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Freiburg Vauban : Baugruppen bevorzugt

*** von Katharina Strauf ***

Auf dem Gelände der ehemaligen Vauban-Kaserne im Süden Freiburgs entsteht ein neuer Stadtteil. Seit dem Herbst 1993 läuft die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme Vauban, in deren Rahmen bis 2006 in insgesamt drei Vermarktungsschritten ein Modellstadtteil Vauban mit 2.000 Wohneinheiten für 5.000 Bewohner und 600 Arbeitsplätzen entstehen soll.

Das Gelände der ehemaligen Kaserne gehörte nach dem Abzug der französischen Truppen 1992 (wieder) dem Bund, dann dem Land Baden-Württemberg und schließlich der Stadt. Durch einen kompletten Abriss der alten Gebäude sollte nach Willen der Stadt sehr attraktives Bauland für finanzstarke Investoren geschaffen werden. Der Gemeinderat beschloss den Abriss. Elf der alten Mannschaftsgebäude wurden jedoch erhalten und werden für unterschiedliche Zwecke genutzt. Der übrige Bereich von Vauban ist für Neubebauung vorgesehen.

Kasernen zu Wohnraum

Den ersten Schritt machte Anfang der 90er Jahre eine Gruppe von Studenten mit einem Umnutzungskonzept für die alten Mannschaftsgebäude. Bobby J. Glatz stellte mit seiner Diplomarbeit 1990 das Konzept der SUSI (Selbstorganisierte Unabhängige Siedlungsinitiative) vor, die im Herbst desselben Jahres als Verein gegründet wurde. Vorbild war das Projekt der Konstanzer “Chérisy-Kaserne“, die bereits Ende der 70er-Jahre von der Evangelischen Studentengemeinde in Eigenarbeit umgebaut worden war. Das alternative Wohnprojekt SUSI bekam nach dem Abzug der französischen Truppen 1992 vier Mannschaftsgebäude zugesprochen, die Fördermittel wurden im Herbst 1993 bewilligt.

Neben den Gründerlnnen von SUSI interessierte sich auch das Studentenwerk für den Erhalt der alten Gebäude. Das Studentenwerk bekam sechs der ursprünglich 20 Mannschaftsgebäude zugesprochen und baute sie relativ zügig zu Studentenbuden um.

Neubau in Etappen

Im Neubaubereich gibt es Geschosswohnungsbau und Reihenhäuser, je nach Lage mit drei, vier oder fünf Stockwerken. Es entstehen Eigentumswohnungen, Mietwohnungen sowie viele Häuser privater Bauleute, die sich alleine oder im Rahmen einer Baugruppe ihre Wohnwünsche erfüllen. Der Stadtteil wird in drei Vermarktungsschritten gebaut. Anfang April 1998 war Baubeginn für den ersten Abschnitt, seit September 1998 wohnen die ersten “Neuen” im Stadtteil. Zur gleichen Zeit begann im zweiten Vermarktungsabschnitt (VMA) die Bodensanierung. Die Vermarktung begann im Frühjahr 1999, Baubeginn war im Februar 2000. Die Grundstücksvergabe im 3. Abschnitt wird voraussichtlich 2002 beginnen.

Im ersten VMA befinden sich u.a. eine Grundschule, ein städtischer Kindergarten, die Quartiersgarage und das zukünftige Bürgerhaus am zentralen Marktplatz.

Baugruppen vor Bauträger

Außer den ökologischen und sozialen Belangen wollte die Stadt eine soziale Mischung der Bewohnerlnnen auf dem Vauban erreichen. Aus diesem Grund wurden sogenannte Baugruppen und Einzelbauherren bei der Bauplatzvergabe gegenüber den Bauträgern bevorzugt. Die “Baugruppe 14” setzte den ersten Spatenstich, die Baugruppe “Wohnen und Arbeiten” baut auf dem Vauban ein Passivhaus mit ökologischem Sanitärkonzept und die “Baugruppe Gärtner” erstellt am Südrand des ersten Bauabschnitts ebenfalls zwei Passivhäuser.

Ökologische Ausrichtung

Auf dem Vauban sind einige ökologische Standards festgeschrieben. Niedrigenergiebauweise ist verpflichtend. In der Solarsiedlung des bekannten Solararchitekten Rolf Disch erfolgt eine starke aktive und passive Nutzung von Sonnenenergie. Die Passivhäuser erwirtschaften sogar mehr Energie, als sie zum Betrieb benötigen. Der Restenergiebedarffür das Quartier soll durch ein Blockheizkraftwerk gedeckt werden, nach Möglichkeit auf der Basis erneuerbarer Energieträger wie z.B. Rapsöl.

Katharina Strauf ist angehende Stadtplanerin an der TU Hamburg-Harburg und war von September 2001 bis Januar 2002 Praktikantin bei STATTBAU.

Chronologie

■ 1990 Studenten erstellen ein Umnutzungskonzept für die alten Mannschaftsgebäude. Der Architekturstudent Bobby J. Glatz stellt mit seiner Diplomarbeit das Konzept SUSI vor. Die “Selbstorganisierte Unabhängige Siedlungsinitiative” wird als Verein gegründet.

■ 1992 Der Gemeinderat stimmt SUSI zu. Im August zieht die französische Armee ihre Soldaten aus der Kaserne ab. Der Ini- tiative-SUSI werden vier Mannschaftsgebäude zugesprochen

■ 1993  Das Land Baden-Württemberg gibt die Fördenmittel frei. Die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme beginnt.

■ 1995 “Erweiterte Bürgerbeteiligung“ der  Stadt Freiburg. Der Verein “Forum Vauban” wird als offizieller Träger des Bürgerbeteiligungsprozesses Vauban anerkannt.  

■ 1996 Mit Mitteln der Deutschen Bundesstiftung Umwelt wird das Projekt “Fachliche Begleitung der erweiterten Bürgerbeteiligung” durchgeführt. Mit der Werbekampagne “Wohnfrühling in Vauban” beginnt die Suche nach zukünftigen Bewohnerlnnen. Die GENOVA Wohngenossenschaft Vauban wird gegründet.

■ 1997 Das Projekt “Realisierung des nachhaltigen Modellstadtteils Vauban” wird in das LIFE-Programm der Europäischen Kommission aufgenommen.

■ 1998 offizieler Baubeginn im Stadtreit Vauban im April 1998 im ersten VMA. Die ersten Bewohner ziehen Ende des Jahres ein.

■ 1999 lm Frühjahr erfolgt die erste Runde der Vermarktung des zweiten VMA. Vom 28.-31.10 führen das Forum Vauban und der Internationale Rat für kommunale Umweltinitiativen (ICLEI) die Konferenz “StadtVision-Nachhaltige Stadtentwicklung und neue Formen der Bürgerbeteiligung“ durch. Seit Oktober ist das Forum Vauban offiziell als Träger der Quartiersarbeit bekannt. Das LIFE-Programm wird Ende Jahres erfolgreich abgeschlossen.

■ 2000 Baubeginn für den zweiten VMA 

■ 2002 Vorraussichtlicher Beginn der Grundstückvergabe für den dritten VMA 

Zuerst veröffentlicht: Freihaus 8(2002), Hamburg