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Artikel Wohnprojekte Hamburg

Neues Wohnen – oder doch nur ein alter Hut?

Motivation einer Genossenschaft

*** von Frank Seeger ***

Traditionelle Wohnungsbaugenossenschaften in Hamburg öffnen sich seit einigen Jahren der Kooperation mit Wohnprojekten. Hier erläutert Frank Seeger vom Vorstand der Baugenossenschaft der Buchdrucker eGmbH die Motivation zu einem solchen Schritt.

Bauen in Baugenossenschaften/Baugruppen hat bei uns eine lange Tradition, die allerdings ein wenig in Vergessenheit geraten war. Nachdem im 2. Weltkrieg nahezu der komplette Bestand der Buchdrucker zerstört war, wurde 1949 die Selbsthilfeaktion „Wir bauen selbst“ der Belegschaft der Firma Broschek und Co. im Verein mit der Baugenossenschaft der Buchdrucker eGmbH ins Leben gerufen. So konnte der Tiefdrucker Josef Valerien 1950 eine Wohnung, die in Baugemeinschaft errichtet wurde, beziehen und die Wohnungsnot von sich und seiner Familie beenden. Ausschlaggebend für uns, in Gemeinschaft mit GOFI-Zusammenwohnverein e.V. zu bauen, war aber nicht eine Wohnungsnot in Hamburg, dass Drucker sich nicht mehr mit Wohnraum in Hamburg versorgen konnten oder etwa eine Finanznot der Genossenschaft.

Ausschlaggebend waren fünf Punkte:

  1. Die Genossenschaft wollte wieder bauen. Nach nahezu einem Jahrzehnt der Enthaltsamkeit wurde nach geeigneten Grundstücken gesucht. Wir waren also grundsätzlich interessiert und auch offen gegenüber neuem.
  2. Die STATTBAU. Hierzu bestanden seit Jahren Kontakte, und wir wurden regelmäßig locker über die „Szene“ informiert. Ein Anruf von Reiner Schendel in 2005 und eine kurze Beschreibung weckten das Interesse.
  3. Die Gruppe GOFI-Luzie. Von Anfang an war ein großes Vertrauen in die Gruppe und von der Gruppe zur Genossenschaft vorhanden. Darüber hinaus beeindruckt die Gruppe dadurch, dass sich Teile seit Jahren generationsübergreifend für das Bauen miteinander interessiert. Die Gruppe zeichnet sich, bei allen Problemen und Schwierigkeiten, durch eine hohe Kontinuität aus. Auch das Ziel, nicht ein Zusammenbauverein, sondern ein Zusammenwohnverein zu werden, kann im Alltag überzeugen.
  4. Das Grundstück. Die Lage in Ohlsdorf, die Nähe zum Alsterwanderweg, die Infrastruktur, die durch das schöne „Klein Borstel“ gegeben ist. All dies überzeugte bei den Überlegungen.
  5. Die Architektur. Die behutsame Einpassung an die Umgebung mit vorhandener Bebauung einerseits und dem angrenzenden Friedhof andererseits.

Nach der Klärung der Finanzierung und dem Abschluss eines Vertrages mit dem zwischenzeitlich gegründeten GOFI-Zusammenwohnverein e.V. konnte das Projekt in die weiteren Planungen treten. Ob Konkretisierung der Grundrisse, die Ausstattung der Wohnungen, Beginn der Planung der Außenanlagen oder Aufnahme weiterer Mitglieder/Interessenten in die Gruppe, stets wurde gemeinsam beraten und diskutiert. Parallel dazu verhandelten wir mit der Liegenschaft der Freien und Hansestadt Hamburg über die Bedingungen des Kaufs des Grundstücks, was nicht immer einfach war. Auch heute, nach dem Kauf, ist die Kaufpreisermittlung zwar offen gelegt, aber nicht unbedingt verständlich. Dies ist nur ein Detail am Rande.

Anders als bei „normalen“ Projekten ist Bauen in Baugemeinschaft ein längerer Prozess. Mehr als 2 ½ Jahre begleiten wir die Entwicklung. Und hier liegt auch eine wesentliche Schwierigkeit: die Zeit. Niemand hatte gedacht, dass es einen solch langen Zeitraum in Anspruch nehmen würde, mit all seinen Problemen, bis die Realisierung endgültig feststeht. Unsicherheiten unsererseits, ob die Gruppe zusammenbleibt. Von der Gruppe, ob wir weiter mitmachen, wenn es sich noch lange zieht. Planungsunsicherheiten, da sich mit jedem Tage Grundstückspreise und Baukosten erhöhten und somit die Reserven minderten.

Worin liegen nun die Vorteile für uns und was würden wir anders machen?

Der Gemeinschaftsgedanke ist ein tragendes Element dieses Projekts. Und hierin liegt einer der wesentlichen Vorteile der Gruppe: wir hoffen, dass aufgrund der langen Planungsphase und aller damit verbundenen Schwierigkeiten, die Fluktuation gering sein wird. Weiterhin die Mithilfe bei der Suche nach geeigneten Mitinteressenten, die sich an der Gemeinschaft beteiligen und damit eine gute Nachbarschaft fördern. Und dass wir praktisch von Anfang an eine Vollvermietung haben werden ist sicher auch nicht schlecht. Insgesamt, ist hier das soziale Netzwerk der Gruppe von entscheidender Bedeutung. Weiterhin treten neue Mitglieder in die Genossenschaft ein, über alle Altersklassen hinweg.

Ändern würden wir die Mitsprache bei den Wohnungsgrundsrissen und Ausstattungsdetails: hier würden wir wohl eher zu drei oder vier Grundrissen und entsprechender Ausstattung tendieren, um zumindest diesen Teil der Planung zu beschleunigen. Denn auch bei einer Beschränkung der Anzahl von Grundrissen und Ausstattungen ist individuelles Wohnen in einer Genossenschaft nicht ausgeschlossen.

Noch Eigentumswohnungen frei!

Im Projekt GOFI-Luzie sind noch 3 Eigentumswohnungen zu vergeben. Die Wohnungen sind ca. 100–130 m² groß, Maisonettewohnungen über 2 und 3 Stockwerke und werden Terrassen haben. Die Baugenehmigung liegt bereits vor. Baubeginn ist im Herbst 2007. Kontakt: Diethelm Zeller

Internet: www.gofi-hh.de Siehe auch S. 29  

Frank Seeger ist Vorstand der Wohngenossenschaft der Buchdrucker eG und ganz beeindruckt von der Kooperation mit den Baugemeinschaften GOFI-Luzie.  

zuerst veröffentlicht: FreiHaus 14(2007), Hamburg