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Artikel Rechtsform/Genossenschaft Wohnungspolitik

Geht die Stiftung stiften?

*** von Susanne Uhl ***

Sie war Gegenstand der Hamburger Koalitionsvereinbarung aus dem Jahr 1997: die Stiftung nachbarschaftliche und genossenschaftliche Projekte. Die damalige Initiatorin, inzwischen aus der Regierungskoalition ausgeschieden, bezweifelt, ob sie wirklich kommt.

Zwecklos es zu leugnen: Auch mein Applaus wäre rot-grün sicher, wenn das beste Stück Wohnungspolitik aus dem Koalitionsvertrag endlich – wie zuletzt im Dezember 99 angekündigt – umgesetzt würde: die Stiftung für nachbarschaftliche und genossenschaftliche Projekte. Nicht nur, dass die Stiftung einen Beitrag dazu leisten würde, den großen Trend der Zeit gegen zu bürsten: Statt Privatisierung des öffentlichen Wohnungsbestandes, wie es in anderen Städten oder auch von der Bundesregierung praktiziert wird, wäre die Stiftung ein kleines Bekenntnis zu einer sozialen Wohnungsgemeinwirtschaft – ganz konkret und in Hamburg.

Die Chancen

Was ein politisches Zeichen sein könnte, hat aber auch für alle Beteiligten Vorteile.

  • Durch die Wohnprojektfinanzierung über die Stiftung hätten endlich auch Menschen aus benachteiligten Stadtteilen und mit geringen Einkommen die Chance, gemeinsam zu planen, zu bauen und zu wohnen, die ansonsten den hohen Eigenkapitalanteil für die Projekteförderung nicht aufbringen können.
  • Die MieterInnen organisieren sich gemeinschaftlich – als Verein oder MieterInnengenossenschaft und haben die volle Verfügung über „ihr“ Haus.
  • Die Stadt Hamburg würde über die Stiftung Wohnraum schaffen, der dauerhaft mietpreis- und belegungsgebunden ist, also nicht in Gefahr läuft, nach dem Ende der Finanzierung über die Wohnungsbaukreditanstalt auf dem freien Wohnungsmarkt gehandelt zu werden und damit der öffentlichen Verfügung entzogen zu sein.
  • Auch die öffentliche und demokratische Kontrolle, BewohnerInnenbeteiligung, notwendige Bindungen und Bewirtschaftungsgrundsätze können in der Stiftungssatzung verbindlich festgelegt werden.

So solls funktionieren?

Die Stiftung erwirbt mit ihrem Vermögen Grundstücke von der Stadt und behält diese ohne Ausnahme in ihrem Eigentum. Sie ist Bauträgerin in Zusammenarbeit mit jeweils einem Baubetreuer bzw. Sanierungsträger und den Projektgruppen und vermietet/verpachtet zweckgebunden an die NutzerInnen bzw. deren Selbstverwaltungsorgan.

Die Wohnprojekte der vergangenen Jahre haben vieles gezeigt: Beteiligung bzw. selbstbestimmtes Wohnen fängt schon bei der Planung an. Logisch, dass dieser Prozess spannende Fragen und Auseinandersetzungen für alle Beteiligten mit sich bringt. Zum Beispiel: In welchem Stadtteil findet mein Haus eigentlich statt und was soll es auch künftig mit dem Viertel zu tun haben (Gemeinschaftsräume, die auch anderen BewohnerInnen Bezugspunkte bieten; Strukturen, die gegen Vereinzelung wirken,etc.). Auch haben Wohnprojekte deutlich gemacht, dass die veralteten Grundrisse mit der Lebenswirklichkeit nicht mehr viel zu tun haben, denn jede und jeder braucht einen eigenen Rückzugsraum und alle zusammen brauchen gemeinsame Kommunikations-/Spiel-/„Versorgungs“-Räume… Auch haben Wohnprojekte die Diskussion um ökologisches Bauen kräftig angestossen – und es sind oft die architektonisch schöneren und lebenswerteren Häuser, weil sie nicht zu Hunderten von der Stange, sondern experimentell und auf die BewohnerInnen zugeschnitten sind.

Positive Effekte

Alles gute Begründungen dafür, dass der Senat endlich dafür sorgt, dass auch mindestens die 200 Wohnungen in Projekten gebaut werden können, für die jährlich Geld bei der Wohnungsbaukreditanstalt zur Verfügung steht.

Anzumerken bleibt noch zweierlei: Natürlich soll die Stiftung auch Altbausanierungen realisieren können – und: Es darf natürlich keinen Zwang geben, dass Leute ihre Projekte nur noch mit der Stiftung realisieren können.

Aber wie gesagt: Die Stiftung hätte so viele gute wohnungspolitische Effekte, dass es sich aus meiner Sicht dafür zu streiten lohnt.

Susanne Uhl ist wohnungspolitische Sprecherin der Regenbogen-Gruppe in der Bürgerschaft. Sie hatte sich 1997 als GAL-Politikerin massiv für die Stiftung stark gemacht.

Zuerst veröffentlicht: Freihaus 6(2000), Hamburg