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Prima Klima

Gemeinschaftliche Wohnprojekte als innovative Bauherrn

*** von Britta Becher ***

Am 4.7.2007 stellten der BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz), MIETER HELFEN MIETERN (Hamburger Mieterverein) und STATTBAU (Stadtentwicklungsgesellschaft u.a. für gemeinschaftliche Wohnprojekte und Baugemeinschaften) in Hamburg eine gemeinsame Programmatik zum Klimaschutz vor. Sie forderten den Hamburger Senat auf, ein wirksames Klimaschutzprogramm zur CO2-Reduktion zu erlassen und machten einen Vorschlag hierfür.

Eines der größten Einsparpotenziale des Klimakillers CO2 stellt in Hamburg die energetische Sanierung des Wohnungsbestandes dar. BUND Hamburg, Mieter helfen Mietern und STATTBAU haben erstmalig gemeinsam ein Klimaschutzprogramm mit klaren ordnungspolitischen Vorgaben erstellt, und forderten den Senat auf, dieses umgehend aufzugreifen und umzusetzen. Ihre Einschätzung ist, dass nur mit freiwilligen Maßnahmen die notwendigen Einsparziele nicht erreicht werden können.

Für den Bereich des Wohnungsneubaus und der Sanierung des Gebäudebestands schlagen der BUND Hamburg, Mieter helfen Mietern und STATTBAU Hamburg GmbH einige effiziente, ehrgeizige und Arbeitsplatz schaffende Instrumente vor, mit denen der Klimaschutz in Hamburg einen entscheidenden Schritt vorankommen wird.

So sollen z. B. städtische Grundstücke oder Fördermittel nur noch an klimafreundliche Neubauprojekte vergeben werden – ein Wettbewerb der baulichen und inhaltlichen Konzepte und nicht der Höchstgebote wäre die Folge. Hamburg muss bis zum Jahr 2020 40% CO2 einsparen (80% bis 2050). Dieses Ziel soll u. a. durch Sanierung im Wohnungsbestand und durch einen möglichst hohen Energiesparstandard bei Neubauten erreicht werden. Der Rest der Minimierungsschritte entfällt auf die Bereiche Energieerzeugung, Verkehr und Energieeffizienz.

Ganz grundsätzlich geht es bei der CO2-Verminderung im Wohnungssektor um zwei Strategien: zum einen, um das Einsparen beim Verbrauch (und damit einerseits weniger Verbrauch und gleichzeitig Sanierung der Gebäude zur besseren Dämmung und energiesparendem Erzeugen von Wärme) und zum anderen um den Einsatz regenerativer Energien zur Wärme- und Stromerzeugung.

Zahlen die Mieter die Zeche?

Dabei dürften die Sanierungsinvestitionen nicht einseitig auf die Mieter abgewälzt werden, um die Mietentwicklung nicht explodieren zu lassen. Die aktuelle gesetzliche Regelung, die die Kosten von Modernisierungsmaßnahmen mit 11% der Baukosten auf die Miete umlegen lässt (wenn es der Mietenspiegel zulässt), birgt massive Ungerechtigkeiten. So kann z. B. ein Vermieter einen KfW-Kredit für CO2 einsparende Maßnahmen für rd. 5% Zinsen aufnehmen, die Kosten der Maßnahme jedoch mit 11% auf die Miete umlegen. Ein zusätzlicher Gewinn, den so mancher Eigentümer gerne mitnehmen mag. Die Miete reduziert sich auch nach Rückzahlung der Kredite für die Maßnahmen nicht, sondern bleibt.

Das angeführte Argument, dass Mietern ja auch die Einsparungen zugute kommen, greift zu kurz, da die Eigentümer einen finanziellen Gewinn davon tragen, ggf. Geld für eine fällige Fassadensanierung einsparen, der Wert des Gebäudes zunimmt und sich Gebäude mit höherem energetischen Standard zukünftig voraussichtlich besser vermieten lassen.

Neben der Notwendigkeit von Maßnahmen im Wohnungsbestand, die in der Bundesrepublik und vor allem in Städten wie Hamburg in Bezug auf Klimaschutz den weitaus größten Effekt haben würden, ist auch die Umsetzung von innovativen Maßnahmen im Wohnungsneubau notwendig. Sie ist hier auch besonders sinnvoll, denn es können energieeinsparende und ressourcenschonende Bauweisen bereits in der Planung berücksichtigt werden.

Baugemeinschaften und Wohnprojekte haben sich bereits in frühen Jahren als Vorreiter erwiesen, indem sie in ihren Sanierungs- und Neubauvorhaben der 80er und 90er Jahre neue Wege gingen und ressourcenschonende Konzepte umsetzten, wie Brauchwasseranlagen, Regenwassernutzung, Fotovoltaik, moderne Heiztechnik, die im Vergleich zu herkömmlichen Heizungsanlagen der Altbauten bereits in erheblichem Maß Heizkosten reduziert. Mit dem technischen Fortschritt wurden in den vergangenen 15 Jahren dann andere Technologien möglich: Niedrigenergiehäuser und Passivhäuser wurden als Mehrfamilienhäuser gebaut. Bei größeren Bauvorhaben kam der Einsatz von Blockheizkraftwerken zum Tragen, bei denen die Wärme CO2-neutral vor Ort produziert wird, zusätzlich ökologischer Strom „abfällt“. Damit fehlen die bei der zentralen Energieversorgung wie z. B. Fernwärme oder Kohle- und Gaskraftwerken entstehenden massiven Wärmeverluste beim Transport der Wärme.

Zur Erläuterung

aus: FHH, BSU, Initiative Arbeit und Klimaschutz, Leben im Passivhaus, BSU, 2007

Primärenergiebedarf: Heizwärmebedarf, Nettowarmwasserbedarf, Energieverluste des Wärmeversorgungssystems, Energieverluste des Wärmeversorgungssystems, Hilfsenergiebedarf für Heizung und Warmwasser und Energieverbrauch für die Bereitstellung der Energieträger

Transmissionswärmeverluste: Produkt aus den Wärme übertragenden Umfassungsflächen und dem jeweiligen U-Wert unter Berücksichtigung der Wärmebrückenverluste

Wärmebrücken: örtlich begrenzte Schwächung des Wärmeschutzes in Bauteilen eines Gebäudes, durch den die Wärme schneller nach außen transportiert wird, als durch die anderen Bauteile

Schon in der Bauplanung berücksichtigen

Nicht nur angesichts steigender Preise für Energie, sondern vor allem um die Folgen des Klimawandels zu vermindern, ist es geboten, den Einsatz von energiesparenden Bauweisen umzusetzen.

Im Bau ist das Vermeiden von Wärmebrücken und die Luftdichtigkeit der Außenhülle von großer Wichtigkeit. Zum Einsatz kommen z. B. hochwertige isolierverglaste Fenster, Wärmedämmungen von 20–30 cm an Außenwänden, Kellerdecke und Dach, vernünftige Heizungen, kontrollierte Be- und Entlüftungen, Wärme-Tauscher, die die kalte einströmende Luft durch Vorbeiführen an der warmen verbrauchte Luft vorab erwärmen – insgesamt ergibt das Zusammenspiel der eingesetzten Baumaßnahmen den Gesamtwert des Einsparpotenzials.

In den Beratungen und Diskussionen bei den Projektplanungen haben wir die Erfahrung gemacht, dass dort wo die zukünftigen BewohnerInnen ihre Projekte gemeinschaftlich planen und bauen, sie auch auf die Energiefrage gucken und zwar nicht nur in Hinblick auf die billigste Kilowattstunde, sondern auch in Hinblick auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz und eigenes Verbraucherverhalten. Auch einige ArchitektInnen und IngenieurInnen, die mit und für Baugemeinschaften planen, haben sich im Feld des energieeffizienten Bauens qualifiziert und früh Erfahrungen gesammelt.

Wohnprojekte vorn – Niedrigenergie- und Passivhäuser

Der Anteil der Wohnprojekte unter den Bauherrn von Passivhäusern (d. h. Häuser, die vom Standard der Wärmedämmung und mit einer kontrollierten Beund Entlüftung so konzipiert sind, dass sie ohne zusätzliche Heizenergie auskommen und nur rd. 15 kW Primärenergiebedarf pro m² pro Jahr haben) ist besonders hoch. Mit zahlreichen realisierten Passivhäusern in den Jahren 2004 bis 2006 in Hamburg (Brachvogel-Genossenschaft/ 11 Wohneinheiten, Wohngenossenschaft Langenfelde Kieler Straße/ 45 WE, Parkhaus am Pinnasberg/19 WE, Wohnprojekt 13 in der Telemannstraße/ 18 WE) und Haus Bernstein auf dem Projektgelände des sozial-ökologischen Projekts Allmende in Ahrensburg zeigen sich die gemeinschaftlichen Wohnprojekte als innovative Bauherrn, die nach neuen Lösungen suchen und den Weg des Einsatzes innovativer Technologien gehen und damit Verantwortung für eine nachhaltige Zukunft übernehmen. Auch die Projekte autofreien Wohnens, z. B. an der Saarlandstraße in Hamburg- Winterhude, realisieren mit ihren um- weltschonenden Wohn- und Nutzungskonzepten hochwertige ökologische Standards.

Wenn nicht der hohe Passivhausstandard erreicht wird, so wird doch von vielen Projekten der Niedrigenergiehausstandard angestrebt. Hier wird unterschieden in Gebäude, die einen Primärenergiebedarf von bis zu 40 kWh pro Quadratmeter und Jahr haben und nicht mehr als max. 55 % Transmissionswärmeverlust aufweisen (sog. KfW-40 Standard) und Gebäuden mit einem Primärenergiebedarf von bis zu 60 kWh (pro m² und Jahr), sog. KfW-60 Standard.

Klimaschutz zum Förder-Kriterium machen

Mit dem Klimaschutzprogramm von BUND, MhM und STATTBAU wird die Stadt Hamburg aufgefordert, diese positive Bilanz zu erhöhen und nicht nur Anreize schaffen, sondern ganz konkret Maßnahmen als Strategien zur Realisierung zu ergreifen bei der Vergabe von Grundstücken und der Vergabe von Fördermitteln. Gleichzeitig sollen Bebauungspläne Festlegungen zu klimaneutraler bzw. Klimaschutz berücksichtigenden Bauweisen treffen.

Britta Becher ist Mitarbeiterin der STATTBAU und hat für das EU-Projekt SMART-Life einen Beitrag über die Nachhaltigkeit der Hamburger Wohnprojekte und Baugemeinschaften bearbeitet.

zuerst veröffentlicht: FreiHaus 14(2007), Hamburg