Die neue Fachstelle „Bürgerschaftliches Engagement in Wohn- und Versorgungsformen“ ist seit Anfang des Jahres in Hamburg am Start
*** von Martina Kuhn ***
Eine selbstbewusste alte Dame: Eben ging noch alles irgendwie zuhause. Trotz beginnender Demenz. Aber dann kam der Oberschenkelhalsbruch. Der einzige Angehörige, der Enkel, arbeitet zu viel, um sich kümmern zu können. Zurück in das Zuhause ist nicht mehr möglich. Eine Wohngemeinschaft scheint genau das Richtige zu sein. Mithilfe einer Überbrückung in der Kurzzeitpflege klappt es mit dem Einzug. Alles sieht gut aus, aber sie ist zu oft allein.
Und hier greift das neue Projekt. Es geht in diesem Projekt um Teilhabe, Rechte und Mitwirkung, um das bereits bestehende spannende Feld der selbstverantwortlichen Wohnformen, aber auch darum, das Wohnen in Einrichtungen um Bürgerschaftliches Engagement zu bereichern.
Gefördert wird die Fachstelle von der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz zusammen mit den Landesverbänden der Pflegekassen, Projekt-Träger ist STATTBAU HAMBURG und Kooperationspartner die Alzheimer Gesellschaft Hamburg e. V. Mit diesem bundesweit einmaligen Projekt soll ein Beitrag zur Qualitätssicherung und Weiterentwicklung quartiersbezogener Wohn-und Versorgungsformen für Menschen mit Pflege-und Assistenzbedarf geleistet werden.
BÜRGERSCHAFTLICHES HANDELN ALS „3. INSTANZ“ EINSETZEN
Für Freiwillige, die mit dafür Sorge tragen, dass Selbstbestimmung und Teilhabe gewahrt bleiben bzw. gestärkt werden, gibt es im Wohn- und Versorgungsspektrum unterschiedliche Einsatzmöglichkeiten und Aufgaben: Wir haben die Rollen der
- WOHN-PATINNEN,
- WG-BEGLEITERINNEN (Wohngemeinschafts-BegleiterInnen) und
- OMBUDSPERSONEN zu besetzen.
Es geht um selbstbestimmtes Leben bis zuletzt! Dazu wird Unterstützung gebraucht.
Eine WOHN-PATIN wird angefordert. Erst einmal wöchentlich kommt sie zum Spazieren, spielen, als Einkaufsbegleitung oder Begleiterin auf Veranstaltungen. Mit dem Enkel, der auch Betreuer ist, wird eine Vereinbarung geschlossen. Frau K. nimmt als Wohnpatin die Angehörigenrolle bei dem monatlichen Angehörigentreffen ein. Sie vertritt die Interessen der Bewohnerin und darf über anstehende Themen mitdiskutieren. Wenn sie selber Fragen hat oder eine außenstehende Ansprechpartnerin braucht, steht die Vertreterin der Alzheimer Gesellschaft Hamburg e.V. zur Verfügung, die die Praxisbegleitung übernimmt.
Eine weitere ehrenamtliche Rolle in dem Projekt ist die der WG-BEGLEITERIN. Hierbei wird die Angehörigengruppe auch nach dem Aufbau einer WG, im Alltag bei dem Erhalt der selbstorganisierten Struktur einer WG unterstützt. Neutral, kompetent und von außen.
Die OMBUDSPERSON vertritt die Interessen von Menschen, die in Wohneinrichtungen leben, also Pflegeheime sowie Einrichtungen der Behindertenhilfe. In Pflegeheimen unterstützt sie den Wohnbeirat, der sich aus BewohnerInnen zusammensetzt, die nicht selten ein Durchschnittsalter von 86 Jahren aufweisen. In Ambulant betreuten Wohngemeinschaften, den sogenannten AWGs, in denen Menschen mit psychischen Erkrankungen und Behinderungen leben, bietet sie für die Bewohnertreffen Unterstützung an. Dort lernen die BewohnerInnen, ihre Interessen selbst zu vertreten.
NEUE ENGAGEMENTFELDER FÜR FREIWILLIGE
Wir suchen Bürgerinnen und Bürger, die sich ehrenamtlich engagieren möchten und die die Rechte von alten oder jungen pflege- oder assistenzbedürftigen Menschen stärken wollen. Und wir suchen Einrichtungen, die die Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen begrüßen.
Deshalb macht die Fachstelle bei STATTBAU HAMBURG kräftig Werbung und Öffentlichkeitsarbeit, Akquise von Ehrenamtlichen und Einrichtungen, um das Projekt bekannt zu machen. Für die Bereiche der Schulung und Praxisbegleitung der Freiwilligen ist die Alzheimer Gesellschaft Hamburg e. V. zuständig, die bereits seit einigen Jahren Vorlaufprojekte zu WG-Begleitern und Wohn-Paten durchgeführt hat.
WAS BIETEN WIR NOCH? BEGLEITUNG, SCHULUNG, AUSTAUSCH!
In Austauschforen begegnen sich die Engagierten, um sich über Erlebnisse in ihren Einrichtungen auszutauschen. Sie sind unfall- und haftpflichtversichert. Sie bekommen alle eine Aufwandspauschale.
Wer sich hier engagiert, bekommt etwas zurück: Dankbarkeit, Anerkennung, Eingebundenheit, Gebrauchtwerden und Kenntnisse verschiedener Wohnformen!
Einrichtungen, die Interesse an der Zusammenarbeit mit engagierten Freiwilligen haben, erhalten weitere Informationen bei der Fachstelle.
Martina Kuhn ist seit Anfang 2015 Mitarbeiterin bei STATTBAU HAMBURG tätig als Projektkoordinatorin für die Hamburger Fachstelle für Bürgerschaftliches Engagement in Wohn- und Versorgungsformen. In den Jahren davor war sie Leiterin der Koordinierungsstelle für Hospiz & Palliativarbeit Hamburg.
Noch Fragen? Interesse?
Wer sich freiwillig in einer der beschriebenen Rollen engagieren möchte, ist herzlich zu einer der Infoveranstaltungen in den nächsten Monaten eingeladen (z. B. am 06.10.15 in Hamburg-Harburg oder am 28.10.15 in Hamburg-Nord) oder sich direkt an die Fachstelle zu wenden.
Kontakt:
Hamburger Fachstelle für Bürgerschaftliches Engagement in
Wohn- und Versorgungsformen bei STATTBAU HAMBURG
Martina Kuhn
m.kuhn@stattbau-hamburg.de
Tel: 040-432942-36
zuerst veröffentlicht: FreiHaus 21(2015), Hamburg