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Jubiläum der Koordinationsrunde Baugemeinschaft

Wirken und Entstehung der KORB-Runde

*** von Tobias Behrens ***

Im Januar 2020 wird sich die Koordinierungsrunde Baugemeinschaften KORB zum 50. Mal treffen – ein Grund diese außergewöhnliche Form der Zusammenarbeit zu würdigen.

Seit 2005 treffen sich unter der Federführung der Agentur für Baugemeinschaften sämtliche in Hamburg mit dem Thema Baugemeinschaft befassten Organisationen und Ämter alle drei Monate zu einer Besprechung.

Im Januar 2020 wird die 50. Sitzung dieser Koordinierungsrunde stattfinden. Das ist ein guter Anlass einmal auf das Wirken und die Entstehung dieser Runde zurück zu blicken.

Am 1. September 2004 fand ein Gespräch zwischen STATTBAU HAMBURG und den Mitarbeitern der Agentur für Baugemeinschaften statt. Von der Agentur nahmen damals Frank Karthaus sowie Angela Hansen und Sabine de Buhr teil. In diesem Gespräch schlug STATTBAU HAMBURG vor, zukünftig eine regelmäßig stattfindende Koordinierungsrunde durchzuführen, in der das Thema Baugemeinschaften mit den verschiedenen Beteiligten in Hamburg besprochen werden soll. Hintergrund dieses Vorschlags waren bereits Jahre zurückliegende gute Erfahrung aus der Stadterneuerung. Dabei hatten sich die Vertreter des Amtes für Stadterneuerung regelmäßig mit den verschiedenen Sanierungsträgern und Projektentwicklern getroffen, um den Stand der einzelnen Bauvorhaben aus dem Programm der Alternativen Baubetreuung (ABB) zu erörtern.

Unter der Bezeichnung KORB sollten sich ab dem Zeitpunkt alle 3 Monate Vertreter der Agentur für Baugemeinschaften, weiterer Behörden wie Finanz- und Sozialbehörde, der Wohnungsbaukreditanstalt (WK), der Baubetreuer sowie punktuell anderer Organisationen treffen. Zu den Aufgaben dieser Runde gehören: der Austausch zu den einzelnen Projekten, grundsätzliche Fragen sowie die Lösung von Problemen zu den verschiedenen Themen.

ALLER ANFANG IST SCHWER

Dieser Vorschlag wurde nicht sofort umgesetzt. Es brauchte einige Nachfragen. Schließlich wurde dann im April zur ersten Sitzung der Koordinationsrunde am 2. Mai 2005 von der Agentur eingeladen – neun Monate hat es bis dahin gedauert.

An dieser ersten Sitzung nahm neben dem damaligen Amtsleiter Herrn Rickert drei weitere Vertreter der Baubehörde bzw. der Agentur teil. Außerdem ein Vertreter der Sozialbehörde, Auf Seiten der Baubetreuer nahmen jeweils zwei Vertreter der Lawaetz Stiftung und STATTBAU HAMBURG sowie Vertreter des Planungsbüros ASK Hassenstein+Pfadt GmbH und der Firma Privatbau, die ebenfalls als Baubetreuer anerkannt waren, teil. Weiterhin war auch schon eine Traditionsgenossenschaft – der Altonaer Spar- und Bauverein – vertreten. Insgesamt 12 Personen nahmen an der ersten Sitzung teil.

In den folgenden Sitzungen nahm die Zahl der Teilnehmer stetig zu. So nahmen regelmäßig auch Vertreter der Wohnungsbau-Kreditanstalt, des Liegenschaftsamtes der Finanzbehörde sowie weiterer Genossenschaften zum Beispiel der Genossenschaft Langenfelde, des Bauvereins der Elbgemeinden (BVE) und der Baugenossenschaft FLUWOG-NORDMARK eG (Fluwog) teil. Ebenso schickte die Architektenkammer Vertreter aus ihren Kreisen in die Runde. Seit 2018 nimmt auch regelmäßig ein Vertreter der Hafencity Hamburg GmbH teil.

In Hamburg herrschte ab 2004 ein reiner CDU geführter Senat unter Bürgermeister Ole von Beust. Bausenatoren waren Michael Freytag und Axel Gedaschko. Kurz zuvor war der erste Hamburger Senat unter der Führung der CDU, die mit der rechtkonservativen Schill-Partei koalierte, mit einem Bausenator Mario Mettbach krachend gescheitert.

DIE KORB ETABLIERT SICH

Die Runde hat sich nicht erst im Lauf der Jahre sondern schon von Beginn an als Erfolgsmodell entwickelt und etabliert. Alle für das Thema Baugemeinschaften wichtigen Themen werden ausführlich besprochen. Alle Teilnehmer eint das gemeinsame Ziel: die Idee der Baugemeinschaften erfolgreich umzusetzen.

Die in den Sitzungen besprochenen Themen kann man folgenden Überschriften zusammenfassen:

  • Förderung und Finanzierung von Baugemeinschaften In der KORB werden die jährlich neu aufgestellten Förderrichtlinien vorgestellt und diskutiert. Gemeinsam wird an einer Weiterentwicklung und vielfach auch an Vereinfachungen und Klarstellungen der Förderrichtlinien gearbeitet.
  • Regelungen der Grundstücksvergabe Das in Hamburg seit Anfang der 2010er Jahre eingeführte Prinzip der Grundstücksvergabe nach Konzeptqualität, das bei den Baugemeinschaftsgrundstücken schon viel früher eingeführt wurde, wird in der KORB-Runde erörtert, vorgestellt und regelmäßig weiter entwickelt. Besonders geht es dabei auch um die Konzepte in den neuen Quartieren, in denen die Baugemeinschaften in größerer Stückzahl angesiedelt werden sollen, wie in der Vergangenheit im Parkquartier Friedrichsberg oder in der Mitte Altona und zukünftig z. B. in Wilhelmsburg oder Oberbillwerder.
  • Gemeinsame Veranstaltung Die jährlichen Großveranstaltungen (der STATTBAU Hamburg – Wohnprojekte-Tage, der Lawaetz Stiftung – Baugemeinschaftsforum und der Hamburgischen Investitions- und Förderbank (IFB Hamburg) – Tag des Eigenheims) werden vorbereitet und nachbesprochen. Ebenso wurden gelegentlich besondere Veranstaltungsformate, wie zum Beispiel eine Sonderveranstaltung für Baugemeinschaften im Bezirk Harburg entwickelt und gemeinsam durchgeführt. Es werden in unregelmäßigen Abständen auch Bildungsreisen zum Thema organisiert und durchgeführt.
  • Öffentlichkeitsarbeit In der KORB werden auch gemeinsame Aktivitäten zur Verbreitung der Baugemeinschaftsidee entwickelt und umgesetzt. Hierzu zählen zum Beispiel die alle sechs Jahre stattfindende Ausschreibung für den Hamburger Baugemeinschaftspreis, sowie nicht zuletzt auch die Einführung des neuen Veranstaltungsformats „baut zusammen“.

POTENTIALE KÖNNTEN NOCH BESSER GENUTZT WERDEN

Aus Sicht von STATTBAU HAMBURG hat sich die Verbreitung der Idee der Baugemeinschaften in den letzten jahren in Hamburg – gut abzulesen an der Bedeutung, die die Stadtplanung den Baugemeinschaften bei der Entwicklung neuer Quartiere zuschreibt – nicht zuletzt auch durch die kontinuierliche gemeinsame Arbeit in dieser Runde entwickelt. Für alle Teilnehmer bringen die Sitzungen immer eine Reihe von neuen Informationen und anregenden Diskussionen. Natürlich sind nicht immer alle einer Meinung und insbesondere über die Frage der Grundstücke und ihrer Preise und sonstigen Rahmenbedingungen gibt es z.T. heftige Debatten. Aber dennoch konnten bisher immer gemeinsam Lösungen gefunden werden. Es musste in Hamburg noch nie ein Baugemeinschaftsprojekt aufgeben werden, ebenso hat es noch keine Insolvenz eines der Projekte gegeben! Da gibt es aus anderen Regionen Deutschlands leider auch andere Erfahrungen. Erfreulich ist auch, dass andere Städte das Modell kopieren – so gibt es seit einigen Monaten in Bremen inzwischen auch eine Koordinierungsrunde.

Dennoch könnten die Potenziale der Baugemeinschaften für die Quartiersentwicklung und die Wohnraumversorgung noch deutlicher zum Tragen kommen. Dafür müssten wesentlich mehr Grundstücke für die Baugemeinschaften bereitgestellt werden – die Zielzahl von 20% aller städtischen Wohnungsbaugrundstücke für Baugemeinschaften ist noch nie erreicht worden. Und auch die Vergaben an kleine Genossenschaften ist in dieser Legislaturperiode – obwohl im Regierungsprogramm anders beschlossen – fast gänzlich zum Erliegen gekommen.

STÄDTEBAULICHE WETTBEWERBE HELFEN BAUGEMEINSCHAFTEN NICHT

Die leider immer häufiger geforderten städtebaulichen Wettbewerbe schränken nicht nur die kreativen Möglichkeiten der Baugruppen ein sondern sie verteuern die Bauvorhaben auch erheblich und machen es damit kleingenossenschaftlichen Projekten fast unmöglich, sich zu beteiligen.

Und auch die beiden städtischen Entwicklungsgesellschaften HafenCity Hamburg GmbH und IBA Hamburg, die in ihren Quartieren auch Baugemeinschaftsprojekte umsetzen sollen, greifen weder regelhaft auf die auf die Erfahrungen der Agentur für Baugemeinschaften oder anderer KORB-Mitglieder zurück. Stattdessen versuchen sie die Idee der Baugemeinschaften nach ihrem Gutdünken neu zu interpretieren – mit z.T. sehr fragwürdigen Ergebnissen.

Hier wünschen sich alle KORB-Mitglieder, dass sie in ihrer Rolle ernster genommen werden. Für die nächsten 50 Sitzungen steht daher noch viel Arbeit an!

Tobias Behrens ist Geschäftsführer von STATTBAU HAMBURG GmbH und von Beginn an in der Koordinierungsrunde Baugemeinschaft aktiv.

zuerst veröffentlicht: FreiHaus 24(2019), Hamburg