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Artikel Finanzierung/Förderung Wohnprojekte Hamburg

Was zivilgesellschaftlichen Bauherr*innen fehlt, ist das Eigenkapital

Das Beispiel der gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaft Schlüsselbund eG

*** von Joscha Metzger ***

Die Genossenschaft Schlüsselbund eG wurde 2012 von sozialen Trägern gegründet, um Wohnraum für Menschen zu schaffen, die sich aufgrund be­sonderer sozialer Probleme am Markt nicht selbst versorgen können. Zum Ende dieses Jahres wird das erste von der Genossenschaft errichtete Haus mit Wohnraum für 30 vordringlich wohnungs­suchende Menschen fertig gestellt. Diesem Er­folg gingen lange Jahre der Grundstückssuche, Planung und Verhandlungen um Möglichkeiten der Finanzierung voraus. Bis heute leidet die Ge­nossenschaft unter einer mangelnden Kapital­ausstattung. Eine Neue Wohngemeinnützigkeit könnte insbesondere Akteuren wie der Schlüssel­bund eG bessere Rahmenbedingungen bieten, um ihre gemeinnützigen Ziele umzusetzen.

Bereits im Jahr 2010 traten gemeinnützige Trä­ger an STATTBAU HAMBURG heran, um ein Modell für die Schaffung von günstigem Wohnraum für psychisch kranke Menschen zu eruieren. Die Trä­ger wollten nicht selbst bauen und vermieten, um eine Trennung zwischen der Vermieterrolle und der Assistenzanbieterrolle zu ermöglichen. Die Über­legungen mündeten daher in der ungewöhnlichen Konstellation der Gründung einer gemeinnützigen Genossenschaft. Genossenschaften sind eine demokratische, solidarische und selbstverwaltete Form des Wohnens, in der sich die Mitglieder – üblicherweise – durch Genossenschaftsanteile am Bau beteiligen und im Gegenzug durch die Bereit­stellung bezahlbaren Wohnraums gefördert wer­den. In der Schlüsselbund eG schließen sich da­gegen vorrangig soziale Träger zusammen, um die Genossenschaft dazu zu befähigen, Wohnraum für Menschen mit Unterstützungsbedarf zu erstellen. Die Träger haben ein Vorschlagsrecht für die Be­legung der Wohnungen, die Vermietung erfolgt aber durch die Genossenschaft. Auf diesem Wege kön­nen zwei Ziele zugleich erreicht werden: Die Träger können Menschen, die aus ihren Betreuungsver­hältnissen kommen, mit Wohnraum versorgen und die Mieter*innen erhalten ein Mietverhältnis, dass von ihrer Betreuungssituation unabhängig ist.

Die Idee der Schlüsselbund eG wurde von Sei­ten der Hamburger Behörden und der Investitions-und Förderbank (IFB) sehr positiv aufgenommen und unterstützt. Dennoch gestaltete sich die Suche nach Grundstücken und die Aufstellung der Finanzierung im Kontext eines angespannten Bodenmarktes und steigender Baukosten extrem schwierig. Im Jahr 2017 konnten zwei städtische Grundstücke mit einem Erbbaurechtsvertrag ge­pachtet werden. Erst im Jahr 2022 eröffnete sich – durch die in diesem Jahr außerordentlich ver­besserte Förderung der IFB – endlich die Möglich­keit, auf einem dieser Grundstücke zu bauen. Das Haus mit 30 kleinen und kompakten Wohneinheiten steht kurz vor der Fertigstellung. Belegt werden soll es durch Frauen mit körperlichen und geisti­gen Einschränkungen und ihrem Kind, Menschen mit psychischer Behinderung, Haftentlassenen und jungen Erwachsenen, die bisher Unterstützung erhalten haben. Es haben erste Begehungen mit In­teressent*innen stattgefunden und sowohl die zu­künftigen Mieter*innen als auch die sozialen Träger und die Genossenschaft freuen sich darauf, endlich das Haus beziehen zu können.

Die Versorgung vordringlich Wohnungs­suchender stellt auf dem angespannten Wohnungs­markt in Hamburg ein großes Problem dar. Derzeit leben etwa 13 000 Haushalte viel zu beengt, in einer Unterkunft oder auf der Straße. Die Stadt Ham­burg bemüht sich zwar mittels ihres eigenen Unter­nehmens Fördern und Wohnen sowie Wohnungs­bauförderprogrammen der IFB, Abhilfe zu schaffen, in den vergangenen Jahren stieg die Zahl Woh­nungs- und Obdachloser Menschen dennoch immer weiter an. Als Zusammenschluss zivilgesellschaft­licher Akteure ist die Schlüsselbund eG mit dem Vorhaben angetreten, einen Beitrag zur Linderung dieser Wohnungsnot zu leisten. Die finanziellen An­forderungen des Wohnungsbaus – insbesondere in Zeiten explodierender Grundstücks- und Bau­kosten, Lieferengpässen und Fachkräftemangel – drohen jedoch die Mittel zu überfordern, die soziale Träger aufwenden können. Hamburg ist eine Stadt, in der sich potenzielle Bauherr*innen aus dem Be­reich der Sozialwirtschaft und der Baugruppen deutlich stärker am Wohnungsbau beteiligen wür­den und könnten – wenn sie in der schwierigen Phase der Schaffung von Organisationsstrukturen, Planung und Bauvorbereitung mehr Unterstützung erhalten. Eine Neue Wohngemeinnützigkeit könnte ein passendes Mittel sein, um eine zusätzliche Dy­namik in diesem Wohnungssegment zu erzeugen.

Dr. Joscha Metzger promovierte zum Thema Genossen­schaften und Wohnungsfrage und arbeitet als Projektent­wickler und Baubetreuer bei STATTBAU HAMBURG

zuerst veröffentlicht: FREIHAUS 27(2023), Hamburg