Kategorien
Artikel Finanzierung/Förderung Klimaschutz/Mobilität Stadtentwicklung

Wie die Förderung das Bauen beeinflusst

Mögliche Konsequenzen der jüngsten Änderungen an der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG)

*** von Mathias Milde ***

Der plötzliche und auch für die Fachwelt völlig unerwartete Stopp der KfW-Effizienzhausförderung sowohl für Neubau- als auch Sanierungsvorhaben hat im Januar dieses Jahres für große Aufregung nicht nur bei Bauherren und der Immobilienwirtschaft gesorgt.

Die zahlreichen darauffolgenden und sich fortsetzenden Änderungen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) im Verlauf der letzten Monate haben einen geringeren medialen Nachhall erzeugt, ihre Aus-wirkung auf die Bautätigkeit hierzulande sollte dennoch nicht unterschätzt werden.

War das vollständige Aussetzen der Effizienzhausförderung vor allem auf eine Flut von Anträgen auf die auslaufende KfW-55-Förderung und das dadurch erschöpfte Budget im Bundeshaushalt zurückzuführen, sind die Motive für den sukzessiven Umbau der gesamten Förderlandschaft grund-sätzlicher Natur.

Den mit Abstand größten Teil aller Wohngebäude in Deutschland machen Altbauten aus, rund 64% hiervon wurden vor 1979 gebaut und sind per se durch einen hohen Energieverbrauch gekennzeichnet (1977 trat mit der sogenannten Wärmeschutzverordnung die erste öffentlich-rechtliche Vorschrift Deutschlands in Kraft, die einen energiesparenden Wärme-schutz von Gebäuden vorschreibt).

Neubauten, deren Energiebilanz naturgemäß deutlich besser ausfällt, haben beispielsweise in Hamburg einen Anteil von 8% am gesamten Gebäudebestand. In anderen Bundesländern liegt dieser Anteil mitunter bei nur 3%.

Es wird angenommen, dass das Potential zur Energieeinsparung durch die energetische Sanierung von Bestandsgebäuden 4,5-mal größer ist, als durch die energieeffiziente Ausstattung der zahlenmäßig geringen Neubauten.

Davon ausgehend, dass das größte Potential zur CO2-Einsparung somit im Gebäudebestand liegt, wird die Gewichtung der förderfähigen Maßnahmen im Rahmen des BEG weg vom Neubau hin zur Bestands-sanierung, und hierbei vor allem zum Austausch von Heizungsanlagen, verschoben.

Um die begrenzten Fördermittel breiter als bisher auf möglichst viele Empfänger verteilen zu können, wurden die Fördersätze jedoch auch im Sanierungsbereich nach unten korrigiert.

Auf die Vielzahl an mitunter kleinteiligen Änderungen und Neuerungen soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden, einige auf das wesentliche vereinfachte Beispiele können im Folgenden aber den eingeschlagenen Weg verdeutlichen.

Beispiel Effizienzhaus (EH) Neubau:
Das Effizienzhaus 55 wurde bis Anfang 2022 mit einem Zuschuss in Höhe von 15% der maximalen Kreditsumme von 120.000 Euro je Wohneinheit gefördert. Da die Anforderungen an diesen energetischen Standard mittlerweile dem gesetzlichen, also dem durch das am 01.11.2020 in Kraft getretene Gebäudeenergiegesetz (GEG) vorgeschriebenen Standard sehr nahekommen, wurde die EH-55-Förderung ersatzlos gestrichen.

Betrug der Tilgungszuschuss für ein Effizienzhaus 40 im Jahr 2021 noch 20% von 120.000 Euro (Effizienzhaus 40 Plus: 25%) konnten im Sommer 2022 vor Inkrafttreten der BEG-Reform am 28.07.2022 immerhin noch 12,5% in Anspruch genommen werden. Mittlerweile beträgt der Fördersatz nur noch 5% für ein EH 40 NH, also ein Effizienzhaus 40, das zusätzlich noch neu eingeführte Kriterien der Nachhaltigkeit erfüllen muss.

Beispiel Effizienzhaus Sanierung:
Dem einzigen im Neubaubereich verbliebenen EH-Standard 40 NH stehen im Sanierungsbereich mehrere EH-Standards gegenüber, die durch die Ertüchtigung von Gebäudehülle und Haustechnik erreicht und wie in Abbildung 1 dargestellt gefördert werden.

Beispiel Einzelmaßnahmen in der Sanierung:
Der Fördersatz für einzelne Maßnahmen bei der Sanierung der Gebäudehülle wie zum Beispiel dem Austausch der Fenster, Wärme-dämmung von Wand, Dach, Kellerdecke u.v.m. ist im Rahmen der BEG-Reform von 20% auf 15% gesunken. Gleiches gilt für Einbau, Austausch oder Optimierung der Anlagentechnik. Hiermit sind raumlufttechnische Anlagen mit Ausnahmen von Anlagen zur Wärmeerzeugung, also Heizungsanlagen gemeint. Für diese stellen sich die Änderungen dar, wie auszugsweise wie in Abbildung 2 aufgeführt.

Mögliche und tatsächliche Konsequenzen der BEG-Reform:
Vor allem wegen der mit dem Krieg in der Ukraine verbundenen Verknappung fossiler Brennstoffe wurden einige Änderungen am BEG in den Sommer 2022 vorgezogen, die eigentlich erst mit dessen
Neuausrichtung in 2023 vorgesehen waren. Dass diese Änderungen sehr
kurzfristig und auch mit nur kurzer Ankündigungsfrist in Kraft getreten sind, hat vielen Bauwilligen Probleme bereitet. Diese reichen von der Not-wendigkeit von heute auf morgen obsolet werdende Finanzierungen komplett neu zu organisieren über die Reduktion des baulichen Umfangs um Kosten zu sparen, … bis hin zum Verzicht darauf überhaupt zu bauen, da die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens nicht mehr gegeben ist.

Die hierdurch gebremste Neubautätigkeit dürfte das Erreichen des von der Regierungskoalition ausgegebenen Ziels jährlich 400.000 neue Wohnungen zu bauen, neben den steigenden Zinsen und hohen Baukosten zusätzlich erschweren.

Auch werden Bauwillige die Mehrkosten, die das Erreichen eines höheren energetischen Standards wie des KfW-EH 40 per se mit sich bringt, scheuen und stattdessen nur den gesetzlich vorgeschriebenen energetischen Mindeststandard anstreben. Hierdurch geht ein Teil des CO2-Einsparpotentials über Jahrzehnte verloren. Das Ziel der Bundes-regierung bis zum Jahr 2045 einen klimaneutralen Gebäudebestand in Deutschland zu erreichen, wird dadurch in Mitleidenschaft gezogen.

Darüber hinaus wurde auch die Art und Weise der Bereitstellung der Fördermittel deutlich umgestellt: War es bisher möglich sich den Neubau oder die Sanierung zum Effizienzhaus-Standard auch mit einem Direktzuschuss (und eigener Finanzierung zum Beispiel durch die Hausbank) nach Fertigstellung fördern zu lassen, erfolgt die EH-Förderung jetzt nur noch in Form eines KfW-Kredits mit Tilgungs-zuschuss. Wer also bereits eine Finanzierung ohne KfW-Kredit zugesagt und mit dem Direktzuschuss kalkuliert hatte, musste nun plötzlich auf bis zu 30.000 Euro Zuschuss pro Wohneinheit verzichten.

Die Sanierung in Form von Einzelmaßnahmen (BEG EM) konnten bisher sowohl in der Kredit- als auch in der Zuschussvariante gefördert werden. Nur letzteres ist hiervon nach der Umstellung des BEG geblieben. Dies hat unter anderem zur Folge, dass Sanierungswillige ihre Vorhaben nicht mit günstigen KfW-Krediten durchführen können, sondern bis zur Fertig-stellung und der daran geknüpften Auszahlung des Direktzuschusses zusätzlich eine Zwischenfinanzierung organisieren müssen, was wiederum mit zusätzlichen Kosten verbunden ist. Eigenkapitalschwache Haus- und Wohnungsbesitzer haben bei der Realisierung der zum Erreichen der Klimaziele besonders wichtigen Sanierungsmaßnahmen demnach zusätzliche Hürden zu überwinden.

Aller berechtigten Kritik zum Trotz sind die Anreize für Immobilien-besitzer sich endlich von fossilen Brennstoffen zur Wärmeerzeugung zu trennen und den Energiebedarf ihrer Bestandsgebäude durch die Ertüchtigung der Gebäudehülle zu einzudämmen, aber deutlich gestiegen.

Bezüglich der Effizienzhaus-Standards ist davon auszugehen, dass EH 40 auf absehbare Zeit zum gesetzlichen Mindeststandard wird, so dass auf BEG-geförderte Neubauten weitere Anforderungen zukommen dürften. Die Verschärfung der Anforderungen auch an zu sanierende Bestands-gebäude ist ebenfalls bereits für 2023 vorgesehen.

Neubauten haben in Hamburg einen Anteil von 8% am gesamten Gebäudebestand. In anderen Bundesländern liegt dieser Anteil mitunter bei nur 3%.

Änderungen bei der Sanierung zum
Effizienzhaus mit dem Stichtag 28.07.2022
EH StufeTilgungszuschuss vorherTilgungszuschuss aktuellBei Erreichen der Erneuerbare-Energien-Klasse (EE) zusätzlich
EH 10027,5%0%0%
EH Denkmal25%5%5%
EH 8530%5%5%
EH 7035%10%5%
EH 5540%15%5%
EH 4045%20%5%
Abb. 1: Um den Zusatz Erneuerbare-Energien-Klasse (EE) und die damit verbundene zusätzliche Förderung zu erlangen, müssen erneuerbare Energien einen Anteil von mindestens 55% des für die Wärme- und Kälteversorgung des Gebäudes erforderlichen Energiebedarfs erbringen. (Tabelle in Anlehnung an BMWK: “Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG)”)

Änderungen der Fördersätze für Einzelmaßnahmen
bei der Wärmeerzeugung (Auszug)
MaßnahmeDirekt­zuschussDirekt­zuschussHeizungstausch-bonus
zusätzlich
Solar-
thermie
30%25%0%
Biomasse35%10%10%
Wärmepumpe35%25%10%
Abb.2: Der Heizungstauschbonus kann zusätzlich zu den genannten Fördersätzen beim Austausch einer betriebsfähigen Öl-, Gasetagen-, Gaszentral-, Kohle- oder Nachtspeicherheizungsanlage gewährt werden. Gasheizungen müssen für den Heizungs-Tausch-Bonus ein Mindestalter von 20 Jahren aufweisen (Ausnahme: Gasetagenheizungen). (Tabelle in Anlehnung an BMWK: “Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG)”)

Eigenkapitalschwache Haus- und Wohnungsbesitzer haben bei der Realisierung der zum Erreichen der Klimaziele besonders wichtigen Sanierungsmaßnahmen zusätzliche Hürden zu überwinden

Matthias Milde, Ausbildung zum Zimmermann und Architekturstudium, ist in der Architekturabteilung bei STATTBAU HAMBURG tätig.

Cover der Freihaus Ausgabe Nr. 26, erschienen im Dezember 2022

zuerst veröffentlicht: FreiHaus 26(2022), Hamburg