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Artikel Wohnprojekte Hamburg

Trauerspiel in Barmbek-Süd

*** von Gerda Hallberg ***

Die Stadt Hamburg hatte Ende 1998 Wohngruppen Grundstücke angeboten. Die Adventsfreude von damals ist einer heftigen Katerstimmung gewichen. Ein besonders bitteres Trauerspiel wird seit Monaten in Barmbek-Süd gegeben.

Zweihundert Wohnungen in Hamburg für Wohnprojekte – und das in jedem Jahr. So steht es in der Koalitionsvereinbarung der rot-grünen Landesregierung aus dem Jahre 1997. Als dann Ende 98 eine Reihe von Wohngruppen Grundstücke angeboten bekamen, hatte FreiHaus dies eine „Götterdämmerung“ genannt. Jetzt dämmert es den Wohnprojekten, dass die meisten angebotenen Grundstücke einen Pferdefuß haben, so auch das der ARCHE NORA e.V.

Wir warteten bereits seit 1995 auf ein Grundstück und waren bass erstaunt, als uns Ende 1998 nicht nur eins sondern insgesamt neun Grundstücke als Angebot von der Liegenschaft ins Haus flatterten. Für ältere und alte Frauen ist ein Haus mit Nähe zu Einkaufsmöglichkeiten , öffentlichem Verkehrsnetz und vielleicht noch Grünflächen im Stadtbereich wichtig. All das bot das Grundstück von-der-Essenstraße/Zeisigstraße an – die Schule als Hintergrund und Nachbar bedeutete Leben. Unsere Gruppe interessierter künftiger Bewohnerinnen wuchs ganz schnell auf 15 Frauen an und ging mit Elan zu Werke.

Ein Grundstück mit Pferdefuß

Dieses Randgrundstück der Adolph-Schönfelder-Schule war 1995 von der Schulbehörde an die Liegenschaft verkauft worden. Grundlage war ein Geschäft auf Gegenseitigkeit: Die Schulbehörde brauchte Geld, die Stadt bebaubare Grundstücke. Das alles war ohne Information der Schule und der Eltern passiert, deren Zustimmung hätte eingeholt werden müssen. Die Eltern waren also überrascht worden und sahen – nach Information durch die Presse über die geplante Bebauung – die Spiel und Sportmöglichkeiten ihrer Kinder an den Nachmittagen gefährdet. Sie gingen nun selbst an die Presse mit dem Motto: „Man will unseren Kindern den Schulhof nehmen.“ Und daher strengten sie ein Bürgerbegehren gegen die Bebauung an – mit überwältigendem Erfolg.

Arche Nora alleingelassen und in der Zwickmühle

Ungefähr zur gleichen Zeit wurde Barmbek-Süd – zu diesem Stadtteil gehört die Schule – vom Senat zum sozialen Stadtentwicklungsgebiet erklärt. Der Bezirk Nord und die Politik hüllten sich wegen des Konflikts um das Grundstück in Schweigen. Es gab zwar einen alternativen Plan – aber der guckte nur einmal kurz aus der Schublade. Politik mit den Bürgern war offensichtlich nicht machbar.

Was wird nun aus unserem ARCHE-NORA-Haus? Wir sind nicht sehr erbaut, gegen einen ganzen Stadtteil zu bauen. Denn nach dem Selbstverständnis unserer Wohnprojekte, wollen die Bewohnerinnen sich nicht nur auf ih Haus beschränken, sondern mit den Nachbarn und dem Umfeld gute Kontakte pflegen.

Resignation auf der ganzen Linie

Ende März 2000: Das Bürgerbegehren ist erfolgreich und nach einigen Querelen aus dem Bezirksamt auch anerkannt worden. In der ARCHE NORA e.V. haben sich nach so langer Zeit die Interessentinnen zurück gezogen – noch zwei blieben übrig. Unsere künftigen Bewohnerinnen sind zwischen 55 und 65 Jahre alt. Sie wollen – solange sie noch können – ihre Wohn- und Lebenssituation für ihren dritten Lebensabschnitt neu gestalten. Da sind fünf bis sechs Wartejahre einfach zu lang. Dann bleibt am Ende vielleicht doch nur das Altenheim, das frau doch vermeiden wollte.

Schweren Herzens haben wir jetzt – wie auch das zweite Wohnprojekt „Mobiles Wohnen“ – das Grundstück aufgegeben. Wir hoffen auf Verständnis und Unterstützung der Liegenschaft und auf ein alternatives Grundstück – wenn möglich im gleichen Stadtteil.

Gerda Hallberg ist Vorstandsmitglied der ARCHE NORA e.V.

Zuerst veröffentlicht: Freihaus 6(2000), Hamburg