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Beitrag der Redaktion Netzwerk Rechtsform/Genossenschaft

Träger fürs Wohnglück

Tipps Nr. 6

*** von Josef Bura ***

Wollen mehrere Haushalte gut nachbarschaftlich in einem neuen Mehrfamilienhaus zusammenwohnen, brauchen sie eine gemeinsame Trägerstruktur. FreiHaus erläutert, was sich bisher als ganz brauchbar erwiesen hat.

Die Wahl geeigneter Träger hängt zunächst von der Stellung der zukünftigen Nutzer zum Eigentum ab. Entscheidend ist, ob sie Mieter oder Eigentümer in einem gemeinschaftlich ausgerichteten Wohnprojekt werden wollen. Auch die Vermögensverhältnisse können eine Rolle spielen.

Metamorphosen zukünftiger Eigentümergemeinschaften

Als werdende Eigentümer, durchlaufen Nutzer – wie Mieter auch – mehrere Stadien der Projektrealisierung. Dabei stehen völlig unterschiedliche Aufgabenstellungen im Mittelpunkt. Zunächst treten sie gemeinsam als Käufer eines Grundstücks gegenüber dem Verkäufer auf, dann werden sie zu einer Planungsgemeinschaft gegenüber einem Architekturbüro und anderen Bausachverständigen. Bei der Umsetzung der Baumaßnahmen werden sie zu einer Baugemeinschaft, in deren Auftrag Firmen das geplante Mehrfamilienhaus errichten. Und als Nutzer ihrer Eigentumswohnungen mutieren sie zu einer Eigentümergemeinschaft.

In allen Phasen sollte bezogen auf die jeweils anstehenden Aufgaben Rechtsrat von sachkundigen Personen und erfahrenen Juristen eingeholt werden, damit Rechtssicherheit hergestellt und der Wille der Beteiligten optimal festgeschrieben werden kann.

Genossenschaftliches Wohnen

In Hamburg hat genossenschaftliches Wohnen seit mehr als 100 Jahren Tradition. Der Genossenschaftsgedanke steht für Selbsthilfe und Selbstverantwortung im Wohnen. Von daher ist die genossenschaftliche Trägerkonstruktion besonders geeignet für Wohnprojektlerlnnen, die kein individuelles Eigentum anstreben.

Seit 1985 sind in Hamburg von Menschen, die mehr Gestaltungsmöglichkeiten im Wohnen haben möchten, 20 neue Wohnungsbaugenossenschaften gegründet worden: zunächst mehrheitlich in Altbaubeständen – ab Anfang der 90er Jahre zunehmend auch im Wohnungsneubau. Genossenschaftliches Wohnen schafft höhere Mitwirkungsmöglichkeiten und höhere Mietsicherheit als im klassischen Mietwohnungsbau. Kleinere Genossenschaften gelten zwar nicht als optimale wohnungswirtschaftliche Betriebsgröße, sie sind aber überschaubarer und persönlicher als die ganz großen.

Um genossenschaftlich Wohnen zu können, gibt es zwei Optionen. Entweder neue Wohngruppen gründen eine eigene Wohnungsbaugenossenschaft, was aufwändig und teuer ist. Sinnvoll ist es in diesem Fall, Rat bei versierten Fachleuten oder dem zuständigen Verband, in Hamburg dem Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen, einzuholen. Ein anderer Weg besteht darin, sich einer bestehenden Wohnungsgenossenschaft anzuschließen, die ihren neuen Mitgliedern als Wohnprojekt die Selbstgestaltungsmöglichkeiten zugesteht, die sie haben möchten. In Hamburg bietet sich dafür z.B. die Schanze eG an, die seit über zehn Jahren Dach für verschiedene selbstverwaltete Wohnprojekte ist und seit neuestem auch die Wohnreform (vgl. dazu S. l4).

Investoren

Vor allem wenn das Eigenkapital knapp ist, ist guter Rat teuer. Dann hilft nur ein Investor, der das nötige Kleingeld mitbringt. In diesem Fall werden die Wohnprojektlerlnnen zu einfachen Mietern und mit dem Investor sind die Möglichkeiten der Selbstverwaltung auszuhandeln. Meist sind dabei der Mietsicherheit und der Selbstbestimmung Grenzen gesetzt, weil ein Investor eigene wirtschaftliche Ziele verfolgt. Diese stellt er möglicherweise über einen begrenzten Zeitraum zurück, aber nicht generell. Erfahrungen dazu gibt es, aber sie sind noch nicht ausgewertet worden. Investoren können aus demprivaten Bereich kommen, aber auch Wohnungsbaugesellschaften oder Wohnungsbaugenossenschaften sein. Bei den finanziellen Möglichkeiten, die die vormals gemeinnützige Wohnungswirtschaft hat, wäre ein stärkeres Engagement in Sachen Wohnprojekte wünschenswert.

Dr. Josef Bura ist Mitarbeiter von STATTBAU HAMBURG

Zuerst veröffentlicht: Freihaus 8(2002), Hamburg