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Wärme ins Quartier

Das KulturEnergieBunkerAltonaProjekt KEBAP sorgt
für soziale und erneuerbare Wärme in Altona-Altstadt

*** von Marcus Flatten ***

Vieles läuft bei KEBAP ähnlich ab, wie bei einem Wohnbauprojekt, und doch ist alles ganz anders: Zwei Organisationen, ein Verein und eine Genossenschaft arbeiten eng zusammen, um eine Immobilie für ihre Zwecke nutzbar zu machen.

Sie haben basisdemokratische, vorwiegend ehrenamtliche Strukturen und flache Hierarchien und lassen sich von STATTBAU HAMBURG professionell beraten. Nur ist die Immobilie in diesem Fall ein Weltkriegs-bunker in Altona-Altstadt, und es geht nicht ums Wohnen, sondern um gemeinwohlorientierte Kulturräume und die Erzeugung von Wärme aus erneuerbaren Quellen. In der einen Hälfte des Bunkers sollen auf rund 1.200 m² unter anderem Veranstaltungsräume, Werkstätten, eine Gemein-schaftsküche und Proberäume entstehen. In der anderen Hälfte wird aus einem Mix erneuerbarer Quellen Wärme erzeugt und dann über ein Nahwärmenetz im Quartier verteilt. Zu den potenziellen Kunden gehören das benachbarte Festlandbad, die Louise-Schröder-Schule und etwa 1.000 Wohneinheiten. Die Kombination beider Arten von Wärme – menschlicher und physikalischer – ist der Kern der Idee. Denn aus den Überschüssen des Energieverkaufs soll regelmäßig eine Transferzahlung an den Kulturteil geleistet werden. Dieser wird dadurch unabhängig von institutioneller Förderung. Das KEBAP plant also nicht nur ökologisch und sozial, sondern auch ökonomisch nachhaltig.

KEBAP hat zwar ein Konzept und Ziele, die viele Menschen überzeugen. Der individuelle Nutzen ist jedoch nicht so greifbar wie bei einem Wohnprojekt. KEBAP hat deshalb seit seinen Anfängen im Jahr 2011 besondere Strategien zur Aktivierung und Beteiligung entwickelt.

DER KEBAP-GARTEN ALS SOZIALES ZENTRUM

Bis vor wenigen Jahren hatte das Projekt keinen Zugang zum Gebäude und konnte seine Wunschimmobilie nur von außen „bespielen“. Schon früh entstand deshalb ein Garten direkt vor den Bunkermauern. Selbst gebaute Hochbeete aus gebrauchten Paletten und Altholz, permakulturelle Anbaumethoden, gemeinsames Gärtnern, Gießen, Kochen und Essen, Bau einer Bewässerungsanlage, Gewinnung und Tausch von Saatgut – der Garten bietet ein riesiges Reservoir an Themen und Praktiken, welche quer durch alle Milieus im Quartier funktionieren. Viele, die heute im Projekt aktiv sind, haben über den Garten ihren Weg dorthin gefunden.

AKTIVIERENDES BETEILIGUNGSVERFAHREN

Um auch diejenigen zu beteiligen, die den Weg zum Projekt nicht von selbst finden, führte das KEBAP 2016 ein aktivierendes Beteiligungsverfahren durch. Ein selbst aufgestelltes Team von Interviewer:innen befragte Anwohner:innen, unter anderem an der Haustür, nach ihren Wünschen und Nutzungsideen. Das wichtigste Bedürfnis: nicht-kommerzielle Flächen und Räume für sozialen Austausch untereinander. Das KEBAP berücksichtigt dieses Bedürfnis zum Beispiel bei der Planung des Dachgartens: In knapp 20 Metern Höhe soll das gemeinschaftliche Urban Gardening fortgesetzt werden und zugleich Raum für jene bleiben, die sich einfach dort treffen möchten. Weiter unten wird eine Gemeinschaftsküche entstehen, in der das Gemüse aus dem Dachgarten verkocht werden kann – als soziales Angebot, aber natürlich auch, um Bezüge zwischen Lebensmittelproduktion/-verarbeitung und Klimaschutz am praktischen Beispiel zu erklären.

BETEILIGUNG ÜBER GENOSSENSCHAFTSANTEILE

Wärmewende in Bürger:innenhände!“ stand lange Zeit auf einem KEBAP-Banner vor dem Bunker. 2015 gründete das KEBAP die KulturEnergieGenossenschaftAltona eG, kurz KEGA, über die sich Anwohner:innen und andere Unterstützer am Projekt beteiligen können. Die KEGA finanzierte wesentliche Vorarbeiten des Projektes wie zum Beispiel eine technische Machbarkeitsstudie für den Energieteil. Heute zählt sie mehr als 120 Mitglieder, und sie wird noch deutlich wachsen müssen, um Investitionen in der Größenordnung von 12 Millionen Euro allein für den Energieteil zu finanzieren. Aktuell sucht sie mit der Kampagne „2000 × 1000 für KEBAP“ nach Menschen, die mindestens zehn Genossenschaftsanteile á 100 Euro erwerben können. In naher Zukunft wird die KEGA gemeinsam mit dem norddeutschen Energieunternehmen GP Joule eine Projektgesellschaft gründen, die später den Bau und Betrieb der Energiezentrale übernehmen soll.

BUNTE VIELFALT AN GESTALTUNGSMÖGLICHKEITEN

Die Aktiven von KEBAP sind eine wachsende Gruppe, die sich in immer mehr verschiedene Teilprojekte ausdifferenziert: Von der Dachgartengruppe über Arbeitsgruppen wie „Solidarische Ökonomie“ oder „Urbane Ökologie“, Runden für politische Arbeit und Öffentlichkeitsarbeit bis hin zu einer Gruppe, die sich mit der Geschichte des Bunkers beschäftigt und dort später ein kleines Bunkermuseum einrichten möchte: Wer Lust hat, etwas zu planen und gestalten, ist bei KEBAP an der richtigen Adresse.

Marcus Flatten ist Vorstand der KulturEnergieGenossenschaftAltona (KEGA) eG und Geschäftsführer einer Hamburger Agentur für Kommunikation.

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Cover der Freihaus Ausgabe Nr. 26, erschienen im Dezember 2022

zuerst veröffentlicht: FreiHaus 26(2022), Hamburg