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Artikel Wohnungspolitik

Steilshoop im Wandel

Aus Sozialwohnungen werden Eigentumswohnungen – Geht es auch anders?

*** von Reiner Schendel und Britta Becher ***

Als sich im Mai letzten Jahres die Forscherinnen und Projektträger des bundesweiten Forschungsvorhabens des BBR „Genossenschaftspotenziale stärken“ in Hamburg trafen, versprach der Erste Bürgermeister, Ole von Beust, dass die städtischen Wohnungen von SAGA-GWG nicht zum Verkauf stünden. Damit scheinen diese 135.000 Wohnungen im Besitz der städtischen Wohnungsgesellschaft vorerst sicher vor Verkäufen an international agierende Fonds-Gesellschaften. Anders ist es mit Wohnungen, die anderen großen Eigentümergesellschaften gehören, wie z. B. Eisenbahnerwohnungen oder die Wohnungen der Gagfah.

Vor wenigen Jahren wurden die Gagfah-Wohnungen an eine amerikanische Fondsgesellschaft verkauft. Damit wird die Sozialbindung dieser Wohnungen in einigen Jahren auslaufen. Einzelne Mieter und Mieterinnen der Wohnungen sind bereits gefragt worden, ob sie ihre Wohnungen selbst kaufen wollen und wurden damit zutiefst verunsichert. Am 29. August 2007 fand eine Veranstaltung vor Ort statt, zu der eine Gruppe aus der aktiven Mieterschaft zur Diskussion der Mieter und Mieterinnen mit Herrn Kock (in Vertretung des Senators der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, Herrn Diesener von der Lawaetz Stiftung und Reiner Schendel von der STATTBAU HAMBURG GmbH eingeladen hatten.

Hierbei wurde versucht, die Risiken und Chancen auszuloten und alternative Möglichkeiten der Wohnungssicherung und des Wohnungserwerbs aufzuzeigen.

Alle Anwesenden begrüßten das Engagement der Mieterschaft und forderten sie auf, ihre Rechte aktiv und gemeinsam wahrzunehmen.

Reiner Schendel von STATTBAU skizzierte, wie und unter welchen Bedingungen die Übernahme von Wohnraum durch Bewohnergenossenschaften möglich ist. Erfahrungen gab es in der Vergangenheit bei der Übernahme der 324 Wohnungen der ehemaligen Neue-Heimat-Wohnungen in den Falkenried-Terrassen in Hamburg Eppendorf durch die Mietergenossenschaft und bei der Übernahme und Gründung der Mietergenossenschaft Farmsen (mit rund 2500 Wohnungen) durch die Mieter und Mieterinnen der ebenfalls ehemaligen Neue-Heimat-Siedlung.

Weiterhin berichtete er von Übernahmeaktionen durch Genossenschaften von vom Verkauf bedrohten Wohnungsbeständen in Schleswig-Holstein (die neue Kleingenossenschaft Esbjergweg eG in Kiel Mettenhof, Überführung des kommunalen Wohnungsunternehmen in eine neue Genossenschaft in Pinneberg und Kauf von Mietwohnungsbeständen in Flensburg durch eine am Ort ansässige Genossenschaft).

Voraussetzung für das Gelingen waren in beiden Fällen aktive Mieterschaft, ein Mitwirken der Politik, sowie die Bereitstellung von öffentlichen Mitteln zur Sanierung und Modernisierung der seit langem vernachlässigten Wohnungen.

Die momentane Fördersituation in Hamburg sieht vor, dass der Kauf von einzelnen Wohnungen als Eigentumswohnung bei Einhaltung der individuellen Förderkriterien durch die Hamburgische Wohnungsbaukreditanstalt im Rahmen des Eigenheimprogramms gefördert werden kann. Möglich wäre auch eine Förderung im Rahmen des (genossenschaftlichen) Mietwohnungsbaus, wenn umfangreiche Umbaumaßnahmen zur Schaffung von Wohnraum notwendig wären. Im Rahmen dieser Mietwohnungsbauförderung könnte die Gesamtfinanzierung inklusive Erwerb von Grundstücken und Gebäuden gefördert werden. Da im Falle der Gagfah-Wohnungen aber keine wesentlichen Umbauten notwendig sind, entfällt zur Zeit die Möglichkeit einer Förderung des Ankaufs. Reiner Schendel schlug vor, bei der zuständigen Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt entsprechende Fördermöglichkeiten einzufordern. Möglich wäre z. B. eine Förderung wie in Schleswig-Holstein, bei der ein fester Betrag pro Wohnung als zinsgünstiges Darlehen vom Land gewährt wird, wenn Mietwohnungen von geeigneten Trägern wie Genossenschaften übernommen werden. Als Gegenleistung wird dann eine Mietpreis- und Belegungsbindung verlangt, die die soziale Sicherung gewährleisten soll. Für notwendige Sanierungsmaßnahmen könnten die existierenden Instandsetzungs- und Modernisierungsprogramme genutzt werden.

Vor Ort will die Mieterinitiative weiter an dem Thema arbeiten und sich für ihre Belange einsetzen.

zum Thema

Das wohnbund-Heft Nr. III+IV/2006, „Ausverkauf der Wohnungswirtschaft“: rund 55 Seiten mit Artikeln über Problematik und Chancen von Wohnungsverkäufen sowie Lösungsstrategien. […]

Reiner Schendel und Britta Becher sind MitarbeiterInnen der STATTBAU und in der Mission genossenschaftlicher Lösungen für gemeinschaftliches Wohnen unterwegs.

zuerst veröffentlicht: FreiHaus 14(2007), Hamburg