansestadt Hamburg vorgestellt, ein reines Eigentümerprojekt werden. Wir stellten aber bald fest, dass sich viel mehr potentielle Mieter für uns interessierten. Dank Reiner Schendel haben wir dann die Genossenschaft der Buchdrucker, eine Bestandsgenossenschaft, gefunden, die unsere Mietwohnungen bauen wollte – ein Novum in der Hamburger Wohnprojektszene. Eine eigene Genossenschaft zu gründen hätte für uns einen erheblichen Mehraufwand bedeutet und die Genossenschaftseinlagen wären wesentlich höher geworden. Wir haben mit der Genossenschaft der Buchdrucker dann einen Vertrag geschlossen, in dem u.a. die Anmietung der Gemeinschaftswohnungen geregelt wurde und festgelegt wurde, dass der GOFI-Verein das Belegungsrecht für alle Genossenschaftswohnungen hat.

Eigentlich hätte jetzt mit dem Bau begonnen werden können. Das Baugelände war aber immer noch nicht erschlossen. Dadurch sind wir in eine Phase steigender Baupreise geraten, was das Projekt zum Schluss fast noch zum Platzen gebracht hätte. Jetzt aber ist der Bau fertiggestellt und wunderschön geworden. 42 ganz unterschiedliche, helle Wohnungen zwischen 45 m2 und 125 m2, davon 10 geförderte Wohnungen und 12 Eigentumswohnungen, werden von ganz unterschiedlichen Leuten bewohnt. Das erste richtige GOFI-Kind ist auch schon geboren und wir haben unsere alte Tradition des gemeinsamen Feierns und Singens nun im Innenhof und in unserer Gemeinschaftswohnung fortsetzen können.

Diethelm Zeller ist schon lange Mitstreiter im GOFI-Projekt und konnte nun endlich in sein Traumhaus einziehen

zuerst veröffentlicht: FreiHaus 16(2009), Hamburg