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Baugemeinschaftsförderung

Nach wie vor schwierig!

*** von Tobias Behrens ***

In der letzten FREIHAUS Ausgabe wurde über Probleme bei der Förderung von Beuemeinschaftsprojekten berichtet. Trotz intensiver Gespräche mti der BSW und der IFB in den Jahren 2018/19 konnten die Rahmenbedingungen nicht so verändert werden, dass keliene Genossenschaften wieder erfolgreich Bauvorhaben realisieren konnten. Nichtsdesdotrotz sollen ab Mitte 2021 die ersten Wilhelmsburger Grundstücke für Baugemeinschaften vergeben werden.

Insbesondere für Baugemeinschaften, die ihr Projekt mit einer kleinen oder auch neu gegründeten Wohnungsbaugenossenschaft umsetzen wollen, ist die Höhe des notwendigen Eigenkapitals, das in die Genossenschaft eingebracht werden muss, das entscheidende Kriterium. Obwohl in den Koalitions­verträgen 2015 und jetzt auch wieder in 2020 das Ziel proklamiert wurde, möglich 50 % aller Baugemeinschaften in kleingenossenschaftlicher Struktur umzusetzen, konnte dies in keinem Jahr erreicht werden. Konkret bedeutet die aktuelle Fördersystematik, dass bei einem Grundstück, das von der Stadt an eine Baugemeinschaft verkauft werden soll, ein ­Eigen­geldanteil von ca. 1.000 bis 1.200 Euro pro qm Wohnfläche aufgebracht werden muss. Wenn das Grundstück im
Erbbaurecht vergeben werden soll, sind es auch immerhin noch ca. 800 Euro pro qm Wohnfläche. Ein wichtiges Ergebnis der Gespräche mit der BSW über die Förderung im letzten Jahr war die Hoffnung, mit der Grundstücksvergabe im ­Erbbaurecht den Eigengeldanteil auf unter 500 Euro zu senken. Da aber inzwischen die Baukosten allgemein gestiegen sind und an vielen Stellen in der Stadt durch Gestaltungsleitfäden und ähnliches das Bauen weiter verteuert wird, konnte diese Hoffnung leider nicht erfüllt werden.

In der konkreten Beratungspraxis führt dies bei STATTBAU HAMBURG dazu, dass wir Gruppen, die diese hohen Eigengeldanteile nicht aufbringen können, von der Bewerbung um ein Baugemeinschaftsgrundstück abraten. Da auch die anderen Baubetreuer eine ähnliche Einschätzung haben, wurden z. B. für die Grundstücke auf dem Gelände der alten Esso ­Häuser in St. Pauli oder am Schlicksweg Barmbek Nord keine kleingenossen-schaftlichen Bewerbungen abgegeben und die Ausschreibungen mussten teilweise aufgehoben werden.

NEUE GRUNDSTÜCKE FÜR BAUGEMEINSCHAFTEN IN WILHELMSBURG UND VIELE GUTE IDEEN

Ab Mitte 2021 sollen die ersten Grundstücke für Baugemeinschaften in Wilhelmsburg vergeben werden. Bereits ab Frühjahr 2021 wird die IBA eine Baugemeinschaftskampage starten, um das Thema Baugemein-schaften auch in Wilhelmsburg bekannter zu machen. Dies ist der aktuelle Zeitplan, den die IBA und die Agentur für Baugemeinschaften kürzlich den Baubetreuern vorgestellt haben (im September 2020). Es gibt zwar noch gewisse Risiken bei der Einhaltung des Plans, aber zurzeit geht die IBA davon aus, dass es dabei bleibt. Dann würden in den nächsten Jahren in den verschiedenen Bau­abschnitten, die nach und nach vermarktet werden sollen, insgesamt 20 % aller Wohnungen, das sind ca. 1.000, für Baugemeinschaften bereitgestellt werden. Der erste Abschnitt wird das Wilhelmsburger Rathausviertel sein, wo die Vermarktung Mitte 2021 beginnt und in 2023 die Hochbaureife vorliegen soll. Es folgen dann im Jahr 2022 die Vermarktung des Elbinselquartiers und 2023 des Spreehafenviertels.
Außerdem hat sich die Stadt darauf festgelegt, dass alle Grundstücke in Wilhelmsburg im Erbbaurecht vergeben werden. Auch das Verfahren für die Grundstücksvergabe für die Baugemeinschaften soll verändert werden. Sobald die Grundstücke in die Vermarktung gehen, wird es ein allgemeines Interessenbekundungsverfahren geben, dabei können die Baugemein-schaften Präferenzen für bestimmte Lagen in den für Baugemeinschaften vorgesehenen Baublöcken abgeben. Je nach Bewerbungslage wird dann die IBA den Baugemeinschaften eine 12-monatige Reservierung für ein bestimmtes Grundstück zuteilen. Positiv an den vorgelegten Plänen ist weiterhin, dass die Stellplatzthematik für PKW zentral in Quartiersgaragen geregelt werden soll, d. h. es müssen keine Stellplatz-anlagen in den einzelnen Gebäuden errichtet werden. Insgesamt hat die IBA viele Anregungen aus dem Kreis der Baubetreuer, die schon in Abstimmungs-runden in 2018 und 2019 geäußert wurden, aufgegriffen.

GESTALTUNGSLEITFÄDEN KÖNNEN FÜR BAUGEMEINSCHAFTEN SCHWIERIG WERDEN

Allerdings zeichnen sich wieder ähnliche Probleme wie in anderen großen neuen Stadtentwicklungsquartieren ab. Die IBA erarbeitet zurzeit einen Gestaltungsleitfaden, der von zukünftigen Bauherrn einzuhalten ist, die Einzelheiten sind noch nicht bekannt. Dennoch ist zu befürchten, dass sich diese Vorgaben, so wie in den anderen Quartieren auch, baukostensteigernd auswirken werden. Da im geförderten Wohnungsbau die Finanzierung immer recht eng ist, können solche Anforderungen insbesondere für kleine Genossenschaften oder anderen eigenkapital-schwachen Bauherrn dazu führen, sich – wie oben beschrieben – nicht für ein solches Grundstück zu bewerben. In Verbindung mit dem Gestaltungsleitfaden wird vermutlich auch die freie Wahl der Architekten durch die Baugemeinschaften, die eigentlich üblich sein sollte, eingeschränkt werden. Die IBA hat angedeutet, dass nicht jeder Architekt zugelassen werden kann, sondern ein Architektenpool geschaffen werden soll, aus dem die Baugemeinschaft wählen kann. Das genaue Verfahren steht noch nicht fest.
Es bleibt zu hoffen, dass die Grundstücke nun wie geplant schnell auf den Markt kommen und die Reservierungen zügig umgesetzt werden, damit die Planungen beginnen und endlich wieder Baugemeinschaftsprojekte umgesetzt werden können. Nicht zuletzt durch die Kontaktbörse „Baut Zusammen!“ der Stadt Hamburg sind Erwartungen produziert worden, die irgendwann einmal erfüllt werden müssen. Sollten die Anforderungen an die Gestaltung der Häuser zu Mehrkosten führen, muss es hierbei zu einer Kompensation durch erhöhte Förderung kommen. Denn es kann nicht die Absicht der Stadt sein, auf der einen Seite wohnungspolitische Ziele in Koalitionsverträgen zu formulieren (Klein­genossenschaften) und auf der anderen Seite, die Umsetzung dieser Ziele durch bezirkliche Gestaltungsleitfäden o. ä. unmöglich zu machen.

Tobias Behrens ist Geschäftsführer von STATTBAU Hamburg GmbH.

zuerst veröffentlicht: FreiHaus 25(2020), Hamburg