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Kontaktbörse „Baut zusammen“

Neue Vernetzungsmöglichkeiten für Baugemeinschaften

*** von Tobias Behrens ***

In der letzten FREIHAUS Ausgabe wurde über die Probleme bei der Förderung von Baugemeinschaftsprojekten berichtet. Trotz intensiver Gespräche der BSW und der IFB in den Jahren 2018/19 konnten die Rahmenbedingungen nicht so verändert werden, dass keine Genossenschaften wieder erfolgreich Bauvorhaben realisieren konnten. Nichtsdesdotrotz sollen ab Mitte 2021 die ersten Wilhelmsburger Grundstücke für Baugemeinschaften vergeben werden.

„Wie gründe ich eine Baugemeinschaft und starte ein Wohnprojekt?“ Das fragen sich viele Hamburgerinnen und Hamburger, die an gemeinschaftlichen Wohnformen interessiert sind. Die Stadt bietet nun allen Bauwilligen eine weitere Unterstützung zum Start ihres Baugemeinschaftsprojektes an.

Dazu hat die Agentur für Baugemeinschaften der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen die Kontaktbörse „Baut zusammenl“ eingerichtet. Ziel des regelmäßigen Forums ist es, dass sich interessierte Einzelpersonen und Gruppen finden und sich neu gebildete Baugemeinschaften auf städtische Grundstücksangebote bewerben. Darüber hinaus können sich alle Interessierte über Fragestellungen rund um das Thema Baugemeinschaften informieren. Dabei müssen keine Vorkenntnisse vorhanden sein.]ede und jeder, die und der Interesse hat, kann teilnehmen und sich einbringen.

PERSÖNLICHES KENNENLERNEN VON INTERESSIERTEN UND GRUPPEN

Auf den zunächst dreizehn Veranstaltungen der Kontaktbörse können sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch Speed-Datings kennenlernen, näher ins Gespräch kommen und Kontaktdaten austauschen. Bestehende Baugemeinschaften, die noch Mitglieder suchen, haben die Möglichkeit, sich vorzustellen und neue Mitglieder anzuwerben. Grundlegende Informationen zum Thema werden stets durch eine Zusammenfassung in „100 Sekunden Baugemeinschaften“ sowie im Kurz-Interview mit einer wechselndem Expertin bzw. einem Experten geklärt. Von der Konzeptentwicklung über die Auswahlprozesse, Rechtsformen und die Finanzierung von Baugemeinschaften wurden auf den bisherigen Veranstaltungen in der Kulturetage Altona bereits viele wichtige Aspekte des gemeinschaftlichen Planens und Bauens thematisiert und mit den Baubetreuern, Genossenschaften und anderen Akteuren erörtert. Auf Bierdeckeln können die Teilnehmenden, ihre Rückfragen für die Moderation aufschreiben. In einer veranstaltungsbegleitenden Posterausstellung können sie die Baugemeinschaftsthemen nachlesen und Grundstücke für Baugemeinschaften ausfindig machen.

DIGITALES VERNETZEN ÜBER ONLINE-PLATTFORMEN

Im Internet haben Interessierte nun ebenfalls die Möglichkeit, die verschiedenen Projektideen und Interessen von bauwilligen Einzelpersonen oder bereits bestehenden Gruppen kennenzulernen und sich untereinander zu vernetzen.

In der Online-Kontaktbörse Baugemeinschaften können Gesuche und Angebote eingestellt und auf einer Hamburg-Karte verortet werden, z.B. für die Gründung einer Baugemeinschaft oder für noch verfügbare Wohnungen im Wohnprojekt. Bei einem neuen Eintrag können sich Interessenten über ein Kontaktformular direkt bei den Suchenden oder Bietenden melden, so dass die Kontaktdaten nicht frei zugänglich sind. Diese können daraufhin entscheiden, ob die Anfrage für sie von Interesse ist und ob sie antworten möchten. Alle Angaben sind freiwillig.

KONTAKTBÖRSE ON TOUR

Die Kontaktbörse „Baut zusammenl“ wird an mehreren Orten in der Stadt stattfinden, beispielsweise in den Entwicklungsgebieten Wilhelmsburg und Fischbeker Reethen. Auch auf den großen Hamburger Veranstaltungen zum Thema Baugemeinschaften wie das Baugemeinschaftsforum der Johann-Daniel-Lawaetz Stiftung wird die Kontaktbörse präsent sein. Bei den kommenden Terminen sind zudem Besuche von realisierten Baugemeinschaftsprojekten geplant. So können „Baugemeinschafts-Neulinge“ lernen, wie andere Gruppen ihr Projekt aufgebaut haben, welche Hindernisse es ggf. bei der Umsetzung gab und welche Chancen aber auch Herausforderungen die langjährigen Entwicklungsprozesse mit sich gebracht haben. Denn eines ist sicher: Trotz der neuen Unterstützung durch die Kontaktbörse bei Gründung und Projektstart bedarf es unter anderem Engagement und Durchhaltevermögen, um ein gemeinschaftliches Wohnprojekt aufzubauen und umzusetzen.

NEUE GRÜNDERZEIT FÜR BAUGEMEINSCHAFTEN

Seit den 1980er Jahren haben bereits mehrere tausend Hamburgerinnen und Hamburger in rund 120 Wohnprojekten ihren Traum vom gemeinschaftlichen Wohnen verwirklicht. Nun steht Hamburg vor einer neuen Gründerzeit für Baugemeinschaften: Aufgrund der wachsenden Nachfrage nach gemeinschaftlichem Bauen wird die Stadt in Entwicklungsgebieten wie Wilhelmsburg und Oberbillwerder sowie in weiteren großen Neubaugebieten bis zu einem Fünftel der Grundstücke für Baugemeinschaften reservieren. Damit wird die Zahl der Projekte in Hamburg in den nächsten Jahren voraussichtlich stark ansteigen.

Das wachsende Interesse an Baugemeinschaften hat gute Gründe, denn wer gemeinschaftlich baut,

  • kann seine künftigen Nachbarinnen und Nachbarn frühzeitig kennenlernen bzw. mit aussuchen,
  • bestimmt kreativ den Planungs- und Bauprozess mit und kann Eigenleistungen einbringen,
  • kann zu bezahlbaren Preisen wohnen,
  • wird mit großer Zufriedenheit in einem Haus mit hoher Wohnqualität leben und
  • trägt zu einer lebendigen, stabilen und integrativen Nachbarschaft bei.

Die Potenziale für Baugemeinschaften in Hamburg werden in Zukunft weiter steigen. Bis zu 3.500 Wohnungen können in den neuen Entwicklungsgebieten in ganz Hamburg durch Baugemeinschaften entstehen. Deshalb arbeitet die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen an verschiedenen Maßnahmen, um beispielsweise die Gruppenentwicklung von Baugemeinschaften zu unterstützen und die Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Projektentwicklung weiter zu verbessern. Baugemeinschaften werden seit vielen Jahren in besonderer Weise in Hamburg unterstützt, durch die Bereitstellung städtischer Grundstücke, ein eigenes Förderprogramm der Hamburgischen Investitions- und Förderbank sowie durch die Agentur für Baugemeinschaften, die 2003 als zentrale Anlaufstelle in der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen eingerichtet wurde und die Gruppen berät und unterstützt. Darüber hinaus besteht in Hamburg ein Netzwerk aus involvierten Akteuren (z. B. Baubetreuer, Architekten, Genossenschaften, soziale Träger), welches sich gemeinsam für die Belange der Baugemeinschaften in Hamburg einsetzt.

Dr. Judith Böttcher ist Referentin in der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen Hamburg.

Kontaktbörse Baugemeinschaften

Hier besteht auch die Möglichkeit sich für Veranstaltungen und
den Newsletter anzumelden.

zuerst veröffentlicht: FreiHaus 24(2019), Hamburg