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Verbesserte Bedingungen für Wohnprojekte

Neue Akzente in der Wohnungspolitik in Schleswig-Holstein

*** von Heidrun Buhse ***

Die Landtagswahl 2012 in Schleswig- Holstein hatte einen Regierungswechsel zur Folge: nach Schwarz-Gelb regiert nun eine Koalition aus SPD, Grünen und dem Südschleswigschen Wählerverband. Das ist der Anlass für FreiHaus zu fragen, ob neue Maßnahmen ergriffen wurden und ob die neue Ausrichtung der Wohnungspolitik bereits zu Veränderungen geführt hat.

Genossenschaftliche und gemeinschaftliche Wohnprojekte in Schleswig-Holstein. Dokumenation / Kiel : Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes
Bauen e. V.
, 2012. – ISBN: 978-3-939268-14-7

Die im August letzten Jahres veröffentlichte Dokumentation „Genossenschaftliche und gemeinschaftliche Wohnprojekte in Schleswig-Holstein“ sorgt für einen umfassenden Überblick und ist immer noch aktuell.

Die dort verzeichneten geplanten Wohnprojekte – ob in Husum oder Westerland, Kiel, Lübeck, Fahrenkrug, Quickborn oder in Ratzeburg und Kellinghusen – sind zum großen Teil entweder bereits im Bau, fertig gestellt oder in der Planung vorangeschritten. Weitere neue Projektplanungen wie z. B. in Garbeck, Lübeck oder Bad Oldesloe sind hinzugekommen.

Die Mehrzahl der Projekte wählt die genossenschaftliche Trägerform. Diese neuen Genossenschaften fragen für die Umsetzung ihrer Projekte Fördermöglichkeiten nach dem Landeswohnraumförderprogramm und der KfW-Bank des Bundes nach, damit genossenschaftliche Einlagen und das monatliche Nutzungsentgelt im bezahlbaren Rahmen bleiben. Daneben entwickelt sich eine Tendenz zu frei finanzierten genossenschaftlichen Wohnprojekten.

Aktualisierung der Wohnungsbauförderung

Die neue Landesregierung hat sich das bezahlbare Wohnen auf die Fahnen geschrieben, auch soll das Genossenschaftsprinzip unterstützt werden.

Das Wohnraumförderungsprogramm Schleswig-Holstein wurde zu Jahresbeginn in wichtigen Eckdaten aktualisiert, zugleich initiierte die Landesregierung eine Offensive in Kooperation mit den wohnungswirtschaftlichen Verbänden und dem Mieterbund zur Ergänzung der laufenden Maßnahmen der Wohnraumförderung.

Einzelne Bausteine der Offensive für bezahlbares Wohnen sind: eine komplette Neuausrichtung der Wohnraumförderung mit regionaler Staffelung und mit differenzierten Mietobergrenzen und Darlehenshöchstsätzen, die Definition der Zielregionen der Offensive (d. h. Orte mit besonders hohen Mietsteigerungstendenzen, die über dem Landesdurchschnitt liegen und mit besonderer zentralörtlicher Funktion und steigender Wohnungsnachfrage). Darüber hinaus gibt es ein Förderbudget in Höhe von 50 Mio. € für den Hamburger Rand als einer der Zielregionen sowie die Entwicklung des 2. Förderwegs mit höheren Einkommensgrenzen und höheren Fördermieten in den Zielregionen für sog. Normalverdiener-Haushalte der Zielregionen, die sich keine bedarfsgerechte Wohnung mehr leisten können.

Mietenentwicklung im Durchschnitt mäßig

Im Rahmen eines Gutachtens wurden die Höhe und Entwicklung der Mieten der letzten fünf Jahre in den verschiedenen Regionen des Landes untersucht.

Ergebnis ist: Die Mieten steigen im Landesdurchschnitt sehr mäßig, und die Wohnungsmärkte sind ausgeglichen. Landesweit liegt die Mietentwicklung unter der Inflationsrate (Miete + 5,3%, Inflation + 8,3%), die durchschnittliche Miethöhe für Schleswig-Holstein liegt bei 6,44 € (pro Quadratmeter netto kalt).

Allerdings basiert der Durchschnittswert auf großen regionalen Unterschieden: Von steigenden Mieten auf noch moderatem Niveau ist in den Oberzentren Kiel und Lübeck auszugehen (6,51 € – 6,63 €).

Als Spitzenreiter stellen sich die Städte in der Nähe Hamburgs dar: Norderstedt, Wedel, Ahrensburg, Wentorf/Reinbek/Glinde, Pinneberg, wo zwei Drittel der Angebote zwischen knapp 7 € und 9,50 € liegen. Ohne Vergleich ist Sylt, mit mehr als der Hälfte aller Angebote mit einer Miete von mehr als 18 €.

Um nachhaltig und konkurrenzfähig zu sein, müssen sich die genossenschaftlichen Wohnprojekte in den unterschiedlichen Standorten und mit ihren unterschiedlichen Profilen diesem Mietniveau anpassen.

Für die Wohnprojekte ergibt sich aus der bis dato geltenden Förderrichtlinie, dass sie zwischen Förderung im sozialen Mietwohnungsbau und der nach dem Fördererlass für kleine private Genossenschaften wählen können. (Nach dem Fördererlass muss mindestens ein Drittel der geförderten Wohnfläche für Haushalte mit Wohnberechtigungsschein hergestellt und belegt werden, bis zu zwei Drittel der Wohnfläche kann mit Haushalten belegt werden, deren Einkommen die Einkommensgrenzen des Wohnberechtigungsscheins um bis 20% überschreiten.) Zusätzlich können frei finanzierte Wohnungen ergänzt werden.

Zielgruppen und Akteure

Zu den Nachfragern in Schleswig-Holstein gehören Familien bzw. Haushalte mit Kindern, insbesondere auch Alleinerziehende, daneben die zunehmende Gruppe der Senioren, hier vor allem ältere, alleinstehende Frauen.

Das Kombinationsmodell von Genossenschaft und Wohneigentümergemeinschaft nach WEG ist ein sich abzeichnender Trend, der einerseits dem Interesse einer intensiven sozialen Durchmischung der Haushalte entgegen kommt, aber andererseits viele z. T. unabsehbare Effekte für die gemeinschaftliche Bewirtschaftung und die Finanzierung der Wohnprojekte mit sich bringt.

Aus Sicht der Wohnraumförderung stehen bei der Unterstützung von genossenschaftlichen Wohnprojekten nach wie vor zwei Ziele im Vordergrund: die Integration einkommensschwächerer Haushalte und Haushalte mit besonderem Bedarf an Nachbarschaft und sozialen Kontakten und Hilfen. Darüber hinaus leisten sie einen Beitrag zur städtebaulichen und sozialräumlichen Stabilisierung von bestehenden städtischen Quartieren und der Entwicklung neuer Wohnformen.

Heidrun Buhse ist Architektin und arbeitet im Referat für Wohnraumförderung im Innenministerium Schleswig-Holstein.

Zuerst veröffentlicht: Freihaus 19(2013), Hamburg