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Artikel Rechtsform/Genossenschaft

Genossenschaftsgesetz

Weitere Änderungen geplant

*** von Tobias Behrens ***

Auf der Mitgliederversammlung des Bundesvereins zur Förderung des Genossenschaftsgedankens am 31. August 2012 in Berlin stellte die leitende Regierungsdirektorin, Frau Ute Höhlfeld, vom Bundesministerium für Justiz die Diskussion innerhalb des Justizministeriums zum Thema Genossenschaftsgesetz vor.

Hintergrund dieser Beschäftigung ist ein Antrag des Rechtsausschusses, festgehalten in der Bundestagsdrucksache 16/1524, in der der Ausschuss die Bundesregierung auffordert, „… sobald hinreichende Erfahrungen mit den neuen Regelungen vorliegen über die Auswirkung dieser Ausnahmeregelung zu berichten und zu gegebener Zeit weitere Ausdehnungen vorzuschlagen….“ Hintergrund dieser Beschlussempfehlung waren Erwartungen des Rechtsausschusses, dass die bisherigen Kernpunkte der Änderung des Genossenschaftsgesetzes im Jahr 2006 u.a. zu einer deutlichen Reduzierung der Prüfungskosten für kleine Genossenschaften führen sollten (durch Wegfall der Jahresabschlussprüfung). Trotz dieser Kostensenkung sollte aber die Qualität der genossenschaftlichen Prüfung nicht beeinträchtigt werden. Dies sei zu erreichen, indem die Prüfung sich nicht mehr an den besonderen, aus dem Handelsgesetzbuch abgeleiteten Vorschriften für die Prüfung von Kapitalgesellschaften orientieren sollte, sondern spezielle Prüfungsstandards, die auf die besonderen Bedarfe und Situationen der Genossenschaften zugeschnitten sind, entwickelt werden sollten.

Aufgrund dieses Auftrages und dieser Erwartung hat das Bundesjustizministerium im Jahr 2008 eine Umfrage bei den genossenschaftlichen Prüfungsverbänden durchgeführt und die Ergebnisse im Mai 2009 dem Rechtsausschuss vorgelegt. Der GdW hat dem Justizministerium erklärt, das bei ca. 50% der bei ihm organisierten Wohnungsgenossenschaften die Voraussetzungen vorlagen, um sich von der Verpflichtung zur Prüfung des Jahresabschlusses befreien lassen zu können.

Weiterhin hat der GdW hat dem Justizministerium geantwortet, dass es bei den Pflichtprüfungen Kosteneinsparungen von durchschnittlich ungefähr 19% gegeben hat. Die Schwankung lag zwischen 10% und 31%.

Das Justizministerium stellt heute fest, dass diese Kosteneinsparung aber nicht zu einer Verschlechterung der Prüfung geführt hat, sondern das die Qualität der genossenschaftlichen Prüfung und damit auch die Sicherheit der Genossenschaft als Rechtsform unberührt von diesen Kürzungen geblieben ist. Unter dem Strich kann man sagen, dass die Genossenschaften für ihr Geld nach der Reform mehr bekommen haben. Insofern zieht das Justizministerium das Fazit, dass sich die Neuregelung bewährt hat. Es hat eine bedürfnisgerechte Prüfung für weniger Geld gegeben und damit konnten erhebliche Kosteneinsparungen erzielt werden.

Allerdings sieht das Justizministerium auch weiteren Handlungsbedarf darin, insbesondere bei kleineren Genossenschaften, bei denen das Geld nicht so üppig vorhanden ist. Bei Genossenschaften mit sozialen und kulturellen Zielsetzungen oder auch Wohnprojekten sind geringe Prüfungskosten von erheblicher Bedeutung, um die Genossenschaft gegenüber anderen Rechtsformen wie GmbH oder Verein attraktiv zu gestalten.

„Kleine Genossenschaft“ oder „Kooperativgesellschaft – haftungsbeschränkt“

Deshalb prüft das Justizministerium jetzt weitere Erleichterungen, die dazu führen können, evtl. auf die genossenschaftliche Pflichtprüfung und die Gründungsprüfung bei Kleingenossenschaften ganz zu verzichten. Das Justizministerium überlegt deshalb jetzt evtl. eine neue Art von Genossenschaft einzuführen (‚Kleine Genossenschaft’ oder ‚Kooperativgesellschaft – haftungsbeschränkt’). Diese Gesellschaft wäre dann zwar immer noch haftungsbeschränkt, aber als eine von allen Prüfungspflichten befreite Form der Genossenschaft, bzw. eine Art Vorform der Genossenschaft, die dann zu einer „richtigen Genossenschaft“ werden kann, wenn sie bestimmte Kriterien erreicht hat. Das wären z. B. Größenkriterien bezogen auf Umsatz-, Bilanzzahlen oder Mitarbeiter o. ä. Bei der Umsetzung dieser Probleme gibt es allerdings eine Reihe von Detailfragen zu beachten. Unter anderem sind dies:

  1. Wo wird dies geregelt? Werden diese Fragen im Genossenschaftsgesetz geregelt oder in irgendeiner anderen rechtlich bindenden Form?
  2. Wo liegen die genauen Größengrenzen, d.h. ab wann muss die Kleine Genossenschaft wieder eine normale Genossenschaft werden, die auch eine Prüfungspflicht hat und wer kontrolliert das?
  3. Wie kann der Gläubigerschutz transparent dargestellt werden, um allen Geschäftspartnern der Genossenschaft auch zu signalisieren, dass es sich hier um eine haftungsbeschränkte Kleingenossenschaft handelt?
  4. Wie können besondere Regeln für die Mitglieder geschaffen werden, z.B., dass die Nachschusspflicht ausgeschlossen wird o.ä.?
  5. Und letztlich, wie wird die Umwandlung von dieser Kleingenossenschaft in eine normale Genossenschaft abgewickelt? Hier geht es darum, möglichst einfache und unkomplizierte Verfahren vorzuschlagen.

Das Justizministerium hofft, dass noch in dieser Legislaturperiode hierzu konkrete Vorschläge an den Rechtsausschuss geliefert werden können, um dann evtl. eine weitere Novellierung des Genossenschaftsgesetzes auf den Weg zu bringen.

Internationales Jahr der Genossenschaften

Prüfungskosten für kleine Wohnprojekte weiter senken

Im März 2012 fand auf Initiative von STATTBAU beim GdW in Berlin ein Gespräch mit dem Präsidenten des Gesamtverbandes der Wohnungswirtschaft, Herrn Axel Gedaschko, statt, in dem es allgemein um kleine und junge Wohnungsbaugenossenschaften ging. Teilgenommen haben neben Herrn Tobias Behrens von STATTBAU noch Rosemarie Oltmann aus dem Vorstand der Wohnungsgenossenschaft Schanze eG und Manuel Osorio, Geschäftsführer der Verwaltungsgesellschaft P99 sowie Frau Dr. Esser, Hauptgeschäftführerin des GdW und Frau Kegel, Referentin für Genossenschaftsrecht im GdW.

In diesem Gespräch hat STATTBAU u. a. den Vorschlag unterbreitet, dass der GdW doch anlässlich des Internationalen Jahres der Genossenschaften den neuen wohnungsgenossenschaftlichen Initiativen ein Angebot unterbreiten solle. Dies Angebot sollte darin bestehen, eine pauschale Gründungsprüfungsgebühr von 500,– Euro festzusetzen, um so den kleingenossenschaftlichen Initiativen auch ein Signal der Unterstützung und Förderung zu geben. Herr Gedaschko sagte zu, diesen Vorschlag im Hause zu diskutieren. Er lud Herrn Behrens zur Sitzung der Prüfungsdirektoren, die im September in Frankfurt stattfindet, ein, um erneut diesen Vorschlag mit den zuständigen Gremien weiter zu diskutieren.

Insofern zeigen die Aktivitäten der Verbände und auch des Justizministeriums, dass die genossenschaftliche Idee attraktiv weiterentwickelt werden soll und die gemeinwirtschaftlichen Ansätze damit auch für den Wohnungsbau zukünftig eine noch wichtigere Rolle spielen können.

Tobias Behrens ist Geschäftsführer von STATTBAU HAMBURG GmbH.

zuerst veröffentlicht: FreiHaus 18(2012), Hamburg