Quartier mit Dorfcharakter
*** Sabine Schöbel ***
Zehn Hektar Fläche mitten in der Großstadt. Die Idee, Grundstücke in Erbpacht zu vergeben sowie die Umsetzung als Klima- und Fahrrad-Quartier.
Das sind die Grundpfeiler des Stadtlebens Ellener Hof in Bremen-Osterholz – ein Projekt, das ich als Koordinatorin begleite und das mir sehr am Herzen liegt.
Heute, rund fünf Jahre nach offiziellem Baubeginn, nimmt die Vision eines sozial-ökologischen Modellquartiers zusehends Form an und füllt sich mit Leben.
Zwei, die daran tatkräftig mitwirken, sind Nicole Ehnert und Kurt Schmitz. Seit November 2021 wohnt das Paar in einem eigenen Einfamilienhaus bei uns im Ellener Hof, das nicht nur in Holzbauweise
und nach KFW 40 Standard, sondern auch barrierefrei erbaut wurde. Berichte in der Lokalzeitung weckten erstes Interesse bei den der Ruheständler*innen. „Die Idee des gemeinschaftlichen
Wohnens hier vor Ort war die Grundlage“, erinnert
sich Nicole Ehnert.
Die Möglichkeit, das Leben im Quartier von Anfang an mitzugestalten, habe dann den Ausschlag zu Hausbau und Umzug gegeben. Heute wirkt Kurt Schmitz im Vorstand des Ellener Hof Kultur-Vereins mit, der für ein vielfältiges Programm von Konzert bis Vortrag auf dem Gelände sorgt. Donnerstags betreut er zudem die Holzwerkstatt im Ellener Hof.
Wer kleinere Reparaturen selbst erledigen möchte, findet hier Begleitung und Unterstützung.
Gartenfreundinnen wie Nicole Ehnert hingegen treffen sich gern Freitagnachmittag im Gemeinschaftsgarten auf unserem Gelände. Ob Obst, Gemüse oder Salat – dort wächst vieles, das von Nachbarinnen gesät, vorgezogen, gepflegt und geerntet wird. Auch die Bienenvölker der Hobby-Imkerin haben hier ein Zuhause gefunden.
Soziales Miteinander wächst
Ein Miteinander, für das die Bremer Heimstiftung als meine Arbeitgeberin und größter Altenhilfe-Träger der Stadt
schon vor Baubeginn im Ellener Hof bewusst die Weichen stellte. In ihrer Regie entstehen im Stadtleben Ellener Hof rund 500 neue Wohneinheiten in verschiedenen Größen und Preiskategorien für Menschen unterschiedlicher Generationen und Kulturen – geförderter Wohnungsbau inklusive.
Ein Pflegeheim für Seniorinnen und ein eigenes Haus, das Wohnen mit Service für ältere Menschen ermöglicht, gab es zu Projektstart bereits. Rund herum wurde mit der „Holzbude“ ein Studierendenwohnhaus gebaut. Die Stiftung Maribondo da Floresta errichtete ein Gästehaus mit Bistro und Dorfladen und setzte auch ein Auszubildendenwohnhaus um. Der Martinsclub bietet Menschen mit Einschränkungen begleitete Wohngruppen. Mehrere Baugemeinschaften bekamen Raum für eigene Projekte und einer, schon vor Ort ansässigen Kita der AWO, folgte eine zweite – die Osterholzer Knirpse des Vereins Familienbündnis. Im Juni 2023 sorgte außerdem die Bremer Hindu-Gemeinde mit der Weihung ihres farbenprächtigen Tempelgebäudes für außergewöhnliche Begegnungen bei uns im Quartier, bevor mit „Dat nee Huus“ eine Wohngemeinschaft ihre Pforten öffnete, deren Initiatorinnen sich vorgenommen haben, Generationen unter der Überschrift Wohnen für Hilfe zusammenzubringen.
Vom Leitbild zum Akteursforum
Doch so bunt sich diese Mischung liest, so unvollständig ist sie auch. Denn im Stadtleben Ellener Hof vertreten sind zahlreiche
weitere Einrichtungen, Therapie- und Arztpraxen, ambulante Pflege sowie freiwillig engagierte Akteur*innen aus den Bereichen Gesundheit, Kunst und Kultur. Weitere werden folgen. „Das stellt uns vor Herausforderungen“, erklärt André Vater, Vorstand der Bremer Heimstiftung.
„Denn unser Ziel ist es, dass wir auf diesem Gelände künftig nur eine Partnerin von vielen sind, die miteinander entscheiden und umsetzen, was im Quartier geschieht und wie es sich weiterentwickelt.“ Ein Meilenstein auf dem Weg ans Ziel war daher die Einrichtung des regelmäßig stattfindenden Akteursforums.
Es steht allen Menschen offen, die im Ellener Hof leben und arbeiten. Hier wird in moderierter Form diskutiert, wie sich nachbarschaftliches und
klimafreundliches Handeln im Alltag niederschlägt, welche Termine und Baumaßnahmen anstehen oder wie das gemeinsame Leitbild im Quartier aussieht.
Auch strittige Themen wie die Durchsetzung des Vorrangs von Fuß- und Radverkehr vor Ort kommen auf den Tisch.
Kurt Schmitz und Nicole Ehnert sind in dieser Runde ebenfalls dabei.
Ihr Fazit nach zweieinhalb Jahren im Stadtleben Ellener Hof:
„Ich bin vollauf zufrieden mit der Entwicklung. Es gibt viele Aktivitäten, in die ich mich einbringen, die ich mit anderen zusammen machen kann und ich kann gute Nachbarschaft pflegen“, sagt Kurt Schmitz. „Klar ist es nicht immer einfach, dabei alle mitzunehmen“, ergänzt Nicole Ehnert. „Aber wir lassen nicht locker. Hier soll sich niemand ausgeschlossen fühlen!“
Positive Zwischenbilanz
Für mich als Koordinatorin des Stadtleben Ellener Hof zeigt dies, dass die Bremer Heimstiftung auf dem richtigen Weg ist. Ich denke, hier zu wohnen schafft beste Voraussetzungen dafür, in guter Nachbarschaft alt zu werden – mit so viel Selbstständigkeit wie möglich, aber auch der Unterstützung in der Nähe, die es gerade braucht. Für uns als Bremer Heimstiftung ist eine Quartiersentwicklung, wie wir sie im Ellener Hof vorantreiben, der richtige Schritt in die Zukunft, gerade vor dem Hintergrund von demografischem Wandel, Fachkräftemangel und steigenden Pflegekosten. Ich bin gespannt darauf, was sich hier noch entwickelt!