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Passivhäuser – Hamburg in der Sonne

*** von Klaus Joachim Reinig ***

Vielleicht liegt es am Klima: Es boomen derzeit die Passivhaus-Projekte in Hamburg. Nachdem sich die Niedrigenergiebauweise im geförderten Geschosswohnungsbau allgemein durchgesetzt hat, sind die ersten beiden Passivhäuser im Mehrfamilienhausbau bezogen und viele weitere im Bau oder in der Planung.

Baugemeinschaften als Vorreiter

Vorreiter waren auch hier die Wohngruppenprojekte mit ihren hohen ökologischen Standards. Im Brachvogelweg baute eine Kleingenossenschaft elf Reihenhäuser (im Rahmen der Kostenansätze der Wohnungsbauförderung!), in dem Hagenbeck-Villen-Resort entstand von einem privaten Investor ein Haus mit zwölf Eigentumswohnungen. Im „Wohnprojekt 13“ wurden in diesem Frühjahr 18 Wohnungen in der Telemannstraße bezogen, am Pinnasberg baut die St. Pauli Hafenstraßengenossenschaft das „Parkhaus“ mit 19 Wohnungen in acht Obergeschossen – das bisher höchste Passivhaus. An der Kieler Straße plant die Langenfelder Wohnungsgenossenschaft 45 Passivhauswohnungen für die Evangelische Stiftung Alsterdorf und das Hausgemeinschaftsprojekt „Feldhaus“. Auch die SAGA hat ein Passivhaus in Planung.

Hoher Wohnkomfort und extrem niedrige Heizkosten

Passivhäuser haben einen hohen Wohnkomfort bei extrem niedrigen Heizkosten: Eine 80-Quadratmeter-Wohnung hat etwa 35€ Heizkosten im Jahr! Den Rest der Wärme liefert die Sonne. Sie müssen sehr sorgfältig geplant werden, sind aber in der Nutzung unkompliziert. Alle Fenster können geöffnet werden, müssen aber nicht offen stehen. Die Stadtbewohner haben auch frische Luft ohne die Lärmbelästigung des Straßenverkehrs. Befördert wurde die Entwicklung auch durch die „Initiative Arbeit und Klimaschutz“, in der Behörden, Wohnungsunternehmen und ökologisch orientierte Träger und Gruppen zusammenarbeiten. Ein konkretes Ergebnis war der Passivhauswettbewerb der Umweltbehörde in 2002, für den zwölf Projekte eingereicht wurden und den ein Passivhaus in der Paul-Roosenstraße mit zehn Wohnungen gewann: Ein gelungenes Beispiel von guter Architektur und hohen ökologischen Standards.

Besondere Förderung

Kein Wunder, dass Hamburg Ende Februar Gastgeber für die 7. Internationale Passivhaustagung des Darmstädter Passivhaus-Instituts war, auf der 400 Architekten, Ingenieure und Experten diskutierten. Passivhäuser im öffentlich geförderten Wohnungsbau werden in Hamburg durch die Wohnungsbaukreditanstalt besonders gefördert. Bei den Baukosten gibt es eine Zulage von 100 € pro Quadratmeter Wohnfläche.

Hamburg beteiligt sich auch an der Europäischen Solar-Bauaustellung 2005, die in insgesamt zwölf Standorten in Europa Niedrigstenergiehäuser vorstellen will. Hamburg ist mit drei Gebieten vertreten: einem Baublock in der Hafencity, einem Baugebiet an der Rennkoppel in Heimfeld (Geschosswohnungsbau und Reihenhäuser) sowie einem Baugebiet An der Windmühle in Wilhelmsburg. Organisiert wird die Bauaustellung von dem Zebau, dem Zentrum für Energie, Bauen, Architektur und Umwelt in Hamburg.

Euro-Solar-Ausstellung auch in Hamburg?

Die Bauaustellung orientiert auf Bauträger, die hier ökologische Musterhäuser bauen können und die weiter vermarktet werden sollen. Nur so rechnen sich auch die kräftigen Ausstellungsgebühren. Dieses Verfahren schließt Baugemeinschaften vermutlich aus, da sie für den Eigenbedarf bauen und nicht Häuser verkaufen wollen. Nach wie vor werden in Hamburg Baugemeinschaften stiefmütterlich behandelt. Die Bewerbungsfrist für Grundstücke endet Mitte August und die Häuser sollen im Mai/Juni 2005 für sechs Wochen öffentlich begehbar sein.

Klaus Joachim Reinig ist Inhaber des Architekturbüros Plan R und Architekt zahlreicher Wohngruppenprojekte in Hamburg.

Nähere Informationen zum Thema Passivhaus unter 
www.arbeitundklimaschutz.de/06_initiative/sitemap.htm http://home.t-online.de/home/brachvogel_eg/lurup.htm www.passivhaustelemannstrasse.de 
www.passivhaustagung.de und zum Thema EU-Solar:
www.eu-exhibition.org

zuerst veröffentlicht: FreiHaus 10(2003), Hamburg